Katarischer WM-Botschafter Salman nennt Homosexualität "geistigen Schaden"
Katar reagiert gereizt, wenn seine Eignung als toleranter WM-Gastgeber infrage gestellt wird. Mit einem Interview im ZDF hat WM-Botschafter Salman nun jedoch viele Sorgen der LGBTQ-Community bestätigt.
Der katarische WM-Botschafter und frühere Fußball-Nationalspieler Khalid Salman hat Homosexualität als "geistigen Schaden" bezeichnet. Die Äußerung fiel in einem Interview in der ZDF-Dokumentation "Geheimsache Katar", die am Dienstagabend ausgestrahlt wird. Schon am Montagabend wurde im "heute-journal" der Ausschnitt mit den Aussagen Salmans gezeigt.
"Während der WM werden viele Dinge hier ins Land kommen. Lass uns über Schwule reden", sagte Salman. "Das Wichtigste ist doch: Jeder wird akzeptieren, dass sie hierher kommen. Aber sie werden unsere Regeln akzeptieren müssen."
Er habe vor allem Probleme damit, wenn Kinder Schwule sähen. Denn diese würden dann etwas lernen, was nicht gut sei. In seinen Augen sei Schwulsein "haram, eine Sünde", meinte Salman. "Es ist ein geistiger Schaden." Das Interview wurde sofort durch den Pressesprecher des WM-Organisationskomitees abgebrochen.
Außenminister spricht von "Doppelmoral"
Katar gilt als einer der umstrittensten Gastgeber in der WM-Geschichte. Dem Emirat werden unter anderem Verstöße gegen Menschenrechte, schlechter Umgang mit ausländischen Arbeitern und mangelnde Frauenrechte vorgeworfen. Im Vorfeld der am 20. November beginnenden WM bemüht sich der Wüstenstaat, ein anderes Bild zu vermitteln. Auch LGBTQ-Fans seien willkommen, heißt es offiziell.
In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Montag die Kritik an Katar vor allem aus Europa als "sehr arrogant und sehr rassistisch" bezeichnet. Der Bundesregierung warf er "Doppelmoral" vor.
Unmut wegen Äußerungen zur LGBTQ-Community
Der Unmut in Doha hatte sich an Äußerungen von Innenministerin Nancy Faeser entzündet. Die SPD-Politikerin hatte vom WM-Gastgeber unter anderem Sicherheitsgarantien für die LGBTQ-Community verlangt. "Bei allem Respekt, diese waren überhaupt nicht notwendig", sagte al-Thani über Faesers Aussagen. "Wir haben immer wieder von höchster Stelle wiederholt, dass jeder willkommen ist und niemand diskriminiert wird."
In Katar ist Homosexualität strafbar. Es sei "bedauerlich, wenn Politiker versuchen, sich nach innen auf unsere Kosten zu profilieren und Punkte zu machen", sagte al-Thani. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.
FIFA wünscht sich Konzentration auf den Fußball
Zuletzt hatte sich auch der Fußball-Weltverband FIFA in einem Brief an die 32 Teilnehmer der Weltmeisterschaft gewandt und dafür plädiert, dass der Fußball und nicht politische Debatten im Mittelpunkt des Turniers stehen soll. "Lassen Sie bitte nicht zu, dass der Fußball in jeden ideologischen oder politischen Kampf hineingezogen wird, den es gibt", heißt es in dem Schreiben.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) veröffentlichte daraufhin ein Statement, das zuvor mit neun weiteren europäischen Verbänden abgestimmt worden war. Darin hieß es: "Wir werden weiterhin Impulse für positiven, progressiven Wandel unterstützen und uns weiter für ein überzeugendes Ergebnis hinsichtlich der zwei entscheidenden und offenen Themen einsetzen und engagieren, über die wir seit langer Zeit mit der FIFA diskutieren."
Neuendorf: "Sport ist politischer geworden"
DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagte am Montagabend, die FIFA müsse sich ihrer Verantwortung für jene Arbeiter stellen, die beim Bau der WM-Stadien in Katar ums Leben gekommen oder verletzt worden sind und nun ihre Familien nicht mehr ernähren können. Das sei auch eine Verantwortung, der sich der DFB stellen müsse. Er habe bei seiner Reise nach Katar auch mit FIFA-Präsident Gianni Infantino darüber gesprochen, erklärte Neuendorf.
Die Vergabe des Turniers sei sehr kritisch gesehen worden. "Ich glaube, dass das Turnier den Sport schon verändert hat", sagte Neuendorf. Die Vergabe werde sich künftig auch an Menschenrechtskriterien orientieren müssen. Das werde ein wichtiges Kriterium der FIFA sein. "Das heißt, der Sport ist politischer geworden", erklärte Neuendorf und sprach von einer guten Entwicklung. Der Fußball müsse seine Stimme erheben.