Todesstrafe in den USA UN befürchten weitere Hinrichtungen mit Stickstoff
Im US-Bundesstaat Alabama ist erstmals ein zum Tode verurteilter Häftling mit Stickstoff hingerichtet worden. Die Vereinten Nationen sprechen von möglicher Folter - und warnen vor einer Verbreitung dieser Methode.
Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen hat nach der ersten Hinrichtung eines Gefangenen mit Stickstoff in den USA vor einer Verbreitung dieser Methode gewarnt. "Wir läuten die Alarmglocken, weil dies möglicherweise eine Form von menschenrechtswidriger Folter darstellt", sagte UN-Menschenrechtssprecherin Ravina Shamdasani in Genf.
"Wir befürchten, dass dies nun als Hinrichtungsmethode akzeptiert und angewendet werden wird", sagte sie. Shamdasani wies darauf hin, dass Stickstoffhypoxie bereits in weiteren US-Staaten genehmigt worden sei.
"Er hat eindeutig gelitten"
Der wegen Mordes verurteilte 58 Jahre alte Kenneth Eugene Smith wurde am Donnerstagabend (Ortszeit) in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Alabama mittels sogenannter Stickstoffhypoxie erstickt. Bei einer solchen Hinrichtung bekommt der Verurteilte über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt - die Folge ist der Tod durch Sauerstoffmangel.
Es war das erste Mal, dass in den USA ein zum Tode verurteilter Mensch mit dieser neuen Methode exekutiert wurde. Berichten zufolge zitterte und krampfte Smith, bevor er für tot erklärt wurde. "Er hat sich gekrümmt und eindeutig gelitten", sagte Shamdasani.
Statt nach neuen, unerprobten Methoden zu suchen, um Menschen zu töten, sollte die Todesstrafe abgeschafft werden, forderte sie. Der UN-Sprecherin zufolge gibt es keine Beweise, dass Hinrichtungen eine abschreckende Wirkung haben, aber viele Beweise für Fehlurteile und für die diskriminierende Anwendung der Todesstrafe gegen Minderheiten und ärmere Menschen.
"Besonders grausame Methode"
Auch der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen, Volker Türk, sagte, die neuartige und unerprobte Methode des Erstickens durch Stickstoffgas könne womöglich "Folter oder einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommen". Sein Büro will sich demnach dafür einsetzen, dass andere US-Staaten die Methode nicht anwenden.
Ähnlich äußerte sich die Europäische Union. Ein Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes sagte, nach Einschätzung von Experten handele es sich um eine "besonders grausame Methode". "Wir fordern die Staaten, die die Todesstrafe beibehalten, auf, ein Moratorium einzuführen und sich im Einklang mit dem weltweiten Trend in Richtung Abschaffung zu bewegen."
Erfolglos interveniert
Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung zu stoppen. Doch weder die zuständigen Gerichte in Alabama noch der Oberste US-Gerichtshof waren ihren Gesuchen gefolgt. Demonstranten hatten in den vergangenen Tagen auch die Gouverneurin von Alabama, aufgefordert, zu intervenieren. Doch auch dazu kam es nicht.
Smith war 1996 zum Tode verurteilt worden - wegen der Beteiligung an einem Auftragsmord acht Jahre zuvor. Bereits 2022 sollte Smith eigentlich mit der Giftspritze hingerichtet werden. Dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, die dafür nötige Kanüle in seinen Arm zu legen.
Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wurde er wieder in seine Zelle gebracht. Weder den gescheiterten Versuch von 2022 noch die Bedenken mit Blick auf die neue Methode werteten Gerichte jedoch als ausreichend, um nun die Stickstoff-Hinrichtung zu stoppen.
Erste Hinrichtung in diesem Jahr
Bei seiner Verurteilung 1996 hatten die Geschworenen eigentlich eine lebenslange Haftstrafe für Smith vorgesehen. Der zuständige Richter setzte sich damals aber über diese Empfehlung hinweg und verfügte die Todesstrafe. Das Gesetz, das dies ermöglichte, schaffte Alabama als letzter US-Bundesstaat 2017 ab. Smiths Hinrichtung ist in den USA die erste überhaupt in diesem Jahr.