Wahlkampf in Iowa Republikaner schlittern in die Vorwahl
Wer bei den heutigen republikanischen Vorwahlen in Iowa teilnehmen will, muss hart im Nehmen sein: Der Weg dorthin ist gezeichnet von arktischer Kälte und Eisglätte. Zittern müssen vor allem die Herausforderer Trumps.
Man darf den diesjährigen Auftakt der Vorwahl-Saison in den USA bereits jetzt historisch nennen: Nie zuvor war es an einem Wahltag im Bundesstaat Iowa derart klirrend kalt. Zwar hat sich der massive Schneesturm verzogen, der weite Teile des Straßennetzes unpassierbar gemacht hat. Aber auch tagsüber steigen die Temperaturen in Iowa nicht über minus 20 Grad.
In der Landeshauptstadt Des Moines geht nur auf die Straße, wer unbedingt muss. Viele Restaurants, Cafes und Läden haben kältebedingt geschlossen. Der Vorwahlkampf ist eingefroren. Über die Erderwärmung möchte gerade niemand diskutieren. Gerade weil so viele Wahlkampfveranstaltungen abgesagt oder auf Videobotschaften reduziert werden mussten, ist überall dort, wo die Kandidaten tatsächlich noch hingelangen, umso mehr los.
DeSantis rutscht in Umfragen ab
"Ron, Ron, Ron…!", schallt es in dem kleinen Gemeindezentrum in einem Vorort von Des Moines, in dem Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit anderthalbstündiger Verspätung eintrifft. Nur gut fünf Minuten Zeit nimmt er sich dann für seine geduldigen Anhänger, dann geht’s wieder hinaus auf die Eispisten von Iowa.
"Wir aus Florida reisen normalerweise im Januar nicht Richtung Norden", scherzte DeSantis. Das war Galgenhumor: Wenn er, der einst als gefährlichster Rivale Donald Trumps galt, zum Auftakt der Vorwahlsaison hinter den Erwartungen bleibt, dann dürfte das Rennen für DeSantis gelaufen sein.
Kurz vor dem "Caucus", dem Ausschuss der Parteimitglieder, muss er neue schlechte Nachrichten verdauen: Umfragen auf der Zielgeraden besagen, dass Trump seinen ohnehin schon enormen Vorsprung in Iowa weiter ausbauen können wird und dass - wenn überhaupt - nur noch Nikki Haley ihm gefährlich werden kann.
Trump zieht alle rhetorischen Register
Caleb nimmt das nicht ernst. Er war bei vielen "Caucus"-Tagen in Iowa als freiwilliger Helfer im Einsatz. Dabei hat er Gelassenheit gelernt: "Trauen Sie den Umfragen nicht", lautet sein Rat. Dieses Jahr seien besonders viele Jungwähler dabei, die sich eher für einen frischen Kandidaten erwärmen können - und nicht unbedingt für Trump.
Auch der Ex-Präsident und Vorwahl-Favorit war wegen des Wintereinbruchs gezwungen, viele seiner Veranstaltungen abzusagen. Aber Sonntagmittag tritt er dann in Indianola auf, südlich von Des Moines. Trump-Fans wie Ashley standen bei der Eiseskälte geduldig in der Warteschlange, über eine halbe Stunde lang. Gelohnt hat es sich: Rund zwei Stunden lang zieht Trump alle Register seines rhetorischen Könnens.
Mit einer Mischung aus Polemik und Übertreibungen, aus Angriffslust, Niedertracht, Witz, gelegentlicher Selbstironie, Prahlerei und Selbstmitleid bringt er den Saal zum Kochen. Was ihm Fans wie Ashley angesichts der arktischen Temperaturen umso mehr mit frenetischem Applaus danken. Auf Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol und die bevorstehenden Prozesse wegen Wahlbetrugs angesprochen, gibt sie sich kämpferisch: "Trotz allem, was Trump angetan wird, gibt er niemals auf!"
Haley baut auf New Hampshire
Sorgen bereitet dem scheinbar Unschlagbaren allenfalls noch der schleichende Aufstieg von Nikki Haley, der früheren Gouverneurin von South Carolina. Die einstige UN-Botschafterin von Trumps Gnaden konnte sich am Sonntagabend noch zu einem Landgasthof bei Aden durchschlagen, westlich von Des Moines.
Haley will noch etwas werden in der republikanischen Partei. Deshalb kann sie es sich nicht komplett mit Trump verscherzen, der die "Grand Old Party" fest im Griff zu haben scheint. Ihre Botschaft: Trump war 2016 der richtige Mann zur richtigen Zeit, jetzt jedoch habe die Stunde geschlagen für einen Generationswechsel.
Sue und Paul aus Iowa stimmen zu. Das Ehepaar hat eine Schlitterpartie übers Eis in Kauf genommen, um mit Haley auf Tuchfühlung zu gehen. "Trump ist zu alt", findet Sue. "Außerdem ist er als Milliardär außerstande, uns kleine Leute zu repräsentieren!" Doch Haleys Stunde könnte, wenn überhaupt, am 21. Januar in New Hampshire schlagen. Dort ist die republikanische Partei deutlich liberaler als im konservativen Agrarstaat Iowa.
Zunächst jedoch wird heute hier abgestimmt, bei weit über 1.600 Nachbarschaftsveranstaltungen - in Schulturnhallen, Gemeindezentren und gelegentlich auch mal in Wohnzimmern. Um 19 Uhr am Abend geht es los. Ob es in der Nacht noch ein Ergebnis gibt, bleibt auch wegen der ungünstigen Witterung abzuwarten.