Ein Mann läuft über eine Straße, im Hintergrund sind mehrere Menschen und eine dunkle Rauchwolke zu sehen.

Islamistische Anschläge Westafrika als Terror-Hotspot

Stand: 18.10.2024 09:28 Uhr

Die Zahl der islamistischen Angriffe in Westafrika ist seit Ende 2022 um 400 Prozent angestiegen. Die Gründe dafür sind vielfältig - und ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht.

Schüsse sind zu hören, viele Leichen liegen am Boden, Männer mit Gewehren rennen durch die Gegend, fahren auf Motorrädern. Ein Video der Nachrichtenagentur Reuters zeigt einen der schwersten islamistischen Anschläge in Burkina Faso in Westafrika in jüngster Zeit. Er ist erst wenige Wochen her.

Westafrika ist zu einem Hotspot für Dschihadisten geworden, wie Pieter Van Ostaeyen vom International Centre for Counter-Terrorism (ICCT) sagt. Er hat die terroristischen Angriffe in der Sahelzone in den vergangenen Jahren beobachtet und analysiert. Im Dezember 2022 habe es 38 registrierte Angriffe gegeben, im Mai dieses Jahres 151 - eine Steigerung um fast 400 Prozent. "Die Situation hat sich deutlich verschlechtert", sagt Van Ostayen.
 
Die westafrikanische Sahelzone ist ein riesiges Gebiet zwischen der Sahara im Norden und den Küstenländern im Süden, in dem sich dschihadistische Aufständische über mehrere Staaten ausgebreitet haben. Vor allem in Mali und Burkina Faso, aber auch in Nigeria und Niger.

Diese Länder stehen unter dem Druck verschiedener Terrorgruppen - darunter Al-Kaida und der "Islamische Staat". Die große Sorge des Westens: Regierungen könnten umfallen, Dschihadisten-Gruppen die Macht übernehmen.

Karte: Mali, Niger, Burkina Faso, Ghana und die Sahelzone

"Viel mehr Gewalt in ländlichen Gegenden"

Es gibt nicht nur mehr Terroranschläge in Westafrika als vor einigen Jahren, sondern auch dort, wo es sie vorher nicht gab, sagt Franklin Nossiter von der International Crisis Group im Senegal. "Es sind nicht mehr die großen Terroranschläge in den Städten. Wir verzeichnen heute viel mehr Gewalt in ländlichen Gegenden."
 
Ein Grund für den wachsenden Terrorismus ist, dass staatliche Autoritäten in riesigen Ländern wie Mali oder Niger kaum mehr vorkamen. Die Fläche von Mali zum Beispiel ist etwa dreieinhalb Mal so groß wie Deutschland.

Hinzu kommt, dass seit 2020 Militärs in sieben afrikanischen Ländern erfolgreich geputscht haben. In Mali und Burkina Faso gab es jeweils sogar zwei Militärputsche innerhalb relativ kurzer Zeit.
 
Militärs in Mali, Burkina Faso und Niger behaupteten, dass die Regierungen keine Antworten auf die prekäre Sicherheitslage gehabt hätten. In Burkina Faso zum Beispiel begründeten Offiziere den Putsch damit, dass die Regierung das Militär im Kampf gegen die Dschihadisten nicht genug unterstützt habe.

Nur die Wagner-Gruppe ist noch da

Niger galt bis zum Militärputsch Ende Juli vergangenen Jahres als letzter demokratischer Partner Europas und der USA in der Sahelzone - im Kampf gegen Terrorismus. Deutschland musste seinen Lufttransport-Stützpunkt in Niger nach dem Putsch aufgeben. Auch die langjährige UN-Friedensmission MINUSMA in Mali, an der auch Deutschland beteiligt war, wurde auf Drängen der Militärregierung beendet.
 
Nach den Militärputschen haben die neuen Machthaber westliche Partner aus ihren Ländern geworfen, sagt Terrorexperte Van Ostaeyen: "Alles, was es als Friedenssicherung von außen gab, war damit Vergangenheit. Die Franzosen mussten gehen, die Amerikaner mussten gehen. Die einzigen, die nun versuchen, die Lücke zu füllen, ist die ehemalige Wagner-Gruppe."
 
Die Wagner-Milizionäre unterstehen nun dem russischen Verteidigungsministerium und sind Mitglieder des sogenannten "Afrikakorps". Sie sind in vielen von Chaos erschütterten Staaten Afrikas aktiv - in Mali, Burkina Faso, Niger, auch in der Zentralafrikanischen Republik. Ihre Aufgabe: Die Machthaber der jeweiligen Ländern zu unterstützen und Bodenschätze wie Gold und Öl zu sichern. Besser geworden die Sicherheitslage in den westafrikanischen Ländern dadurch allerdings nicht.