Somaliland Wahl im selbsternannten Staat
Seit 30 Jahren pocht Somaliland auf seine Unabhängigkeit von Somalia. Die wird international nicht anerkannt - doch Experten loben die verhältnismäßige Stabilität. Nun stehen Parlamentswahlen an.
Es sprach kaum etwas dafür, dass die Idee von der Unabhängigkeit Somalilands so etwas wie eine Erfolgsgeschichte werden könnte - im Mai 1991. Inzwischen gilt Somaliland manchen als Vorbild am Horn von Afrika und im Vergleich zum Rest von Somalia sogar als politisch relativ stabil.
Dabei ist der Begriff "Land" nicht ganz korrekt, denn die Sezessionserklärung von damals wird bis heute von keinem einzigen Staat unterstützt. Völkerrechtlich gesehen gehört die autonome Region zu Somalia, dem gescheiterten Staat, in dem Terrormilizen und Piraten seit Jahren um Macht und Geld kämpfen. Wo Al-Shabab-Milizen die Menschen terrorisieren, der Bürgerkrieg kein Ende findet und korrupte Politiker und bewaffnete Gruppen das Sagen haben. In Somaliland dagegen herrscht weitestgehend Frieden.
Vermutlich ist nicht einmal allen Menschen Somaliland mit der Hauptstadt Hargeisa überhaupt ein Begriff - und das, obwohl es größer als Griechenland ist, geschätzt etwa 4,5 Millionen Einwohner hat und eine eigene Währung, den Somaliland-Schilling.
Rückhalt - trotz fehlender Anerkennung
Somalia und Somaliland hatten kurz hintereinander 1960 die Unabhängigkeit erlangt, Somalia von Italien, Somaliland von Großbritannien. Gemeinsam bildeten sie eine Republik mit der Hauptstadt Mogadischu. Doch als Somalia in den späten 1970er-Jahren in Bürgerkrieg und Hungersnöte stürzte, spaltete sich Somaliland schließlich ab.
Lange Zeit war nicht absehbar, was sich aus dem ambitionierten Plan zur Unabhängigkeit entwickeln würde. Heute ist Somaliland de facto ein stabiles Gebilde mit abgegrenztem Territorium und einer gewählten Regierung. Das Los eines Landes, der quasi ein Nicht-Staat ist, ist aber auch: Somaliland ist nicht Mitglied der Vereinten Nationen und es gibt keine gültigen Pässe. Trotzdem scheinen innerhalb Somalilands die Unabhängigkeitsbestrebungen von weiten Teilen der Bevölkerung Unterstützung zu genießen.
Hassan Khannenje vom Horn-Institute sagt, Somaliland sei im Vergleich zum somalischen Festland "weitaus stabiler, fortschrittlicher und demokratisch offener". Da es jedoch kein unabhängiges Land ist, könne es nicht mit anderen Staaten verglichen werden, die souverän sind - "obwohl Somaliland im Vergleich zu einigen unabhängigen afrikanischen Staaten immer noch durchschnittlich abschneidet".
Erste Parlamentswahlen seit 16 Jahren
2001 wurde in Somaliland ein Mehrparteiensystem eingeführt. Seither haben Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden und zu friedlichen Machtwechseln geführt. Aber eine Demokratie im klassischen Sinne ist Somaliland trotzdem nicht. Das Parlament besteht aus zwei Kammern: dem Repräsentantenhaus, dessen Abgeordnete das Volk wählen, und dem Ältestenrat, in dem die Vorsitzenden der verschiedenen Clans sitzen. Die Anführer haben großen Einfluss und schlichten seit Jahrhunderten Konflikte.
Heute nun wird nach mehreren gescheiterten Anläufen das Unterhaus mit 82 Sitzen gewählt. Aufgerufen sind etwa 1,3 Millionen Wähler. Die jetzt scheidenden Parlamentarier waren 2005 gewählt worden und ganze 16 Jahre lang im Amt - ein Jahrzehnt länger als ihre eigentliche Mandatsfrist. Immer wieder hatten sich die Wahlen verschoben; in den vergangenen 30 Jahren haben zwei politische Parteien Somaliland regiert.
Gelegenheit auf Veränderung
Hassan Khannenje schaut auf die Wahl mit "vorsichtigem Optimismus": Immerhin biete sie nach 16 Jahren und angesichts eines nicht gewählten Oberhauses "die Gelegenheit, das Unterhaus zu verändern und die Politik sowie institutionelle demokratische Reformen zu beeinflussen".
Auch wenn die Bevölkerung bis heute mehrheitlich die Unabhängigkeitsbestrebungen mitträgt, bleibt in Lage im Osten Somalilandes sensibel - dort gibt es bis heute Widerstand einiger Clans gegen die Regierung in Hargeysa. Auch deshalb ist die Geschichte von Somaliland wohl noch nicht nicht auserzählt.