Südafrika nach der Wahl "Weltuntergangsregierung" möglichst verhindern
Die Wähler haben die Machtverhältnisse in Südafrika gründlich verändert. Erstmals muss sich der ANC einen Partner suchen. Ex-Präsident Zuma und eine extrem linke Partei bieten sich an - für liberale Kräfte eine düstere Perspektive.
Wunden lecken, Erklärungen suchen, Optionen sondieren - am Tag danach sind alle Parteien in Südafrika dabei, das Ergebnis dieser historischen Parlamentswahl zu verarbeiten und sich auf die neuen politischen Realitäten einzustellen.
Der große Verlierer, der Afrikanische Nationalkongress, räumt seine Niederlage offen ein. "Das Volk hat gesprochen, ob uns das Ergebnis gefällt oder nicht", sagt Staatschef und ANC-Präsident Cyril Ramaphosa, der den beispiellosen Absturz seiner Partei zu verantworten hat.
Natürlich gefällt dem ANC das Resultat nicht, aber er will und muss daraus jetzt Konsequenzen ziehen.
Von einem "Moment der Selbstbesinnung, der schon begonnen hat" spricht Generalsekretär Fikile Mbalula, verweist aber gleichzeitig darauf, dass der ANC stärkste politische Kraft des Landes geblieben ist vor der Demokratischen Allianz und der Partei von Ex-Präsident Jacob Zuma: "Sechs Millionen Menschen haben uns gewählt und wollen, dass wir weitermachen. Wir können jetzt nicht einfach das Handtuch werfen!"
Die Gespräche haben schon begonnen
Hinter den Kulissen haben die Gespräche über mögliche Koalitionen längst begonnen. Kein Wunder, denn die Zeit ist knapp. Spätestens in zwei Wochen muss das neue Parlament mit der Wahl des nächsten Präsidenten beginnen, so schreibt es die Verfassung vor.
Als Partner angeboten haben sich schon die neue Partei MK des umstrittenen Ex-Präsidenten Zuma und die EFF, die Economic Freedom Fighters, allerdings nicht, ohne Forderungen zu stellen: MK will den Rücktritt von Präsident Ramaphosa, EFF-Chef Malema das Finanzministerium.
Weil beide Parteien für linksradikale Positionen stehen, bezeichnen Kritiker ein Bündnis aus MK, EFF und ANC als "Doomsday Coalition" - als "Weltuntergangsregierung".
John Endres, Geschäftsführer der liberalen Denkfabrik IRR in Johannesburg sieht das genauso. Die EFF verbreite seit zehn Jahren "eine radikale linke Politik". Sie wolle das Land enteignen, Banken und Minen verstaatlichen, "und das wäre für das Investitionsklima in Südafrika nicht zuträglich und damit auch für das Wirtschaftswachstum verheerend".
Kommt es zu einer Regierung der nationalen Einheit?
Im ANC-Vorstand würde eine Mehrheit lieber mit der wirtschaftsliberalen Demokratischen Allianz DA zusammenarbeiten. Womöglich könnten dann noch mit der Inkatha-Freiheitspartei und Action SA zwei weitere Partner dazukommen, um eine Art "Regierung der nationalen Einheit" zu bilden.
Auch darüber wird bereits informell gesprochen. DA-Chef John Steenhuisen: "Wir müssen verantwortlich handeln, um Stabilität, Wachstum und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten, indem wir ein System schaffen, dass den Menschen in Südafrika bessere Ergebnisse bringt."
Zuma raunt
Für Unruhe sorgt nach wie vor die neue MK-Partei von Zuma, der das Wahlergebnis anzweifelt, von Manipulationen spricht und nicht nur eine Neuauszählung verlangt, sondern sogar eine Wahlwiederholung. "Es ist sehr ernst", sagt der umstrittene Ex-Präsident, und: "Da wird noch eine Mange ans Licht kommen."
Was genau das sein soll, lässt Zuma offen, lässt aber seine Parteifreunde über angebliche Intrigen aus dem Ausland raunen und Verschwörungstheorien von dunklen Machenschaften US-amerikanischer High-Tech-Firmen verbreiten. "Der Plan ist doch klar. Die wollen ein Bündnis aus ANC und Demokratischer Allianz, damit DA-Chef Steenhuisen erst Vizepräsident und dann Staatschef werden kann. So einfach ist das", so MK-Sprecher Ndhela.
Klingt so, als hätte Donald Trump das Drehbuch geschrieben, findet jedenfalls Tebogo Khaas, Chef der Nichtregierungsorganisation Public Interest SA, die sich für Transparenz und gute Regierungsführung einsetzt.
Für ihn ist damit klar, dass MK nicht in der Lage ist, das Land zu regieren und Jacob Zuma nie wieder auch nur in die Nähe eines öffentliches Amtes kommen darf.
Überraschend niedrige Wahlbeteiligung
Zu denken gibt der Politik die schlechte Wahlbeteiligung. Ohnehin hatten sich nicht mehr als 28 der insgesamt 42 Millionen Wahlberechtigten für die Abstimmung registriert, tatsächlich zur Wahl gegangen sind dann aber gerade mal 16 Millionen.
Insgesamt hat also nur gut jede oder jeder Dritte seine Stimme abgegeben. Experten führen das geringe Interesse unter anderem auf Mängel im Bildungssystem und unzureichende Informationen zurück.