Krankenhäuser überlastet Libanon meldet Hunderte Tote nach israelischen Angriffen
Das libanesische Gesundheitsministerium meldet nach den jüngsten israelischen Luftangriffen mindestens 274 Tote und 1.024 Verletzte. Unterdessen kündigt Israel weitere Angriffe im Osten des Landes an.
Bei israelischen Angriffen auf den Libanon sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Beirut mindestens 274 Menschen getötet worden. Mehr als 1.024 weitere seien verletzt worden, teilte das Ministerium mit. Unter den Opfern seien auch Frauen, Kinder und Sanitäter.
Die Zahlen seien vorläufig, hieß es. Dennoch handele es sich dabei um die höchste Zahl an Toten und Verletzten im Südlibanon seit Beginn der kriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah vor bald einem Jahr.
Tausende auf der Flucht
Die staatliche libanesische Nachrichtenagentur National News Agency (NNA) hatte zuvor von Dutzenden israelischen Angriffen auf den Süden und Osten des Landes berichtet. Laut NNA gab es innerhalb einer halben Stunde mehr als 80 Luftangriffe auf Gebiete im Südlibanon. Gleichzeitig habe es intensive Angriffe im Bekaa-Tal im Ostlibanon gegeben.
Angesichts der Angriffe verließen Tausende Menschen den Süden des Libanon. In der Stadt Sidon war die wichtigste Straße nach Norden voller Fahrzeuge, die in Richtung der Hauptstadt Beirut unterwegs waren. Umweltminister Nasser Jassin sagte nach einer Kabinettssitzung, Schulen im Libanongebirge bereiteten sich darauf vor, Flüchtlingen Unterkunft zu geben.
Israel warnt Zivilbevölkerung vor weiteren Angriffen
Die israelische Armee kündigte unterdessen weitere Luftangriffe auf Ziele der schiitischen Hisbollah-Miliz im Osten des Libanon an. "Wir bereiten uns auf einen großangelegten und gezielten Angriff in der Bekaa-Ebene vor", sagte Armeesprecher Daniel Hagari vor Journalisten. Bewohner sollten sich zu ihrem "Schutz" und ihrer "Sicherheit" von Waffenlagern der Hisbollah-Miliz "entfernen".
"Die Hisbollah lagert ihre strategischen Waffen in zivilen Gebäuden und nutzt die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde", führte Hagari aus. "In den Häusern in der Bekaa-Ebene gibt es Raketen und Drohnen." Diese wolle die israelische Armee nun "angreifen, bevor sie eine Gefahr für die Bewohner Israels darstellen".
Mehr als 300 Hisbollah-Ziele angegriffen
Die israelische Armee hatte zuvor bereits angekündigt, sie werde "umfangreichere und präzisere Angriffe gegen Terrorziele vornehmen, die im gesamten Libanon verteilt sind". Nach eigenen Angaben griff sie heute bereits mehr als 300 Hisbollah-Ziele an, nachdem sie Warnungen an die Zivilbevölkerung ausgesprochen hatte.
Auf die Frage eines Journalisten, ob Israel eine Bodenoffensive im Südlibanon plane, sagte Hagari, man werde "alles unternehmen, um die Einwohner des israelischen Nordens sicher in ihre Häuser zurückkehren zu lassen".
Nicht-dringende OPs im Libanon abgesagt
Angesichts der verstärkten israelischen Angriffe rief das Gesundheitsministerium die Krankenhäuser im Süden und Osten des Landes auf, alle nicht-dringenden Operationen abzusagen. Die Anordnung sei nötig, "um Platz zu schaffen", sodass die Menschen behandelt werden können, die im Zuge der "sich ausweitenden israelischen Aggression gegen den Libanon" verletzt wurden, erklärte das Ministerium in Beirut.
Zusätzliche Maßnahmen ergriff auch das libanesische Bildungsministerium. Es ordnete an, Schulen im Süden und Osten des Landes bis morgen zu schließen. Gleiches gilt demnach für die südlichen Vororte der Hauptstadt Beirut. Die gegenwärtige Sicherheitslage stelle eine Gefahr für die Kinder auf ihrem Schulweg dar, hieß es vom Ministerium.
Außenministerium: Lage "extrem angespannt"
Das deutsche Außenministerium zeigte sich besorgt über die Lage im Nahen Osten. Ein Sprecher von Außenministerin Annalena Baerbock sagte in Berlin, angesichts des Raketenbeschusses der Hisbollah auf Israel sowie der israelischen Militäraktion müsse man sagen, dass die Lage "extrem angespannt" sei. Es komme jetzt auf konkrete Schritte der Deeskalation an. Der Weg sei vorgezeichnet durch eine UN-Resolution.
Die Hisbollah und Israel liefern sich seit bald einem Jahr fast täglichen Beschuss. Beide haben bereits 1982 und 2006 Krieg gegeneinander geführt. Die vom Iran unterstützte Miliz ist heute deutlich stärker bewaffnet als während des Kriegs vor fast 20 Jahren. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas, die im Gazastreifen gegen Israel kämpft. Hisbollah und Hamas werden vom Iran unterstützt.