Die EU und die Ashton-Nachfolge Zeit für eine gemeinsame Stimme?
Angesichts der vielen Krisen, mit denen es die EU zurzeit zu tun hat, wird der Posten immer wichtiger - doch wer der EU-Außenbeauftragten Ashton nachfolgt, steht noch immer nicht fest. Viele meinen, es sei Zeit für eine stärkere europäische Stimme - doch wollen das auch alle Staaten?
"Europa muss mit einer Stimme sprechen" - lautet eine häufig gestellte Forderung. Was also liegt da näher, als eine Person auszuwählen, die sozusagen die Stimme Europas in der Welt darstellt? Derzeit ist es die Außenbeauftragte Catherine Ashton, die für die EU spricht.
Dass sich deren Stimme den Menschen in Europa und der Welt besonders eingeprägt hätte, kann man allerdings nicht behaupten. Ashton mied ganz bewusst die Öffentlichkeit, sprach am liebsten nur dann, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ: "Der Preis dafür ist natürlich, dass die europäische Stimme nicht symbolisiert wird durch sie als Person", sagt der Direktor der Denkfabrik Carnegie Europe, Jan Techau. Er bescheinigt Ashton allerdings, dass sie bei den Iran-Atomgesprächen und bei der Aussöhnung im Kosovo diplomatisch glänzend agiert habe.
"Den Mut haben, nach vorne zu gehen"
Nun aber, finden andere, sei es angesichts der bedrohlichen Krisen in der Ukraine, im Irak und in Syrien, Zeit für eine stärkere, durchdringendere europäische Stimme: "Es ist notwendig ist, dass wir jemanden haben, der den Mut hat, nach vorne zu gehen. Der den Mut hat, Vorschläge zu machen, der in solchen Krisen an der Spitze steht - und dies nicht nur den nationalen Außenministern überlässt", fordert der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok.
Das Problem: Einigen Mitgliedsstaaten der EU scheint es sehr recht zu sein, dass es da nicht so etwas wie eine gemeinsame, starke Außenministerin gibt, die die Stimmen der eigenen Minister übertönt: "Was kann denn ein Land alleine da bewegen? Sie fahren alle durch die Gegend, aber was wird denn erreicht? Wenn wir Europäer beispielsweise nicht eine gemeinsame Russland-Strategie entwickeln, wie können wir dann solche Konflikte wie den in der Ukraine lösen?", so Brok.
Italienerin Mogherini Favoritin
Als Favoritin auf den Posten gilt derzeit eine Italienerin: Federica Mogherini. Da die Konservativen bereits den wichtigen EU-Kommissionschef stellen, wären bei diesem Spitzenjob nun die Sozialdemokraten an der Reihe: "Frankreichs Präsident Francois Hollande und Angela Merkel haben sich geeinigt: Der EU-Außenbeauftragte wird von den Sozialisten besetzt. Und ich habe keine Einwände gegen die italienische Kandidatur vernommen", verkündete bereits nach dem letzten EU-Personal-Gipfel Mitte Juli Italiens Regierungschef Matteo Renzi.
Zähneknirschen der Osteuropäer
Vor allem die Osteuropäer jedoch knirschten hörbar mit den Zähnen: Viel stärker und durchsetzungsfähiger sei doch der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, heißt es dort. Die Italienerin Mogherini sei mit 41 Jahren hingegen nicht nur zu jung, sondern dazu auch noch viel zu russlandfreundlich. Auch der Europaabgeordnete und CDU-Mann Brok hat Zweifel: "Sie müsste erst den Nachweis bringen, dass sie wirklich geeignet ist. Sie ist seit Februar Außenministerin, vorher hat sie mit Außenpolitik nichts zu tun gehabt. In Zeiten solcher Krisen als Neuling hineinzukommen, ist natürlich außerordentlich schwer."
Doch wenn die Balten oder die Polen nicht doch noch in letzter Sekunde entschieden Einspruch erheben, dürfte die Italienerin das Rennen machen. Wer immer den Posten abbekommt, ein einfacher Job wird das angesichts der zahlreichen Krisen in unmittelbarer Umgebung der EU nicht. Wenn Europa da mit einer Stimme spräche, würde das vermutlich helfen.