Spannung vor Netanyahus UN-Rede Israels schwierige Annäherung an Saudi-Arabien
Ein wichtiger Punkt in der Rede des israelischen Premiers vor der UN-Generalversammlung dürfte das geplante Annäherungsabkommen mit Saudi-Arabien sein. Netanyahu bezeichnet dies als "in Reichweite". Doch es gibt hohe Hürden.
Während viele Staats- und Regierungschefs dieser Tage in New York an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teilnehmen, laufen im Hintergrund Verhandlungen über einen Deal, der nicht nur den Nahen Osten radikal verändern könnte. Vordergründig geht es, in Anführungszeichen, nur um ein Normalisierungsabkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien. Das wäre an sich schon eine Sensation.
Doch die Beziehungen, die da aufgebaut werden sollen, wären auch ein wichtiger Baustein für neue Handelsrouten von Asien nach Europa, die eine Alternative sein sollen zum chinesischen Projekt der "Neuen Seidenstraße". Und dann brachte Israels Premier Benjamin Netanyahu bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden zur Sprache, worum es noch geht.
"Ich glaube unter ihrer Führung, Herr Präsident, können wir einen historischen Frieden zwischen Israel und Saudi-Arabien schmieden", so Netanyahu. Dies wäre ein großer Schritt "in Richtung Ende des arabisch-israelischen Konflikts und für eine Versöhnung zwischen der islamischen Welt und dem jüdischen Staat". Zudem würde es "uns in Richtung eines echten Friedens zwischen Israel und den Palästinensern bringen". Das sei "in Reichweite", so Netanyahu.
Sicherheitskreise fürchten um Abschreckungspotenzial
Das Problem ist: Damit dieser Deal zustande kommt, muss Israel liefern. Die Forderungen aus Saudi-Arabien sind groß: Moderne Waffensysteme stehen auf der Wunschliste. Und die zivile Nutzung der Atomkraft. Doch in Israel ist die Sorge vor einem daraus möglicherweise folgenden militärischen Atomprogramm groß. Sicherheitskreise befürchten, dass Israel, das selbst Atomwaffen besitzt, sein Abschreckungspotenzial verlieren könnte.
Oppositionsführer Yair Lapid warnte deshalb Netanyahu davor, dem Wunsch aus Riad zuzustimmen. Und der ehemalige Ministerpräsident Ehud Barak sagte im israelischen Armeeradio: Die Möglichkeit für Entwicklungen mit Saudi-Arabien sei "sehr wichtig. Doch einem Land mit viel Öl die Entwicklung von Atomenergie zu erlauben, auf saudischem Gebiet, das ist ein sehr ernstes Problem." Wenn Iran eine Atommacht werde, werde Saudi-Arabien das auch - und auch die Türkei und Ägypten. "Und dann ist es vorbei mit der Vorstellung von Israels militärischer Überlegenheit."
Kaum etwas in der Hand
Dann gibt es noch einen Wunsch aus Saudi-Arabien, der Netanyahu ähnlich viele Kopfschmerzen bereiten dürfte. Die Forderung nach Zugeständnissen an die Palästinenser. Zwar ist noch nicht ganz klar, wie viel Saudi-Arabien tatsächlich für die Palästinenser erreichen will, ob es nur um eine Verbesserung der Lebensbedingungen geht oder um Perspektiven auf einen palästinensischen Staat. Klar ist nur: Die rechtsextremen Regierungspartner Netanyahus lehnen jede Art von Zugeständnis ab, so Orit Struck, Ministerin in der Regierung für den Siedlungsbau.
"Ich weiß ich nicht, ob unser Premierminister mit einem Abkommen mit Saudi-Arabien zurückkehren wird. Aber ich weiß, dass wir einen Vertrag mit Gott über dieses Land haben", so Struck. Es handele sich um einen "langjährigen Vertrag, der nicht gekündigt werden kann". Man habe sich diesem Vertrag verpflichtet "und auch Gott hat sich unserem Vertrag verpflichtet. Wir sind hier, um zu bleiben, um stärker zu werden und zu wachsen."
So wird Netanyahu den möglichen historischen Deal mit Saudi-Arabien in seiner Rede vor den Vereinten Nationen sicher ansprechen. Vermutlich wird er dafür auch Applaus bekommen. Doch spätestens auf dem Rückflug nach Israel dürfte ihm klar werden, dass er mit seiner derzeitigen Regierungskoalition kaum etwas in der Hand hat, um einen solchen Deal zu ermöglichen.