Modi auf Washington-Besuch Was sich die USA von Indien versprechen
Der indische Premier Modi ist zu einem Staatsbesuch in die USA gereist. Das Land wird zunehmend von der amerikanischen Regierung umworben. Auch Europa könnte von einer engeren Zusammenarbeit profitieren.
Es ist schon eine bemerkenswerte Entwicklung: Indiens Premier Narendra Modi wird hochoffiziell von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen. Begeisterte Modi-Anhänger haben ihn schon vor seinem Besuch auf der Straße gefeiert.
Vor rund 20 Jahren dufte der hindu-nationalistische Politiker dagegen die USA nicht einmal betreten. Dem damaligen Regionalpolitiker war die Einreise verweigert worden - wegen Vorwürfen, seine Partei sei in Übergriffe auf Muslime verwickelt gewesen. Doch das spielt heute längst keine Rolle mehr, denn die USA brauchen Indien als Partner.
"Wir vertiefen und verbessern unsere Partnerschaft mit Indien stetig. Indien wird zunehmend eine Macht des Guten auf der Welt", sagte John Kirby, Sprecher des nationalen Sicherheitsrats. Außerdem werde es ein strategischer Partner für die nächsten Jahrzehnte sein. "Indien will sich mehr im Indopazifik engagieren."
"Mögliches Gegengewicht" zu China
Und dieses Engagement käme den USA genau recht. Denn mit dem anderen großen "Player" der Region, China, ist das Verhältnis zuletzt immer schlechter geworden. John Ciorciari, Professor für internationale Politik an der Universität Michigan, sagt dazu: "Der Grund Nummer eins ist Chinas Aufstieg. Indien wird sowohl bei rechten als auch linken in den USA anerkannt als mögliches Gegengewicht zu Chinas Einfluss auf den Indopazifik-Raum."
Den Zuspruch aus beiden politischen Lagern sieht er als großes Plus. Denn so könnten tatsächlich langfristig bessere Beziehungen aufgebaut werden, und genau darum gehe es. Die USA würden Indien gerne ein Stück mehr verlässlicher machen.
"Die USA und ihre Verbündeten hätten Indien gerne eher als einen Freund als einen Feind bei vielen diplomatischen Angelegenheiten", sagt Ciorciari. Bei den Vereinten Nationen beispielsweise habe Indien nicht gerade den Ruf, verlässlich amerikanischen Interessen zuzustimmen. "US-Vertreter und Verbündete hoffen, dass sich das ändern wird."
Diplomatischer Spagat im Spannungsfeld
Wenn es um Diplomatie geht, macht Indien gerne einen Spagat zwischen dem Westen, China und vor allem Russland. Die indische Regierung hat Russland etwa für den Angriff auf die Ukraine nicht ausdrücklich kritisiert. Was auch daran liegen dürfte, dass die Inder bei Waffenlieferungen abhängig von Moskau sind.
Russland habe sich laut Ciorciari in den vergangenen Jahren als verlässlicherer Partner gezeigt, diplomatisch aber auch militärstrategisch. "Wegen des Ukraine-Kriegs hat Russland aber nicht mehr die Kapazitäten, Waffen nach Neu-Delhi zu schicken", sagt er. Deshalb werde die US-Regierung beim Staatsbesuch versuchen, Indien von der großen Abhängigkeit von Russland wegzubringen.
"Für Europa ist es eine Win-win-Situation"
Überzeugungshilfe könnte dabei die Wirtschaft leisten. Die USA sind bereits jetzt Indiens wichtigster Handelspartner. Experten meinen aber: Da geht noch mehr. Und davon könnte am Ende auch Europa profitieren, sagt M.S. Krishnan, Professor für technische Entwicklungen an der Universität Michigan: "Auch für Europa ist es eine Win-win-Situation." Denn eine engere Zusammenarbeit der beiden Länder werde auch dem internationalen Handel gut tun und für mehr Investitionsmöglichkeiten sorgen. "Deutschland und andere europäische Länder werden ebenfalls die Möglichkeit haben, ihre Partnerschaften mit Indien auszubauen", so Krishnan.
Die große Frage ist: Wie weit wird sich Indien auf eine engere Zusammenarbeit - vor allem politisch - einlassen.