US-Bundesstaat Kalifornien Gouverneur Newsom will Obdachlosen-Camps räumen
Der kalifornische Gouverneur Newsom will in der Obdachlosenkrise offenbar Handlungsfähigkeit zeigen: Lokale Behörden sollen Camps räumen. Manche wittern Kalkül vor der Präsidentenwahl.
Obdachlosigkeit ist in Kalifornien ein Megaproblem. Die Mieten sind extrem hoch, selbst wer arbeitet, kann sich nicht unbedingt eine Wohnung leisten. Manche wohnen in jahrzehntealten, klapprigen Wohnmobilen, andere in Zelten. In Los Angeles, aber auch in kleineren Städten, stehen in ganzen Straßenzügen wilde Camps. Um die geht es - aber auch um Menschen, die im gemäßigten Klima Kaliforniens einfach unter freiem Himmel übernachten.
Nach der Entscheidung des Supreme Courts sollen die lokalen Behörden jetzt handeln, fordert Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom: Auf X veröffentlichte er ein Video, dass ihn zusammen mit Arbeitern zeigt, die Überreste eines wilden Camps wegräumen.
Besonders bei Zeltlagern, die ein Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko darstellten, gebe es keine Ausreden mehr, so der Gouverneur.
180.000 Obdachlose in Kalifornien
Auf seiner Website fordert er zugleich, die Betroffenen müssten Hilfe bekommen. Ein frommer Wunsch: In Kalifornien leben rund 180.000 Menschen, die keine Wohnung haben, und es gibt viel zu wenige Betten in Unterkünften. Das Problem ist seit Jahren bekannt, immer wieder werden Hilfsprogramme angekündigt - wirklich verbessert hat sich die Lage nicht.
Jennifer Friedenbach spricht in CNN für die Coalition on Homelessness aus San Francisco, die die Rechte der Obdachlosen vertritt. "Solche Maßnahmen verschlingen nur Ressourcen und verschlimmern die Situation für alle, vor allem aber für die Obdachlosen", sagt sie.
Die Entscheidung, zu räumen oder in Zukunft Strafen auszusprechen, liegt bei Städten und Gemeinden. Für die Durchsetzung könnten sie jetzt aber auf Ressourcen des Bundesstaates zurückgreifen. Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, lehnt Räumungen ab: "Strategien, die Menschen nur von einem Viertel ins nächste zu verdrängen oder einfach nur Vorladungen auszusprechen, statt Wohnraum zu schaffen - das funktioniert nicht."
Taktisches Manöver wegen US-Wahl?
Manche Beobachter glauben an ein taktisches Manöver Newsoms - mit Blick auf die Präsidentenwahl. Denn: Kamala Harris, wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, stammt aus Kalifornien. Sie war dort Bezirksstaatsanwältin und Generalstaatsanwältin, sie saß für den Bundesstaat im Senat. Seit sie die wahrscheinliche Gegnerin Donald Trumps ist, haben die Republikaner die Obdachlosenkrise in Kalifornien als Thema entdeckt - das Motto: Die kalifornischen Demokraten haben es nicht im Griff.
Ist Newsoms Erlass reine Symbolpolitik - nach dem Motto "wir tun was", um die Kampagne von Harris zu unterstützen? Für Politikberater und Analyst Brian Sobel eher unwahrscheinlich. Kalifornien ist fest in der Hand der Demokraten, wahlentscheidend werden auch diesmal die sogenannten Swing States sein.
Die wilden Camps und Obdachlose, die sogar in Parks übernachten, obwohl ihnen Unterkünfte angeboten würden, seien jedenfalls ein reales Problem, sagt die Bürgermeisterin von San Francisco, London Breed von den Demokraten: "Wir wollen Obdachlosigkeit nicht kriminalisieren, aber wenn sich Betroffene wiederholt weigern, bereitgestellte Unterkünfte zu nutzen, können wir jetzt das Gesetz durchsetzen."
Ein Dutzend Bürgermeisterinnen und Bürgermeister begrüßten Newsoms Erlass - Kritiker bleiben dabei: Räumungen und Verbote lösen das Problem nicht.