Westjordanland Israel kippt Gesetz zur Siedlungsräumung
Israels Parlament hat ein Gesetz von 2005 aufgehoben und ermöglicht so die Rückkehr israelischer Siedler in vier Gebiete im Westjordanland. Mitglieder der Regierungskoalition jubeln, Kritiker laufen Sturm.
Siedler tanzen und singen euphorisch nach einer Parlamentsentscheidung, die man historisch nennen kann. In den frühen Morgenstunden hob die rechts-religiöse Regierungskoalition mit ihrer Mehrheit das sogenannte Abkoppelungsgesetz von 2005 auf. Damals zog sich Israel aus vier Siedlungen im nördlichen Westjordanland zurück. Das ist nun nach der heutigen Parlamentsentscheidung Makulatur.
Der einflussreiche Likud-Politiker Juli Edelstein, der das Gesetz massiv forciert hatte, sieht darin nur einen Anfang. "Es wird uns nicht nur für das Siedlungsvorhaben hilfreich sein, sondern wird uns auch in unserem Kampf gegen den Terror und bei der Entwicklung des Landes Eretz Israel helfen."
Die Politikerin Limor Son Har Melech von der rechtsnationalen Regierungspartei Jüdische Stärke forderte, die vier Siedlungen, die zwischen den palästinensischen Städten Nablus und Jenin liegen, umgehend wieder zu besiedeln.
Man dürfe sich nicht auf den Lorbeeren und der Euphorie des Augenblicks ausruhen, erklärte sie: "Auch die Region im nördlichen Samaria benötigt ein Siedlungsprojekt der Regierung, das einen strategischen Siedlungsstrang bildet und somit die jüdische Kontrolle in diesem Landstreifen garantiert." Das nördliche Samaria - nichts anderes als der Norden des Westjordanlandes, das völkerrechtlich eigentlich den Palästinensern zusteht.
Doch die neue rechts-religiöse Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sich den Ausbau des Siedlungsbaus und die Legalisierung bisher illegaler Siedlungen auf die Fahnen geschrieben. Mit dem heutigen Gesetz werden erste Pflöcke eingerammt.
Scharfe Kritik von Peace Now und Opposition
Kritik kommt von der Opposition und von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen. Peace Now, eine linksgerichtete NGO, warf der Regierung vor, ein Groß-Israel vom Mittelmeer bis zum Tigris im Auge zu haben. Es sei klar, dass jetzt ein "messianischer Putsch" stattfinde, der zu einer "Vertiefung der Besatzung führen und das Gebiet in Brand setzen" werde.
Oppositionsführer Yair Lapid rief Verteidigungsminister Joav Galant auf, den "Wahnsinn" zu stoppen. Unter dieser Regierung drohe die nationale Sicherheit zusammenzubrechen.
Regierung unbeeindruckt
Doch die Regierung zeigt sich alles andere als beeindruckt davon. Ganz im Gegenteil. Bei einer Rede in Frankreich leugnete Israels Finanzminister Bezalel Smotrich sogar die Existenz der Palästinenser. "Ich würde Sie gerne fragen, welche Sprache die Palästinenser sprechen? Gab es irgendwann in der Geschichte eine palästinensische Münze? Gibt es eine palästinensische Geschichte oder eine palästinensische Kultur? Es gibt keine. So etwas wie ein palästinensisches Volk gibt es nicht."
Teilnehmern zufolge lag dabei auf dem Rednerpult des israelischen Ministers eine Landkarte Israels, die das besetzte Westjordanland und sogar Teile Jordaniens miteinschloss. Das jordanische Außenministerium bestellte daraufhin umgehend den israelischen Botschafter in Amman ein, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete Smotrichs Äußerungen als inakzeptabel. Sie seien falsch, respektlos, gefährlich und kontraproduktiv in einer ohnehin angespannten Lage.