Vollversammlung in New York UN geben Palästinensern mehr Rechte
Die Weltgemeinschaft stärkt den Palästinensern den Rücken: Sie bekommen bei der UN mehr Rechte. Deutschland enthält sich, der internationale Druck auf die USA steigt. Was die UN-Resolution bedeutet.
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen stärkt die Rolle der Palästinenser innerhalb des größten UN-Gremiums deutlich. Sie nahm mit großer Mehrheit eine Resolution an, die es den Palästinensern künftig erlaubt, sich in der UN-Vollversammlung ähnlich wie normale Mitglieder zu verhalten.
Vertreterinnen und Vertreter Palästinas dürfen künftig auch zu Themen sprechen, die nicht mit dem Nahostkonflikt zu tun haben. Sie können auch Änderungsanträge für Beschlüsse einreichen oder neue Tagesordnungspunkte vorschlagen. Die Resolution fordert andere Gremien der Vereinten Nationen auf, Palästina ähnliche Rechte zu gewähren. Für die Resolution stimmten 143 Länder, 9 Staaten dagegen. 25 Länder enthielten sich - darunter auch Deutschland. Die USA lehnten den Antrag ab.
"Wenn die sofortige Vollmitgliedschaft all das Leid, das wir erleben, beenden würde, hätten wir heute aus vollem Herzen mit Ja gestimmt", sagte der stellvertretende deutsche Botschafter Thomas Zahneisen in New York. Jedoch könnten lediglich direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern zu einem nachhaltigen Frieden führen, es brauche eine Zwei-Staaten-Lösung.
Weiter kein Stimmrecht für Palästinenser
Ein reguläres Stimmrecht bekommen die Palästinenser mit der Resolution aber nicht, sie dürfen auch nicht für UN-Organe kandidieren. Die Versammlung unterstützte mit der Resolution zwar, dass die Palästinenser ein Vollmitglied der UN werden. Das würde faktisch die Anerkennung eines eigenständigen Staates bedeuten. Allerdings kann die Vollversammlung darüber nicht entscheiden, ein solcher Schritt müsste vom Weltsicherheitsrat angenommen werden. Die Vollversammlung forderte den Sicherheitsrat dazu auf, die Frage noch einmal "wohlwollend" zu prüfen.
Druck auf USA im Sicherheitsrat - neues Veto?
Die Resolution der UN-Vollversammlung erhöht nun vor allem den Druck auf die USA. Im April hat der Sicherheitsrat schon einmal darüber abgestimmt, die USA hatte damals mit ihrem Veto blockiert. Wenn das Gremium nun nochmal berät, um die Palästinenser ein volles Mitglied werden sollen, könnte es erneut so kommen.
Kurz vor der Abstimmung hatten die USA bereits angekündigt, dass sie in diesem Fall erneut ein Veto einlegen würden. "Sollte die Generalversammlung diese Resolution annehmen und den palästinensischen Beitrittsantrag an den Sicherheitsrat zurückverweisen, erwarten wir ein ähnliches Ergebnis wie im April", teilte US-Sprecher Nate Evans mit.
Auch wenn die Vollversammlung nicht über eine Mitgliedschaft entscheiden kann, zeigt die Abstimmung ein internationales Stimmungsbild zu den aktuellen Entwicklungen im Nahost-Krieg. Bei den Vereinten Nationen gibt es eine deutliche Mehrheit für israelkritische oder propalästinensische Beschlüsse. Ein Vetorecht existiert in der Vollversammlung nicht.
Israelischer UN-Botschafter: "Schämen Sie sich"
Israel hat die Entscheidung scharf kritisiert. Die UN stehe davor, "die Errichtung eines palästinensischen Terrorstaates voranzutreiben", sagte der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan vor der Vollversammlung. "Sie haben die Vereinten Nationen für moderne Nazis und völkermörderische Dschihadisten geöffnet, die sich für die Errichtung eines islamischen Staates in ganz Israel, in der Region, einsetzen." Es mache ihn "krank".
Erdan schredderte vor dem Rednerpult in einem symbolischen Akt Zettel, auf denen "Charta der Vereinten Nationen" stand. Mit den Worten "schämen Sie sich" beendete er seine Rede.
Auch der israelische Außenminister Israel Katz verurteilte den Beschluss scharf: "Das politische Theater der Vereinten Nationen traf eine willkürliche, absurde und inkohärente Entscheidung, die die Mörder der Hamas belohnt", schrieb er im Kurznachrichtendienst X.
Palästinensischer UN-Vertreter zuversichtlich
Die palästinensische UN-Vertretung war bei der Vollversammlung zuversichtlich, eines Tages auch volles Mitglied der UN zu werden: "Ohne Zweifel wird der Tag kommen, an dem Palästina seinen rechtmäßigen Platz in der Gemeinschaft der freien Nationen einnehmen wird", sagte der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur. "Besatzung und Kolonialismus sowie Tod und Zerstörung" seien nicht ihr Schicksal, sondern Freiheit.
Von 193 UN-Mitgliedsstaaten haben bisher mehr als 130 Palästina als unabhängiges Land anerkannt. Deutschland gehört wie die USA nicht dazu. Im Jahr 2012 wurden die palästinensischen Autonomiegebiete - ähnlich wie der Vatikan - zu einem nicht-mitgliedschaftlichen Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen aufgewertet. Innerhalb des UN-Systems gilt Palästina damit als "Staat", aus Sicht Deutschlands dagegen existiert das Land Palästina so nicht - das Auswärtige Amt spricht in Bezug auf Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem von "palästinensischen Gebieten".