Hochwasser in Brasilien Neuer Regen, weitere Todesopfer
Die Zahl der Todesopfer nach dem Hochwasser in Südbrasilien steigt auf mehr als 140. Ganze Stadtviertel sind in Wassermassen versunken, Strom- und Internetverbindungen unterbrochen - und es regnet weiter.
Ricardo Frediani ist mit seinem Motorboot "Gulu" unterwegs auf dem Guaiba-Fluss, der die Millionenmetropole Porto Alegre überschwemmt hat - in Richtung der gegenüberliegenden Gemeinde Eldorado do Sul. Straßen sind zu Flüssen geworden, von parkenden Autos ist nur noch das Dach zu sehen, ganze Viertel sind komplett in den schlammbraunen Wassermassen versunken. Im Boot hat er Wasser und Lebensmittel für diejenigen, die trotzdem die Stellung halten.
Sie wollen ihre Häuser nicht verlassen, erklärt Frediani Journalisten der Agentur AFP: "Sie haben Angst vor Diebstahl. Inzwischen wird nachts viel gestohlen und in den frühen Morgenstunden. Tagsüber ist eine Menge Polizei da, aber nachts traue ich mich auch nicht zu kommen.
Doch: Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Am Wochenende hat es erneut geregnet, auch in den Gebieten, die schon zuvor am stärksten von den Überschwemmungen betroffen waren - wie in Sao Leopoldo, im Ballungsraum von Porto Alegre.
Die Rettung von Booten aus in den überschwemmten Vierteln von Porto Alegre im Süden Brasiliens geht weiter, nachdem die Behörden vor einem erneuten Anstieg des Flusses Guaiba in den kommenden Tagen gewarnt haben.
Pegel der Flüsse steigen wieder
Claudio da Silva, Elektriker aus Sao Leopoldo, sagt: "Ich habe nachgesehen: Die Region, wo mein Haus ist, ist völlig zerstört, mein Haus ist eingestürzt, Das Haus meines Schwagers steht bis zum zweiten Stock unter Wassser. Überall sind tote Tiere, es ist ein Chaos. Und so wie es aussieht, wird der Regen noch eine Woche andauern. Ich denke, wir müssen davon ausgehen, dass wir mindestens einen Monat nicht zurückkommen können."
Die Pegel praktisch aller großen Flüsse von Rio Grande do Sul stiegen aktuell wieder, meldet der Zivilschutz. Der Bundesstaat im Süden Brasilien, der fast so groß wie Italien ist, erlebt die schlimmste Klimakatastrophe seiner Geschichte.
Mehr als zwei Millionen Menschen betroffen
Die Zahl der Todesopfer ist auf mehr als 140 gestiegen, mehr als 600.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Mehr als zwei Millionen Menschen sind von den Überschwemmungen betroffen. Viele Gemeinden sind von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten. Auch die Telefon- und Internetverbindungen wurden vielerorts unterbrochen.
Ein Mann streichelt einen vor den Überschwemmungen geretteten Hund in einem Tierheim in Porto Alegre.
Rettungskräfte sind rund um die Uhr im Einsatz - auch für Zehntausende Tiere, die vor dem Hochwasser gerettet werden konnten. Cassia Simone Heringer leitet ein mobiles Erste-Hilfe-Zetrum auf dem Parkplatz eines Shoppingcenters: "Wir errichten hier ein Feldlazarett, um all diese Tiere aufzunehmen, die wir aus dem Wasser gerettet haben", beschreibt sie. "Hier bekommen sie Erste Hilfe. Anschließend werden sie in Notunterkünfte gebracht."
Hilfspaket von neun Milliarden Euro
Derweil wurde das nach Angaben der Regionalregierung größte Kriegsschiff Lateinamerikasfür humanitäre Hilfseinsätze am Samstag im Hafen der Stadt Rio Grande in Empfang genommen. Zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen gehören zwei Wasseraufbereitungsanlagen, die insgesamt 20.000 Liter pro Stunde reinigen können.
Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva kündigte derweil ein Hilfspaket von umgerechnet knapp neun Milliarden Euro für die Region an.