Klopflaute bei Tauchboot-Suche "Wir wissen nicht, was das ist"
Der Koordinator der Suchaktion für die mit fünf Insassen vermisste "Titan" hat ein mögliches Scheitern der Suche angedeutet. Von wem oder was die registrierten Klopflaute stammen, ist weiter offen.
Angesichts der ablaufenden Zeit, in der die Insassen der "Titan" noch Atemluft haben, hat der Missionskoordiantor der US-Küstenwache, Jamie Frederick, von einem möglichen Scheitern der Mission gesprochen. "Manchmal finden wir nicht, wonach wir suchen", sagte er bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag (Ortszeit). Weiter unklar ist auch, vom wem oder von was die Klopflaute stammen, die als mögliches Lebenszeichen der "Titan"-Insassen gedeutet wurden. "Wir wissen nicht, was das ist", sagte Frederick. Ein kanadisches Schiff hatte auch am Mittwoch neue Laute registriert.
Der an der Suchaktion beteiligte Experte Carl Hartsfield vom Oceanographic Systems Laboratory sagte: "Aus meiner Erfahrung mit der Akustik kann ich Ihnen sagen, dass es Geräusche von biologischen Stoffen gibt, die für das ungeübte Ohr von Menschen gemacht klingen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Leute, die diese Bänder abhören, geschult sind." Experten der US-Marine, die in der Lage seien, solche Geräusche zu analysieren, werteten die Daten aus, sagte Frederick. Ergebnisse gebe es aber noch nicht.
Klopflaute hatten Hoffnung verbreitet
Die Klopflaute waren trotz aller Unsicherheiten als Hoffnungszeichen aufgefasst worden. Der Meereskundler Simon Boxall von der Universität Southampton sagte der BBC, die Laute machten Hoffnung, dass "es sich immer noch um eine Rettungsaktion und nicht nur um eine Bergungsaktion" handele.
Am Sonntag war das vom Unternehmen OceanGate Expeditions betriebene Tauchboot mit einem Piloten und vier Gästen an Bord zu einer touristischen Tauchfahrt zum Wrack der "Titanic" in 3800 Meter Tiefe aufgebrochen. Nach knapp zwei Stunden war der Kontakt zum Begleitschiff abgebrochen, seither wird nach dem Gefährt gesucht.
Immer mehr Suchschiffe treffen ein
Mittlerweile sind nach Angaben der US-Küstenwache drei Spezialschiffe im Suchgebiet eingetroffen, die mit Sonaren ausgerüstet sind und nun Suchmuster im vermuteten Unglücksgebiet fahren. Weitere Rettungsschiffe sind auf dem Weg, so soll in der Nacht zum Donnerstag auch ein französisches Schiff eintreffen, das mit einem modernen Tiefseetauchroboter ausgestattet ist.
Zeit für Insassen wird knapp
Schätzungen der Behörden zufolge dürfte der Sauerstoff an Bord der "Titan" nur noch bis Donnerstagmittag reichen. Selbst wenn das Tauchboot gefunden werden sollte, könnte sich die Bergung schwierig gestalten.
Wie schwierig, darüber sind sich auch Experten uneinig. Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London verwies in der BBC darauf, dass es nicht viele Schiffe gebe, die technisch in der Lage seien, in solch großen Tiefen zu operieren und das Tauchboot zu heben. Dass ein Rettungsgefährt an der Luke der "Titan" festmachen könne, bezweifelte er.
Der Meeresforscher Tim Taylor dagegen sagte dem US-Sender NBC: "Das Boot vom Grund zu heben, ist nicht so schwer oder kompliziert, wie man denken könnte, wenn es noch intakt ist."
Hinweise auf Konstruktionsmängel
Der deutsche frühere U-Boot-Fahrer und Fregattenkapitän a.D., Jürgen Weber, äußerte sich pessimistisch, die "Titan" rechtzeitig finden zu können. Er verwies zudem auf grundlegende Konstruktionsmängel, die das Boot habe. Unter anderem könne es von innen nicht geöffnet werden: "Ich steige nicht in ein Tauchboot, das ich von innen nicht öffnen kann. Ich halte das für einen ganz gravierenden Sicherheitsmangel. Selbst, wenn Sie oben treiben und gerne atmen möchten, bekommen Sie das Boot nicht auf. Das ist katastrophal in meinen Augen."
Mängel waren Betreiberfirma offenbar bekannt
Die Mängel der offenbar experimentellen Konstruktionsweise der "Titan" dürften auch für deren Betreiberfirma OceanGate nicht neu sein. Die "New York Times" veröffentlichte einen Brief, den Führungskräfte der Tauchboot-Industrie schon 2018 an OceanGate geschrieben hatten. Darin heißt es: "Wir befürchten, dass der aktuelle experimentelle Ansatz von OceanGate zu negativen Ergebnissen führen könnte (von geringfügig bis katastrophal)." Auch frühere Fahrgäste der "Titan" berichteten, dass das Boot auf sie einen improvisierten Eindruck gemacht habe und auch Pannen vorgekommen seien.
OceanGate beteuerte erneut, alle Anstrengungen zur Rettung der fünf Vermissten zu unternehmen. "Es werden alle möglichen Schritte unternommen, um die fünf Besatzungsmitglieder sicher zurückzubringen", hieß es in einer Stellungnahme. Man sei "zutiefst dankbar für die dringende und umfassende Unterstützung, die wir von mehreren Regierungsbehörden und Tiefseeunternehmen erhalten".