Südchinesisches Meer Provokation oder Routineübung?
China wird im Südchinesischen Meer immer aktiver: Die Marine hält in der Nähe von Taiwan Übungen ab. Anrainerstaaten und Experten sind alarmiert - und die USA schicken einen Flugzeugträger.
Das chinesische Staatsfernsehen berichtet seit Monaten ausführlich über die wachsende militärische Stärke der Volksrepublik. Mal wird Staats- und Parteichef Xi Jinping gezeigt, wie er junge Soldaten dazu aufruft, sich für einen möglichen Krieg bereit zu halten. Mal präsentieren stolze Marinesoldaten die neuesten Waffensysteme der Seestreitkräfte.
Flugzeugträger aus China und den USA unterwegs
Einer der beiden Flugzeugträger der Volksrepublik, die "Liaoning", ist zur Zeit in der Nähe von Taiwan unterwegs. Mehrere Kriegsschiffe begleiten sie. Das Ganze sei eine Routineübung, erklärte ein Militärsprecher.
Rund 2500 Kilometer südwestlich ist seit dieser Woche auch der US-Flugzeugträger "Theodore Roosevelt" unterwegs, ebenfalls begleitet von Kriegsschiffen. Auch das sei Routine, teilte das US-Militär mit.
Aus Sicht der Staats- und Parteiführung in Peking ist das aber eine Provokation. Denn für sie sind selbst Meeresgebiete, die Tausende Kilometer südlich von China liegen, kein internationales Gewässer, sondern chinesisches Territorium. US-Kriegsschiffe hätten dort nichts verloren.
"China hat das Recht, sich zu entwickeln"
China habe nicht vor, irgendwen herauszufordern, sagte der Sprecher des chinesischen Verteidigungsministerums, Ren Guoqiang, Ende März:
China fürchtet sich seinerseits aber auch nicht vor Herausforderungen von außen. Wir wollen niemanden bedrohen, werden Drohungen gegen uns aber nicht zulassen. China hat das Recht sich zu entwickeln, eigene Wege zu gehen und seine legitimen Rechte und Interessen zu schützen.
Neu sind Formulierungen wie diese zwar nicht. Doch angesichts der Tatsache, dass Chinas Militär immer offensiver und aggressiver auftritt, wachsen in den Anrainerstaaten die Sorgen. Das, was die kommunistische Führung als "legitime Rechte und Interessen" bezeichnet, wird in Japan, Taiwan, auf den Philippinen, in Vietnam und in Australien zunehmend als rücksichtsloses Hegemonialmachtsgehabe wahrgenommen.
Keine Entspannung in Sicht
Eine Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Chinas Staatsführung macht immer wieder deutlich, dass sie an ihren politischen Zielen festhalten will - egal, was die internationale Staatengemeinschaft davon hält.
"Chinas Marine entwickelt sich enorm schnell, das gilt für den Mobilisierungsgrad, die Beweglichkeit der Truppen und für die Ausrüstung mit Schiffen," sagt Adam Ni, Direktor des China Policy Centers, einem Thinktank in der australischen Hauptstadt Canberra. "Chinas Seestreitkräfte wachsen auch schneller als die der Anrainerstaaten und der USA."
Man dürfe die Gefahr eines militärischen Konflikts in der Asien-Pazifik-Region zwar nicht überschätzen, sagt Ni - unterschätzen aber eben auch nicht. Für besonders gefährlich hält er den Taiwan-Konflikt.
Unterschiedliche Blicke auf Taiwan
Aus Sicht der chinesischen Staats- und Parteiführung ist Taiwan ein Teil der Volksrepublik. Das war die Insel zwar nie, trotzdem droht die Führung in Peking dem demokratisch regierten Land immer wieder mit Krieg. Die USA wiederum sehen sich als Schutzmacht Taiwans.
Drei Seiten mit einem unterschiedlichen Blick auf die Situation - das sei gefährlich, sagt Adam Ni:
Die Menschen in Taiwan lehnen einen Anschluss an die Volksrepublik ab. Die USA sehen in China einen Aggressor in dieser Frage, und aus Sicht der chinesischen Führung wollen Taiwan und die USA gemeinsam die Interessen Chinas untergraben.
Auch europäische Staaten zeigen zunehmend Militärpräsenz im Asien-Pazifikraum, Frankreich und Großbritannien etwa. Im Sommer will auch die Deutsche Marine ein Kriegsschiff ins Südchinesische Meer entsenden, zum erstem Mal seit fast 20 Jahren.