Krieg im Nahen Osten Forderungen nach Zweistaatenlösung werden lauter
Im Nahost-Konflikt drängen viele Länder zunehmend auf eine Zweistaatenlösung. EU-Chefdiplomat Borrell legte vor dem Treffen der EU-Außenminister dazu eine Strategie vor. Israels Ministerpräsident Netanyahu und die Hamas lehnen eine solche Lösung ab.
Mehrere Staaten haben sich für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen, um den Krieg im Nahen Osten zu beenden. Der EU-Chefdiplomat Josep Borrell legte dazu eine mögliche Strategie vor. "Wir müssen aufhören, über den Friedensprozess zu sprechen und anfangen, konkreter über den Prozess der Zweistaatenlösung zu reden", sagte der Spanier bei einem Treffen der EU-Außenminister mit Kollegen aus dem Nahen Osten. Er wisse, dass dies ein schwieriges Thema sei. Es gebe aber die moralische Verpflichtung, alles dafür zu tun, um nach einer Lösung zu suchen.
Zu Details seines Konzepts äußerte sich Borrell nicht. Es sollte aber als Grundlage für die Beratungen dienen. Zu den Gesprächen in Brüssel wurden der Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten, Ahmed Abul Gheit, sowie die Außenminister aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien erwartet. Zudem waren in gesonderten Runden auch ein Austausch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz sowie dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, vorgesehen.
Nach Angaben von Borrell ist es vor allem wichtig zu untersuchen, welche Ursachen derzeit die Umsetzung einer Zweistaatenlösung verhindern. "Die Hamas ist eine von ihnen - eine wichtige - aber es gibt noch andere", sagte er mit Blick auf Widerstände in Israel. Unter einer Zweistaatenlösung wird in der EU verstanden, dass Israel und ein unabhängiger, demokratischer Palästinenserstaat friedlich nebeneinander leben. Zu dem aktuellen israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen sagte er, Frieden und Stabilität können nicht nur mit militärischen Mitteln geschaffen werden.
Baerbock spricht sich für Zweistaatenlösung aus
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nannte die Zweistaatenlösung "die einzige Lösung" für den Konflikt. "Frieden kann es nur geben, wenn es Frieden für alle Menschen in der Region gibt". Daher sei es für die Bundesregierung zentral, alles daran zusetzen, eine Zweistaatenlösung auf den Weg zu bringen, auch wenn die Lage derzeit "mehr als aussichtslos" erscheine.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu lehnt einen eigenständigen Palästinenserstaat ab. Baerbock machte Kritik an Netanyahu deutlich, ohne ihn namentlich zu nennen. "Selbst diejenigen, die davon nichts wissen wollen, haben bisher keine andere Alternative auf den Weg gebracht", sagte sie in Brüssel. Baerbock verwies darauf, dass Israel über seinen Hafen Aschdod nun nach US-Angaben Mehllieferungen für den Gazastreifen erlaubt. Das sei ein kleiner Schritt, um die humanitäre Situation zu lindern. "Ein winziger Schritt in Richtung Zweistaatenlösung, aber genau diese kleinen Schritte, die braucht es jetzt", fügte sie hinzu.
Neben Deutschland und der EU drängen auch Großbritannien und die USA auf die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates. Netanyahu wies jedoch die Darstellung von US-Präsident Joe Biden zurück, eine Zweistaatenlösung nach dem Gaza-Krieg sei mit ihm als Regierungschef machbar. "Ich werde keine Kompromisse eingehen, wenn es um die volle israelische Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans geht - und das steht im Widerspruch zu einem palästinensischen Staat", schrieb Netanyahu auf der Plattform X.
Saudi-Arabien fordert Palästinenserstaat
Forderungen nach einer Zweistaatenlösung waren auch aus Saudi-Arabien zu hören. Der Außenminister Prinz Faisal bin Farhan bezeichnete die Aussicht auf einen palästinensischen Staat als Voraussetzung für normale Beziehungen seines Landes zu Israel. So lange es keinen glaubwürdigen Weg zu diesem Ziel gebe, werde sich Saudi-Arabien auch nicht am Wiederaufbau des Gazastreifens beteiligen, sagte Bin Farhan in einem ausgestrahlten Interview des US-Fernsehsenders CNN.
Sein Land lehne eine Rückkehr zum Status quo wie vor dem Beginn des aktuellen Kriegs ab. Bin Farhan widersprach damit Netanyahu, der einen Palästinenserstaat ablehnt, aber zugleich einen Ausgleich mit Saudi-Arabien sucht. Vor Beginn des Krieges standen Israel und Saudi-Arabien nach den Worten Netanyahus kurz vor einem von den USA vermittelten Abkommen, ihre Beziehungen zu normalisieren. Vorgesehen waren auch ein ziviles Atomprogramm in Saudi-Arabien und US-Sicherheitsgarantien.