Migranten an der US-Grenze Warten auf das Ende von "Title 42"
Ausharren bei Temperaturen um den Gefrierpunkt: An der mexikanischen Grenze warten Tausende Migranten darauf, dass sie in die USA einreisen können. Doch die umstrittene Abschieberegelung "Title 42" steht ihnen im Weg.
Es ist ungewöhnlich ruhig am mexikanischen Grenzstreifen in der Stadt Ciudad Juárez. Kaum jemand lässt sich hier am Ufer des Rio Grande blicken, dem Fluss, der die USA und Mexiko geographisch voneinander trennt. Hoffnungslosigkeit scheint sich breit zu machen seit klar ist, dass die Grenze vorerst geschlossen bleibt.
Auch Johnny Castillo ist frustriert. Ende November ist der Venezolaner in Ciudád Juarez angekommen. Er wartet darauf, einen Asylantrag in den USA stellen zu können. "Sie spielen mit den Migranten und verspotten sie", sagt Castillo. "Die haben da drüben in den USA ihre eigene Politik. Aber sie spielen mit uns Eltern, die arbeiten wollen und dafür kämpfen, ihren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten."
Blick auf Frachtcontainer, die von den US-Behörden als Stützmauer am Ufer des Rio Grande in Ciudad Juarez (Bundesstaat Chihuahua, Mexiko) aufgestellt wurden.
Überfüllte Notunterkünfte
Zum Frust kommt die Kälte. Der Wintersturm "Elliott", der über Weihnachten über die USA gezogen ist, war bis an die mexikanische Grenze zu spüren. Viele Geflüchtete schlafen im Freien, notdürftig ausgestattet mit Decken und Schlafsäcken. Und das bei Temperaturen, die in der Nacht um den Gefrierpunkt liegen. Herbergen und Notunterkünfte sind überfüllt.
Carli Caldera hat noch einen Platz bekommen. Auch sie ist aus Venezuela geflüchtet, zusammen mit ihrem Vater, ihrer Mutter, dem Onkel und ihrem Sohn. Sie will zuversichtlich bleiben. "Es heißt ja so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt die 22-Jährige. "Mit Gottes Hilfe werden wir diesen Alptraum hinter uns lassen."
NGO Racismo MX: "Title 42" diskriminiert doppelt
Im März 2020 hatte der damalige US-Präsident und Einwanderungs-Hardliner Donald Trump den "Title 42" eingeführt. Durch die Regelung können US-Behörden Menschen an der Grenze pauschal zurückweisen. Hunderttausende sind so abgeschoben worden. Die Begründung: zum Schutz vor dem Coronavirus. Ein Vorwand, wie Hilfsorganisationen kritisieren.
Menschen würden doppelt diskriminiert, sagt Otto Castillo von der NGO Racismo MX. "Durch den 'Title 42' hat sich das Bild etabliert, dass manche Menschen nicht nur wegen ihrer Herkunft eine Bedrohung sind, sondern auch noch wegen ihres Körpers. Und das ist rassistisch."
Allein nach Ciudád Juarez kommen täglich Hunderte Geflüchtete, um Asyl in den USA zu beantragen. Vor allem Menschen aus Venezuela und mittelamerikanischen Ländern wie Honduras, Kuba und El Salvador machen sich auf den mühevollen Weg.
Supreme Court entscheidet frühestens im Februar
Johnny Castillo ist über den Darién-Dschungel in den Norden Mexikos gereist. Die Schneise an der Grenze von Kolumbien und Panama gilt als einer der gefährlichsten Orte in Südamerika.
Für den 52-jährigen ist es nicht der erste Winter ohne sichere Zukunft. Sein Zuhause in Venezuela hat er vor acht Jahren verlassen. Aufgeben will er nicht: "Wenn du dir in Venezuela ein Frühstück gönnst, dann reicht das Geld nicht mehr fürs Mittag- und Abendessen", sagt Castillo. "Ich halte an meinem Plan fest, komme was wolle."
Der US-amerikanische Supreme Court will sich frühestens im Februar wieder mit der Abschieberegelung befassen. Der Winter ist für Geflüchtete wie Johnny Castillo nicht nur extrem kalt, sondern wird auch extrem lang.