Auswärtiges Amt zur Lage im Libanon Deutsche sollen sich nicht auf Rettungsaktion verlassen
Mehr als 2.000 Deutsche halten sich noch im Libanon auf. Laut der Bundesregierung sollten sie aber nicht auf Rettungsflüge der Luftwaffe setzen. Eine Ausreise zu verweigern, sei grundfalsch und verantwortungslos, warnte ein Sprecher.
Die Deutschen im Libanon sollen sich nach Angaben des Auswärtigen Amts und des Verteidigungsministeriums nicht auf eine staatliche Rettungsaktion verlassen, sollte es in der Region zum Krieg kommen.
Mittlerweile hätten sich 2.900 Staatsbürger auf die Krisenvorsorgeliste der deutschen Botschaft eintragen lassen, sagte der Außenamtssprecher. Die Bundesregierung ruft schon seit Monaten zur Ausreise auf. "Eine Evakuierungsoperation ist keine Pauschalreise mit Reiserücktrittsversicherung", sagte der Sprecher.
Sie sei "mit Gefahren und Unsicherheiten verbunden und überhaupt nicht problemlos". "Vor diesem Hintergrund rufen wir weiterhin alle Deutschen, die sich im Libanon aufhalten, zur dringenden Ausreise auf." Diese sollten "die noch vorhandenen kommerziellen Möglichkeiten nutzen". Selbst wenn das bedeuten würde, einen Umweg über die Türkei machen zu müssen oder teurere Tickets zu buchen.
"Voraussetzung für Evakuierung schwierig"
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte weiter, die Lage im Nahen Osten werde sehr genau und umfassend verfolgt und es gebe eine Abstimmung mit dem Verteidigungsministerium. Man sei "jederzeit handlungsfähig". Die Voraussetzungen für eine Evakuierung im Libanon seien aber "deutlich schwieriger" als 2006, als letztmals eine solche Aktion durchgeführt wurde. Bereits damals kam es zum Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz.
Heute komme anders als damals eine Ausreise über Syrien "nicht in Betracht". Der Hafen von Beirut, der 2020 durch eine schwere Explosion in weiten Teilen zerstört wurde, sei zudem "nicht vollständig operabel". Und schon 2006 habe der Flughafen von Beirut nicht genutzt werden können, weil er auch eines der ersten Ziele von Luftangriffen gewesen sei.
Verschiedene Stufen einer Rettungsaktion
"Insofern ist es nicht total wahrscheinlich, dass es zu einer schnellen Luftabholung kommt", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Diese ist die erste von drei Eskalationsstufen im Falle eines Evakuierungseinsatzes und gilt nach Angaben der Bundeswehr als die unkomplizierteste Variante einer insgesamt schwierigen Situation.
Die Luftwaffe schickt bei einer schnellen Luftabholung Flugzeuge und bringt die Landsleute heim. Bei einer schnellen Luftevakuierung werden Schutzberechtigte an einer Sammelstelle registriert und ausgeflogen. Robuste Luftevakuierung bedeutet, dass die Menschen, wenn nötig, freigekämpft werden müssen.
Verteidigungsministerium: "Falscher Eindruck" entstanden
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, eine Weigerung zur Ausreise unter Berufung auf die Bundeswehr sei grundfalsch und verantwortungslos - auch gegenüber den Soldaten. Er beklagte, in der Berichterstattung über Vorbereitungen und Optionen einer Evakuierung sei ein "falscher Eindruck" entstanden, der deutsche Staatsbürger im Libanon von der eigenen Ausreise abgehalten habe.
Dass am Luftwaffenstützpunkt Wunstorf Transportflugzeuge bereit gehalten würden, sei "eine Binse", erklärte der Sprecher. "Den A400M, den wir dafür nutzen, den gibt es nur in Wunstorf und ist nicht auf den Einzelfall bezogen." Er bitte deshalb darum, "diese Unterschiede in der Berichterstattung zu berücksichtigen", sagte er.
Bundesregierung: Auf alle Szenarien vorbereitet
In Nahost wird seit Tagen ein groß angelegter Angriff des Iran und der mit ihm verbündeten Hisbollah-Miliz im Libanon auf Israel befürchtet. Hintergrund ist die Tötung von Hamas-Chef Ismail Hanija in Teheran sowie des ranghöchsten Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr im Libanon.
Mit Blick auf eine Evakuierungsaktion für Deutsche in Israel verwies der Außenamtssprecher darauf, dass es nach dem Hamas-Angriff im Oktober eine solche Aktion schon gegeben habe. "Wir gehen davon aus, dass die Leute, die sich jetzt in Israel aufhalten, sozusagen in vollem Bewusstsein der Lage sich in Israel aufhalten". Die Bundesregierung bereite sich aber "auf alle Szenarien" vor.