Abstimmung um Präsidentenamt Uruguay geht in die Stichwahl
Der erste Durchgang der Präsidentenwahl in Uruguay brachte noch keine Entscheidung. Unabhängig vom Ausgang der Stichwahl werden keine radikalen Veränderungen in dem seit Jahrzehnten politisch stabilen Land erwartet.
Die Präsidentenwahl in Uruguay wird voraussichtlich in einer Stichwahl am 24. November entschieden. Das kündigten die beiden führenden Präsidentschaftskandidaten, Álvaro Delgado von der Regierungspartei und Yamandú Orsi aus dem Mitte-links-Spektrum, nach der Abstimmung vom Sonntag nach Auszählung von rund 92 Prozent der Stimmen an.
Den von den Wahlbehörden gemeldeten vorläufigen Ergebnissen zufolge lag Orsi mit rund 43,6 Prozent der Stimmen vorn. Er verpasste allerdings die notwendige 50-Prozent-Hürde. Der konservative Delgado kam auf mehr als 27,1 Prozent, Drittplatzierter wurde der rechtsliberale Andres Ojeda mit 16 Prozent.
Der linksgerichtete Präsidentschaftskandidat Yamandú Orsi lag in der ersten Wahlrunde in Uruguay mit mehr als 40 Prozent der Stimmen vorne.
Delgado wohl Favorit in Stichwahl
Der zweitplatzierte Delgado kann im zweiten Durchgang auf ein breites liberal-konservatives Bündnis bauen, zu dem sich Ojeda als auch weitere kleinere Parteien bekannten. Laut Umfragen liegt Delgado vor der Stichwahl mit diesem Bündnis mit 48 Prozent gegenüber Orsi (44 Prozent) leicht in Führung.
Orsi, der das Mitte-links-Bündnis der Breiten Front Uruguays vertritt, das von 2005 bis 2019 regierte, ging zuvor als Spitzenkandidat in die Wahl. "Die Breite Front ist erneut die meistgewählte Partei in Uruguay", sagte er vor seinen Anhängern in Montevideo. Orsi will im Falle eines Wahlsiegs die Armut bekämpfen und entschlossen gegen Korruption vorgehen.
Der konservative Delgado kündigte an, die Politik der amtierenden Regierung weiterzuführen und Bürokratie abzubauen. Umfragen zufolge sorgen sich die Uruguayer vor allem um die Sicherheitslage, die wirtschaftliche Situation und Arbeitsplätze.
Álvaro Delgado kann in der Stichwahl auf ein liberal-konservatives Bündnis bauen und führt mit diesem in den Umfragen vor der zweiten Abstimmungsrunde.
Nachfolger von Präsident Lacalle Pou gesucht
In der ersten Abstimmungsrunde konnten in Uruguay rund 2,7 Millionen registrierte Wählerinnen und Wähler über einen neuen Präsidenten abstimmen. Gesucht wird ein Nachfolger des konservativen Präsidenten Luis Alberto Lacalle Pou, der wegen einer in der Verfassung verankerten Amtszeitbegrenzung nicht erneut antreten konnte und die Wahl von Delgado unterstützt. In Uruguay herrscht Wahlpflicht.
Neben dem Präsidenten wurden am Sonntag auch alle 30 Senatoren und 99 Abgeordnete des Parlaments neu gewählt. Zudem standen zwei Plebiszite zur Abstimmung: Zum einen sollte das Renteneintrittsalter von 65 auf 60 Jahre gesenkt werden, zum anderen sollten nächtliche Durchsuchungen von Privaträumen durch die Polizei ermöglicht werden. Nach Auszählung fast aller Wahlzettel lagen die Nein-Stimmen in beiden Fällen vorn.
Uruguay gilt seit Jahrzehnten als politisch stabil
Uruguay ist Mitglied im Staatenbündnis Mercosur und gilt als das stabilste demokratische Land Lateinamerikas. Seit der Rückkehr zur Demokratie vor 40 Jahren wechselten sich Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Regierungen ab. Anders als in den Nachbarländern Argentinien und Brasilien gibt es politisch wenig Polarisierung, Regierung und Opposition pflegen einen seriösen und respektvollen Umgang miteinander, das Parteiensystem gilt als sehr stabil. Unabhängig vom Ausgang der Wahl werden keine radikalen Veränderungen erwartet.
Das Land steht aber vor allem im Bereich der Kriminalität vor Problemen. So hat Uruguay doppelt so hohe Mordraten wie der globale Durchschnitt. Einen starken Anstieg der Gewalt gab es mit der Pandemie. Ein Grund dafür ist aus der Sicht von Experten die zunehmende Präsenz der organisierten Kriminalität. Demnach kommt es zu Konflikten zwischen Drogenbanden, da auch Uruguay ein Transitland für den Kokainexport nach Europa geworden ist.
Mit Informationen von Anne Herrberg, ARD-Studio Rio de Janeiro