China und Russland Die Grenzen der Unterstützung
Hat Russland China um Waffenlieferungen gebeten? In Peking werden entsprechende Medienberichte zurückgewiesen. Auf dem Rüstungssektor kooperieren beide Staaten schon lange - doch der Umgang mit dem Ukraine-Krieg bleibt für China heikel.
Das Dementi ließ nicht lange auf sich warten. Auf einer Pressekonferenz in Peking bezeichnete Zhao Lijian, Sprecher der chinesischen Staats- und Parteiführung, am Montag die Berichte als Falschinformationen, wonach Russland China um militärische Unterstützung gebeten habe. Die USA würden solche Falschinformationen über China im Zusammenhang mit der Ukraine immer wieder mit bösartigen Absichten verbreiten.
Dabei scheint eine solche Bitte auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich. Die Regierungen Russlands und Chinas bezeichnen sich als strategische Partner. Vergangene Woche beschrieb Chinas Außenminister Wang Yi die Freundschaft zwischen den beiden Ländern als felsenfest.
Der Außenpolitikexperte Zhao Tong vom Carnegie Center in China, einem Thinktank mit Sitz in Peking, hält es für möglich, dass Russland China nach Unterstützung gefragt hat: "Und ich denke, es ist möglich, dass China aus Höflichkeit und aus Bemühungen, das gute Verhältnis aufrechtzuerhalten, positiv darauf reagiert hat - aber ohne irgendwelche konkreten Zusagen zu machen."
Enge Rüstungskooperation
Russland und China haben auch in der Vergangenheit schon Geschäfte mit Waffen gemacht. Russland hat militärische Ausrüstung an China geliefert - aber auch andersherum, erklärt Zhao Tong. Vieles, was China an hochentwickelter Verteidigungs-Ausrüstung besitzt, komme aus Russland - darunter moderne Kampfflugzeuge, U-Boote, Radar-Überwachung und Raketen-Abwehrsysteme. "Russische Technologie hat China sehr geholfen, selbst zu einem bedeutenden Entwickler militärischer Systeme zu entwickeln. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern im Verteidigungsbereich."
Doch Lieferungen von militärischer Ausrüstung nach Russland stehen derzeit unter genauer Beobachtung. Denn demokratisch regierte Staaten haben als Reaktion auf den militärischen Einmarsch in die Ukraine Sanktionen gegen die russische Regierung verhängt. Die USA warnen China deswegen scharf davor, Russland Waffen oder andere Unterstützung zu liefern, die die Sanktionen unterlaufen.
"Unsere Nachricht ist eindeutig"
Auch bei einem Treffen zwischen dem ranghöchsten chinesischen Außenpolitiker Yang Jiechi und dem nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, ging es um das Thema. Anschließend machte die Sprecherin des Weißen Hauses in Washington, Jen Psaki, die US-Position noch einmal klar: "Unsere Nachricht ist eindeutig: Wenn China militärische Unterstützung oder andere Hilfe anbietet, womit Sanktionen unterlaufen oder Kriegshandlungen unterstützt werden, wird dies erhebliche Konsequenzen haben. Wie diese genau aussehen, das würden wir dann mit unseren Partnern und Verbündeten besprechen."
Chinas Wirtschaft ist von den Exportmärkten USA und der Europäischen Union abhängig und importiert auch bestimmte wichtige Waren von dort. Um Sanktionen zu vermeiden und weiter Handel zu betreiben, versucht China einen Balanceakt: Trotz der strategischen Partnerschaft mit Russland stellt sich die chinesische Staats- und Parteiführung nicht hinter den Einmarsch und betont stattdessen die Souveränität aller Staaten - auch die der Ukraine.
Keine schweren Waffen
Abgesehen davon, ob Russland chinesische Ausrüstung überhaupt problemlos in seine Streitkräfte integrieren könnte: Der Außenpolitik-Experte Zhao Tong geht nicht davon aus, dass die Staats- und Parteiführung Panzer, Kampfjets und Waffen in der jetzigen Situation an Russland liefern wird.
"Das würde bedeuten, China steht an Russlands Seite und die beiden würden de facto eine Allianz bilden, in ihrem gemeinsamen Kampf gegen westliche Länder. Und das würde bedeuten, dass China deutlich härtere Sanktionen drohen und politische Isolation von Seiten der westlichen Staaten."
Beobachter halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass China Russland wirtschaftlich unterstützt, möglicherweise auch finanziell. Und höchstens Ersatzteile, Verschleiß- und Verbrauchsartikel hergibt, die nicht die Sanktionen unterlaufen. Auch Gegenstände mit doppeltem Verwendungszweck scheinen möglich, also Technologie, die man sowohl militärisch als auch zivil einsetzen kann: Satelliten zum Beispiel, Nachtsichtgeräte oder bestimmte Drohnen - in diesen Bereichen ist China gut aufgestellt. Aber auch hier dürfte die chinesische Regierung extrem vorsichtig sein, um keine Sanktionen zu riskieren.