Migranten aus Guatemala gehen nach ihrer Ankunft auf einem Abschiebeflug aus den USA auf dem Luftwaffenstützpunkt La Aurora in Guatemala-Stadt.

Vor Trumps Amtsübernahme Massenabschiebungen - mehr als nur ein Versprechen?

Stand: 27.12.2024 05:02 Uhr

Die größte Abschiebung in der Geschichte der USA - damit will Trump gleich nach Amtsübernahme beginnen. Experten rechnen vor: Das Vorhaben würde Milliarden US-Dollar kosten. Hat die US-Regierung die Kapazitäten dafür?

"Wir fangen mit den Kriminellen an, wir müssen es tun. Und dann machen wir mit anderen weiter." Gleich in seinem ersten Fernsehinterview seit seinem Wahlsieg machte der künftige US-Präsident Donald Trump auf NBC News klar, sein Wahlkampfversprechen, Millionen illegale Eingewanderte abzuschieben, soll kein leeres Gerede gewesen sein. 

Es müsse sein, auch wenn es sehr schwierig werde, so Trump. Von Tag eins seiner Präsidentschaft an will er die größte Abschiebungsaktion in der Geschichte der USA starten.

"Es wird eine Massenabschiebung geben"

Der Mann, der sich maßgeblich darum kümmern soll, ist Tom Homan. Trump hatte den ehemaligen Leiter der US-Grenzschutzbehörde ICE zum Grenzschutzbeauftragten ernannt, in den USA umgangssprachlich "border czar" - "Grenzzar" - genannt.

Und auch der stellte Ende November bei einem Besuch an der Grenze in Texas klar: "Es wird eine Massenabschiebung geben." Homan betonte außerdem, die Planungen begännen nicht erst mit Trumps Amtsantritt am 20. Januar.

Sie liefen bereits. Ziel sei, die USA auf dem höchsten Level abzusichern, das das Land jemals gesehen habe. "Wir werden Trumps Arbeit zu Ende bringen", so Homan.

Kritiker nennen Pläne "beschämend"

Unumstritten ist das nicht. Alberto Benitez, Juraprofessor und Anwalt für Einwanderungsfragen, sagt, was Trumps Administration während Trumps erster Amtszeit getan habe und was sein Team glaube, jetzt tun zu können, sei beschämend, un-amerikanisch und illegal.

Der Professor leitet an der George Washington University die "immigration clinic", die Einwanderer berät. Seit Trumps Wahlsieg suchen dort immer mehr Menschen Unterstützung.

Schätzungen gehen davon aus, dass elf bis zwölf Millionen Einwanderer ohne Papiere in den USA leben. Wie Trumps Abschiebeplan konkret aussieht, wer etwa nach den kriminell gewordenen illegal Eingewanderten abgeschoben werden soll, ist unklar.

Benitez sagt, Trump und sein Team spielten mit der Angst der Menschen. "Ein Teil dieser Angst ist, dass wir nicht wissen, was sie tun werden", so Benitez. Aber er wisse, was sie nicht tun könnten: zwölf Millionen Menschen abschieben. Dafür hätten sie ganz einfach nicht die Kapazitäten wie Personal, Unterbringungsmöglichkeiten und Geld.  

"Mehr als 88 Milliarden Dollar Kosten pro Jahr"

Das American Immigration Council, eine auf Einwanderungsrecht spezialisierte Organisation, schätzt, dass die Abschiebung von einer Million Menschen pro Jahr mehr als 88 Milliarden Dollar kosten würde.

Dazu kommt, dass etwa fünf Prozent der Arbeitnehmer in den USA Einwanderer ohne Papiere sein sollen. Rund 100 Milliarden Dollar an Steuern haben sie 2022 bezahlt - Menschen, die in Fleischfabriken arbeiten, in der Landwirtschaft, Köche, Kellner, Babysitter, Taxifahrer, Paketlieferanten.

Ohne sie werde die Wirtschaft der Vereinigten Staaten zum Stillstand kommen, sagt Benitez.

"Sie werden uns nicht stoppen"

Demokratische Politiker appellieren an Präsident Joe Biden, vor Ende seiner Amtszeit die Hürden für Trumps weitreichende Abschiebepläne zu erhöhen. Kalifornien und andere demokratisch geführte Bundesstaaten und auch große und kleine Städte wie Los Angeles oder Frederick in Maryland haben angekündigt, sich Trumps Plänen entgegenzustellen. 

Der Protest richtet sich nicht gegen die Abschiebung von gewalttätigen Straftätern, aber gegen die Abschiebung, die anderen droht. Der designierte Grenzschutzleiter Homan reagierte auf Fox News: "Wir werden das Gesetz durchsetzen. Punkt. Und sie werden uns nicht stoppen."

Trump strebt andere Dimension an

Abschiebungen sind in den USA an der Tagesordnung. Barack Obama zum Beispiel hatte von Kritikern den Spitznamen "deporter-in-chief", also "Chef-Abschieber". Er ließ während seiner acht Jahre als Präsident rund drei Millionen illegal eingewanderte Menschen abschieben.

Trump aber strebt andere Dimensionen an. Und die Sorge, die viele haben, ist, dass er zum Beispiel Gesetze umgehen könnte.

"Wir sind vorbereitet, wir sind bereit", sagt Juraprofessor und Anwalt Benitez. Und er sagt voraus: "Wir werden erfolgreich sein, denn wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 15. November 2024 um 06:07 Uhr.