Trauer um gefeierten Künstler Fernando Botero - der Meister des Volumens ist tot
Menschen, Tiere oder Früchte: Beim Künstler Botero war alles rund, weich, voluminös. Dieser unverkennbare Stil machte ihn bekannt. Seiner Heimat Kolumbien blieb er immer verbunden - nun ist er mit 91 Jahren gestorben.
"Ich komme so gegen 10 Uhr morgens ins Atelier und arbeite dann den ganzen Tag. Ich unterbreche meine Arbeit nur kurz, um mittags in ein Restaurant zu gehen", erklärte Fernando Botero einst in einem Interview. Nachts lese er noch, schaue ein wenig Fernsehen und um 23 Uhr sei er im Bett. "Das ist mein Rhythmus. Auch samstags und sonntags. An jedem Tag. Und ich habe bis heute nichts gefunden, das mich mehr vergnügt und mir mehr Freude bereitet als die Malerei."
Botero liebte seine Arbeit - bis zum Schluss. Für ihn riss seine Heimatstadt Medellín einst einen ganzen Häuserblock ab. Denn sonst wäre kein Platz gewesen für die 23 tonnenschweren Bronzefiguren, die unverkennbar die Handschrift des großen Meisters tragen: Eine voluminöse Frau, sich räkelnd auf einem Sockel, ein dicker Mann auf einem dicken Pferd und dann kauert da noch eine Katze, ebenfalls übermäßig groß mit breiten, dicken Tatzen.
Überproportionierte Skulpturen waren sein Markenzeichen - die üppigen Formen für ihn ein Ausdruck von Sinnlichkeit. Der Künstler Fernando Botero bei einer Ausstellung seiner Werke im Februar 2019 in Madrid.
Eine Hommage an den Überschwang des Lebens
Bei Botero war alles rund, weich, voluminös. "Botero ist ein Rockstar, die Ikone der Stadt. Er hat Medellín und Kolumbien in der ganzen Welt bekannt gemacht", erklärt Juan Esteban aus Medellín. Wenn ein Maler es schaffe, eine einfache Orange so zu malen, dass jeder darin seine Handschrift erkenne, dann sei er ein großer Maler, habe Botero immer selbst gesagt, erzählt Esteban.
Boteros Orangen sind üppig, kräftig und bunt, von opulenter, manchmal fast skurriler Schönheit - ein Stil, der unverkennbar ist, in Amerika, Europa oder Asien. Dick seien seine Figuren allerdings nicht, betonte Botero immer. Das Überdimensionale, Plastische und Voluminöse ist immer auch eine Hommage an den Überschwang des Lebens, an die Sinnlichkeit in seiner Heimat Lateinamerika.
Botero bezeichnete sich gern als kolumbianischsten unter den kolumbianischen Künstlern. "Ich hatte ein intuitives Interesse für das Volumen. Keiner sagte mir, dass das Volumen wichtig sein kann", sagte er in einem Interview. "Ich musste einfach bei dem, was ich tat, die Kraft und Sensibilität in übertriebenen Volumina ausdrücken. Und das leitete mich mein ganzes Leben."
Premiere auf den Champs-Élysées 1992
Geboren wurde der Künstler in bescheidenen Verhältnissen am 19. April 1932 in Medellín, Kolumbiens zweitgrößter Stadt. Sein Onkel schickte ihn auf eine Stierkampfschule, doch Botero zeichnete die Tiere lieber, als mit ihnen zu kämpfen. Er begann als Illustrator zu arbeiten und gewann damit schon bald seinen ersten Kunstpreis. Mit diesem Geld reiste er nach Europa und studierte autodidaktisch die Künstler und Werke der Renaissance.
Davon inspiriert, entwickelte Botero ab 1965 den Stil, der ihn unverwechselbar machte. 1992 stellte eine Ausstellung von ihm auf den Champs-Élysées ganz Paris auf den Kopf. "Nie zuvor hatte man einen Künstler eingeladen, um auf den Champs-Élysées auszustellen", erklärte Botero später. "Und bis heute bin ich der Einzige. Und weil das zuvor niemand getan hatte, konnte ich es bis zum Tag davor nicht glauben."
Der ganze Verkehr sei zusammengebrochen, weil überall Lastwagen mit Kränen herumgestanden hätten. "Es waren 32 monumentale Skulpturen, das war eine ganze Menge."
Botero bezeichnete sich gern als kolumbianischster unter den kolumbianischen Künstlern. "Ich hatte ein intuitives Interesse für das Volumen. Keiner sagte mir, dass das Volumen wichtig sein kann", sagte er in einem Interview.
Seine Inspiration blieb Kolumbien
Seine Werke, die heute Rekordpreise erzielen, waren in mehr als 300 Städten in der ganzen Welt zu sehen. Botero pendelte stets zwischen Italien, Frankreich und den USA. Seine Inspiration, sein Bezugspunkt aber blieb sein Heimatland Kolumbien, der Alltag, der Katholizismus, die Folklore. Aber auch die schmerzvollen Seiten: die Gewalt und der Drogenkrieg, der besonders Boteros Heimatstadt Medellín jahrelang prägte. Dabei war Botero stets ein Verteidiger und Kämpfer für den Frieden in seinem Heimatland.
In einer von Boteros Bronzefiguren in Medellín, ausgerechnet einer Friedenstaube, explodierte 1995 eine Bombe und riss 23 Menschen in den Tod. Der halb zerstörte Vogel steht auch heute noch auf der Plaza Botero im Zentrum der Stadt. Der Künstler schuf daneben ein heiles, identisches Duplikat als Zeichen, dass Kunst stärker ist als der Terror.
In seinen Werken feierte er stets das Leben. Auch, weil ihm der Tod selbst große Angst mache, räumte Botero einmal ein. Denn dann könne er nichts mehr erschaffen. Bis vergangene Woche malte Botero noch, dann zwang ihn eine Lungenentzündung dazu, den Pinsel ruhen zu lassen. Nun ist der große Meister des Volumens mit 91 Jahren in Monaco gestorben.