Unglück des Tauchboots "Titan" Dank für den "unermüdlichen Einsatz"
Nach dem Trümmer-Fund haben Hinterbliebene der "Titan"-Insassen tiefe Trauer geäußert und sich bei den Rettungskräften bedankt. Vom Unglück haben die Passagiere nach Experteneinschätzung nichts mitbekommen.
Der Tod aller fünf Insassen des Tauchboots "Titan" gilt nach dem Fund von Trümmern nahe dem Wrack der "Titanic" als sicher. Inzwischen haben sich zwei Familien von Verstorbenen zu Wort gemeldet.
"Mit tiefer Trauer geben wir den Tod von Shahzada und Suleman Dawood bekannt", erklärte die pakistanische Dawood-Stiftung am Freitag. "Wir sprechen den Familien der anderen Passagiere des 'Titan'-Tauchboots unser tief empfundenes Beileid aus", heißt es in der Erklärung, die von Shahzadas Eltern Hussain und Kulsum Dawood unterzeichnet ist.
Die Dawoods bedankten sich zudem bei allen an den Rettungsaktionen Beteiligten: "Ihr unermüdlicher Einsatz war für uns in dieser Zeit eine Quelle der Kraft."
Trauer auch in Großbritannien
Neben dem 48-jährigen Shahzada Dawood und seinem 19-jährigen Sohn Suleman befanden sich auch der Chef der Betreiberfirma OceanGate Expeditions, Stockton Rush, der französische "Titanic"-Experte Paul-Henri Nargeolet und der britische Unternehmer und Abenteurer Hamish Harding an Bord des Tauchboots.
Hardings Familie und seine Firma Action Aviation erklärten, sie fühlten sich in ihrer Trauer mit den anderen Familien verbunden, "die ebenfalls ihre Angehörigen in dem 'Titan'-Tauchboot verloren haben". Der 58-jährige Harding sei ein "leidenschaftlicher Entdecker" gewesen, "der sein Leben für seine Familie, seine Firma und das nächste Abenteuer gelebt hat".
Die "Titan" wurde nach Angaben der US-Küstenwache und der Organisatoren der Expedition bei einer Tauchfahrt zum in rund 3800 Metern Tiefe liegenden Wrack der 1912 gesunkenen "Titanic" bei einer "katastrophalen Implosion" zerstört.
Nach einer tagelangen Such- und Rettungsaktion mit mehreren Spezialschiffen mit Sonaren und Tauchrobotern hatte die Küstenwache am Donnerstag den Fund eines "Trümmerfeldes" bekanntgegeben - knapp 500 Meter vom Bug der "Titanic" entfernt.
Die Karte zeigt die Lage des Titanic-Wracks.
In "Millisekunden" tot
Nach Einschätzung des Meeresforschers David Mearns deutet der Trümmerfund auf ein schnelles Auseinanderbrechen des U-Boots hin. Das einzig Tröstliche sei, dass der Tod der Männer "unverzüglich, buchstäblich in Millisekunden" eingetreten sei, sagte Mearns, der mit zwei der Insassen befreundet war, dem Sender Sky News.
Auch die frühere Marineoffizierin Aileen Marty geht von einem schnellen Tod aus. Im Gespräch mit dem Sender CNN sagte die Professorin für Katastrophenmedizin, der Druck auf die "Titan" sei in einem solchen Fall so groß gewesen, dass das menschliche Gehirn die Implosion gar nicht erfassen könnte. Die Insassen der "Titan" seien auf eine Art und Weise gestorben, bei der sie nicht einmal gewusst hätten, dass sie sterben würden.
Wer waren die Insassen?
Shahzada Dawood stammte aus Pakistan, lebte aber mit seiner Frau Christine, dem Sohn Suleman und der Tochter Alina in Großbritannien. In ihrer Heimat ist die Familie sehr prominent: Shahzadas Vater Hussain Dawood ist einer der reichsten Männer Pakistans und Chef des pakistanischen Mischkonzerns Engro, der unter anderem Düngemittel und Chemikalien herstellt, aber auch in den Energiesektor investiert.
Der zweifache Vater Hamish Harding verdiente sein Geld mit dem Verkauf von Privatjets und schaffte es mit drei Einträgen ins Guinness-Buch der Rekorde. Im Juli 2019 gehörte er zu einem Team, das die schnellste Erdumrundung mit einem Flugzeug über beide Pole in 46 Stunden, 40 Minuten und 22 Sekunden schaffte.
Im März 2021 tauchte er zusammen mit einem Forscher in die Tiefen des Marianengrabens, dem tiefsten bisher bekannten Teil des Pazifiks. Diese Mission war die längste und weiteste in einer solchen Tiefe. Vergangenes Jahr flog er als Tourist in den Weltraum.
Der Forscher Paul-Henri Nargeolet war auch als "Monsieur Titanic" bekannt. Der Franzose galt als einer der führenden Experten für das Wrack des Luxusliners "Titanic". Der 77-Jährige war Direktor für Unterwasserforschung bei einem Unternehmen, das die Rechte am Wrack der Titanic besitzt. Als ehemaliger Kommandant der französischen Marine war er sowohl Tieftaucher als auch Minenräumer. Nach seinem Ausscheiden aus der Marine leitete er 1987 die erste Bergungsexpedition zur Titanic.
Der fünfte Vermisste war der Chef der Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush. Der 61-Jährige steuerte das U-Boot. Laut OceanGate war der Firmenchef der jüngste Pilot der Welt, als er 1981 im Alter von 19 Jahren am United Airlines Jet Training Institute die Berechtigung zum Flugkapitän einer DC-8 erwarb.
US-Navy hat möglicherweise Implosion registriert
Die US-Marine erfasste die mutmaßliche Implosion des Mini-U-Boots einem Bericht zufolge schon am Sonntag mit Geräten zur Überwachung von Unterwassergeräuschen. Das Geräusch sei aufgenommen worden, kurz nachdem der Kontakt zu der "Titan" abgebrochen sei, berichtete die Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf einen Vertreter der US-Marine, der anonym bleiben wollte.
Die Aufzeichnung erfolgte demnach durch ein geheimes akustisches Überwachungssystem, mit dem U-Boote aufgespürt werden sollen. Die US-Marine habe eine Analyse akustischer Daten vorgenommen "und eine Unregelmäßigkeit festgestellt, die zu einer Implosion oder Explosion in der Zone passen könnte, in der das Mini-U-Boot 'Titan' sich befand, als die Kommunikation abbrach", sagte der Navy-Vertreter dem "Wall Street Journal".
Die Marine habe diese Information umgehend an die Verantwortlichen der Such- und Rettungsaktion weitergeleitet, erfuhr der Sender CNN. Dadurch habe das Suchgebiet eingegrenzt werden können.
Suche nach Trümmern wird fortgesetzt
Am Meeresboden werde die Suche nach den restlichen Wrackteilen fortgesetzt, darüber hinaus werde die Küstenwache ihren Einsatz aber zurückfahren, sagte der der Chef der US-Küstenwache im Nordosten der USA, John Mauger. "Wir werden im Laufe der nächsten 24 Stunden damit beginnen, Personal und Schiffe vom Unfallort abzuziehen."
Noch unklar ist, wann die "Titan" implodierte - es sei noch "zu früh", um das mit Sicherheit sagen zu können, sagte Mauger. Allerdings hätten Sonarbojen in den vergangenen 72 Stunden kein "katastrophales Ereignis" registriert. Dies könnte ein Hinweis sein, dass das Boot bereits kurz nach dem Kontaktabriss zerstört worden sein könnte.
Die in den vergangenen Tagen mehrfach registrierten Klopflaute standen laut Küstenwache wohl nicht im Zusammenhang mit dem Boot.