Israel Eine neue Regierung, die auch Angst macht
Das israelische Parlament hat die neue, ultra-rechte Regierung von Langzeit-Premierminister Netanyahu bestätigt. Die Sorgen der Opposition sind groß. Sie fürchtet um die Demokratie und reagiert mit Protest.
Es gibt Momente, da zeigen auch hart gesottene Politiker Gefühle. Benjamin Netanyahu hat sich einen solchen Moment vor seiner Vereidigung in der Knesset erlaubt. Er werde nun zum sechsten Mal als Premierminister vereidigt, er sei aufgeregt, sagte er.
Ungewohnte Einblicke in das Gefühlsleben von Netanyahu, der dann aber sehr schnell zur Tagesordnung überging und die Schwerpunktthemen seiner neuen Regierung vortrug. Eines ist ihm dabei besonders wichtig: "Wir müssen die Bemühungen Irans, Atombomben zu entwickeln, vereiteln. Diese bedrohen uns und die gesamte Welt. Wir müssen dafür sorgen, dass der Iran uns nicht mit Atombomben zerstört, und die Opposition, ihr behandelt das mit Nachlässigkeit, als etwas Unwichtiges."
Da war er wieder: Der angriffslustige Netanyahu, der die Opposition herausfordert. Doch die reagierte. Wütend skandierte die neue Opposition "chalash" (Deutsch: "schwach"). Ein Fingerzeig, dass Netanyahus Koalitionspartner in den vergangenen Wochen mit ihren extremen Forderungen die Agenda bestimmt hatten.
Sorgen um die Demokratie
Netanyahu ließ das kalt. Er konterte: "Bei Wahlen zu verlieren, bedeutet nicht das Ende der Demokratie. Das ist die Quintessenz der Bedeutung von Demokratie. Ein demokratisches System wird zuallererst darin getestet, dass der Verlierer das Wahlergebnis akzeptiert und die Spielregeln der Demokratie respektiert."
Sorge um die Demokratie hatten bisher angesichts der vorliegenden Koalitionsvereinbarungen Netanyahus Gegner. Ihr Vorwurf: Die neue Koalition sei illiberal, homofeindlich, sie höhle mit der geplanten Justizreform die israelische Demokratie aus.
Sorgen, die auch die bisherige Wirtschaftsministerin Orna Barbivai aufgriff: "Die Menschen dort draußen haben Angst. Die Menschen fürchten sich vor der neuen Regierung. Ich hoffe sehr, dass die Menschen keinen Grund haben müssen, sich zu fürchten. Leider lese ich die Koalitionsabkommen und verstehe die Sorgen. Alle haben zu Recht Angst."
Proteste vor der Knesset
Bedenken gibt es auch vor der Knesset, wo einige Hunderte Israelis gegen die neue Regierung demonstrierten. Vor allem er - Itamar Ben-Gvir, der Rechtsaußen der israelischen Politik - hatte bisher die Kritik abbekommen. Viele fürchten, dass mit ihm Israel immer mehr zum Polizeistaat abdriftet, mit Nachteilen vor allem für die arabische Bevölkerung des Landes.
Ben-Gvir selbst, der neue Minister für Nationale Sicherheit, versuchte in seiner Rede zu beschwichtigen: "Wir alle in der neuen Regierung wollen der gesamten Bevölkerung des Staates Israels dienen. Religiöse, Säkulare, Menschen vom Land, aus der Stadt. Juden und Araber, ja, auch Araber. Auch sie leiden überall im Land unter Gewalt, Kriminalität und Terror. Wir hoffen, allen Bürgern des Staates Israel die Sicherheit zurückzubringen."
"Wir sind bald wieder zurück"
Keine Polemik und Angriffe gab es vom scheidenden Ministerpräsidenten Jair Lapid. Er verwies auf die Erfolge seiner Regierung - und gab am Ende seinem Nachfolger eines mit auf den Weg. "Wir übergeben euch ein Land in einem hervorragenden Zustand, mit einer starken Wirtschaft, mit verbesserter Sicherheit, mit kraftvoller militärischer Abschreckung, mit einem internationalen Ansehen, das noch nie so gut war. Bemüht euch, all dies nicht zu zerstören. Wir sind bald wieder zurück."