Wirtschaftspolitik in den USA Was steckt hinter "Bidenomics"?
Im beginnenden Wahlkampf versucht US-Präsident Biden mit dem Thema Wirtschaft zu punkten. Das neue Stichwort lautet: "Bidenomics". Was steckt dahinter - und kann der Slogan verfangen?
Es ist der Versuch, dem etwas zäh anlaufenden Wahlkampf von Joe Biden einen Mittelpunkt, einen Slogan, neuen Schwung zu geben. Wegzukommen von der Diskussion um Bidens hohes Alter, den Blick auf seine Leistungen zu richten. Erstmal hat er es mit Ironie versucht - die Presse habe für seine Wirtschaftspolitik den Begriff "Bidenomics" eingeführt, er wisse zum Teufel auch nicht, was das sein soll, so der Präsident.
Tatsächlich war der Begriff schon zu Beginn seiner Amtszeit vereinzelt aufgetaucht. Anfang Juni nutzte ihn zunächst das "Wall Street Journal" in einer Schlagzeile, andere Medien zogen nach. Jetzt hat Biden bei eine Rede vor Gewerkschaftspublikum in Chicago versucht, das Wort mit Leben zu füllen: "Stellt Euch vor: 'Bidenomics' funktioniert. Als ich ins Amt kam, wütete die Pandemie, taumelte die Wirtschaft", so der Demokrat. "Seitdem haben wir 13,4 Millionen neue Jobs geschaffen. Mehr neue Jobs in zwei Jahren als jeder andere Präsident zuvor in vier Jahren."
Gegenstück zu Reagans Neoliberalismus
Biden nennt vor allem immer wieder seine Infrastrukturpakete, die mit staatlichen Fördergeldern das Gegenprogramm zu den "Reaganomics" der 1980er-Jahre bilden sollen. Der Republikaner Ronald Reagan hatte damals auf den Ökonomen Arthur Laffer gehört, der seinen Kerngedanken einst angeblich auf eine Serviette gekritzelt hat - in Form einer Kurve, der Laffer Curve.
Die Theorie, vereinfacht gesagt: Wer die Steuern massiv senkt, Unternehmern Freiheit verschafft, erzeugt so viel Wachstum, dass der positive Effekt auch zu den unteren Einkommensschichten durchsickert und sich die Staatskasse am Ende von selbst wieder füllt.
Staatliche Investitionen in Infrastruktur
Der Demokrat Biden setzt auf das Gegenteil: massive staatliche Investitionen in Straßen, Brücken, Schienen, in Klimaschutz, in neue Fabriken im eigenen Land, etwa zur Chip-Produktion. "Mit 'Bidenomics' ist gemeint, ziemlich kleinteilige Dinge als Ganzes zusammen zu fügen, erledigt zu bekommen", erklärt Bidens wichtigster Wirtschaftsberater, Jared Bernstein, im Radiosender NPR. "Es heißt, die Wirtschaft von unten nach oben zu gestalten, in einer Weise, die bei den Leuten starken Nachhall findet."
Doch genau dieser Nachhall ist offenbar das Problem. Wirtschaftliche Zusammenhänge sind schwer zu erklären. Und viele Leute auf der Straße stehen noch immer unter dem Eindruck hoher Inflation: "Lebensmittel einzukaufen, das Auto vollzutanken - es ist alles teurer geworden", sagt eine Mutter von zwei Kindern aus Pennsylvania, "wir müssen jeden Penny zählen."
Geringe wahrgenommene Wirtschaftskompetenz
Es gibt durchaus Pro-Biden-Stimmen, auch bei jungen Wählern: "Er ist der beste Präsident, den ich erlebt habe", sagt eine 19-Jährige aus Florida. "Er kämpft für meine Generation." Als Hauptgrund für sein Lob nennt er den Klimaschutz.
Repräsentative Umfragen zeigen allerdings bisher: Bei der Wirtschaftskompetenz schneidet Joe Biden mit nur 34 Prozent Zustimmungsrate noch schlechter ab als bei der allgemeinen Popularitätsrate von 41 Prozent. Ob das Schlagwort "Bidenomics" je Glanz entwickelt? In jedem Fall ist es noch ein weiter Weg.