EU-Kommission veröffentlicht Stresstest-Ergebnisse Überall Mängel - aber kein Grund zum Abschalten
Jetzt ist es offiziell: Bei praktisch allen Atomkraftwerken in der EU muss die Sicherheit verbessert werden. Das ist das Ergebnis der sogenannten Stresstests. Milliarden von Euro müssten jetzt investiert werden. EU-Energiekommissar Günther Oettinger räumt ein: Was jetzt zu tun ist, hätte schon längst passieren müssen.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Bereits frühere Atomkatastrophen hätten die Mängel offengelegt, sagte EU-Energiekommissar Günter Oettinger. "Schon nach den Vorfällen von Three-Mile-Island und Tschernobyl wurde festgestellt, dass man nachrüsten kann. Das ist aber bis heute nicht passiert", sagte er. "Das heißt, wir mahnen jetzt an, das nachzuholen, was seit Jahren und Jahrzehnten möglich gewesen wäre."
Und so ergab der Stresstest der Atomkraftwerke in der EU fast überall Mängel. Zwar muss nach Angaben der EU-Kommission kein Meiler aus Sicherheitsgründen stillgelegt werden. Aber jetzt gehe es darum, die Mängel möglichst schnell zu beseitigen. "Deswegen wollen wir jetzt den Anstoß geben, dass in den Mitgliedsstaaten unverzüglich die technischen Schwachstellen, die wir aufgezeigt haben, beseitigt werden", sagte Oettinger. Auf diese Weise solle der europäische Sicherheitsstandard auf eine höchstmögliche technische Ebene gehoben werden.
Oettinger will einheitlichen Sicherheitsstandard schaffen
Dafür sind laut EU-Kommission Investitionen zwischen zehn und 25 Milliarden Euro notwendig. Außerdem will die Behörde gemeinsame europäische Sicherheitsstandards auf den Weg bringen.
Bisher bestimmen die Mitgliedsländer darüber, welche Sicherheitskriterien die Atomkraftwerke einhalten müssen. "Zum einen wollen wir für die höchstmögliche Unabhängigkeit von Aufsichtsbehörden Vorschläge machen", erklärte Oettinger. "Zum anderen werden wir auch Vorschläge machen, wie die technischen Standards unserer Kernkraftwerke europaweit einheitlich auf ein höchstes Maß gehoben werden können."
Stresstest war Reaktion auf Fukushima
Die Atomstresstests hatte die EU nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima beschlossen. Dabei untersuchten die nationalen Atomsicherheitsbehörden, wie sicher die europäischen Atomkraftwerke im Fall von Erdbeben und Überschwemmungen wären. Zum ersten Mal besuchten auch europäische Experten einzelne Atomanlagen, um die Angaben der nationalen Behörden zu überprüfen. An den Stresstests hatten sich mit der Schweiz und der Ukraine auch zwei Nicht-EU-Länder beteiligt. Mit weiteren Nachbarstaaten habe die EU bei den Tests eng zusammengearbeitet, sagte Oettinger.