MOSAIC-Expedition Schlechte Nachrichten aus der Arktis
Acht Monate nach dem Ende der historischen Arktisexpedition des Forschungsschiffs "Polarstern" haben die Wissenschaftler eine erste Zwischenbilanz gezogen. Die verheißt wenig Gutes.
Tiefster Winter im Nordpolarmeer, Schnee und Eis, Temperaturen bis minus 40 Grad. Über Wochen kein direktes Sonnenlicht. Zugegeben: Das begeistert nicht jeden. Aber wenn Meeresforscherin Stefanie Arndt über ihre Zeit bei der Arktisexpedition MOSAIC spricht, dann leuchten ihre Augen: "Obwohl es so kalt war, konnten wir Robben beobachten. Jeden Tag aufs Neue hatten wir Besuch von Robben bei uns im Camp. Kleinste Fische, Eisbären."
Doch was so positiv klingt, ist eigentlich ein Warnsignal: "All das zeigt auch, dass sich die Arktis verändert. Denn wie hätten die Robben dort noch vor vielen Jahren überleben können, als das Eis noch wesentlich dicker war, als die Atemlöcher für die Robben noch gar nicht möglich waren, oder diese Risse im Eis?"
Schmelzendes Eis befeuert den Klimawandel
Das Arktis-Eis zeigt, wie schnell unser Klima sich verändert. Das Eis sei nur noch halb so dick gewesen wie vor fast 130 Jahren, sagt Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, der die Expedition geleitet hat. Die Teammitglieder aus fast 40 Ländern konnten messen, dass sich das Eis in der Arktis früher im Jahr zurückzieht als je zuvor.
Wir erinnern uns alle noch gut an die Hitzewelle im Sommer 2020 hier in Europa. Gerade Extremwetterlagen, wie solche andauernden Hitzewellen, werden durch den Rückgang des arktischen Eises verstärkt.
Ob das ganzjährige arktische Meereis noch zu retten ist, da ist sich auch Rex nicht sicher. Das Eis schmilzt wegen des Klimawandels und verschärft ihn damit weiter. Wie genau das alles abläuft - Eis, Wind, Strömungen, Wolkenbildung -, darüber soll die Mission Erkenntnisse liefern. Die Klimamodelle sollen besser werden.
Datenauswertung dauert noch Jahre
"Um so eine komplizierte Mechanik, wie die Dutzenden ineinandergreifenden Einzelprozesse des Klimasystems, nachbauen zu können, muss man reingehen in das Räderwerk dieser Prozesse und sie von innen studieren", sagt Expeditionsleiter Rex. "Man muss von all den kleinen Zahnrädchen, Federchen und Schräubchen in diesem Uhrwerk genau verstehen, wie sie funktionieren und sie genau vermessen. Man muss praktisch bei jedem Zahnrad zählen, wie viele Zähne da dran sind."
Zehntausende Proben hat das Forschungsteam in der Arktis gesammelt, von Eis, Wasser und Luft. Nie zuvor konnte die Arktis auch im Winter so genau vor Ort studiert werden. Bis all die Daten ausgewertet sind, werden Jahre vergehen.
Eine überraschende Erkenntnis hat Expeditionsleiter Rex aber schon angedeutet. Die Ozonschicht über der Arktis scheint ein Problem zu haben. "Statt des Maximums der Ozonkonzentration fand sich im April dort stellenweise fast gar kein Ozon mehr wieder", erklärt Rex. "Die Dicke der Ozonschicht über der Arktis ist dadurch phasenweise um mehr als die Hälfte reduziert worden."
Appell für schnelleres Handeln
Warum das so ist, dazu wollte Rex noch nichts sagen. Eine Studie zum Thema soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Die Konsequenz aber scheint klar: "Wir gehen davon aus, dass das ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass das Thema 'Schutz der Ozonschicht' noch nicht erledigt ist, sondern hier auf einem Umweg zurückkommen kann, den wir berücksichtigen müssen."
Nochmal schlechte Nachrichten also aus dem hohen Norden der Erde. Was den Kampf gegen den Klimawandel angeht, halten die Forscherinnen und Forscher ein klares Plädoyer: nicht nur immer neue, noch ambitioniertere Ziele beschließen. Sondern handeln - viel schneller als bisher.