Wahl in Ruanda Keine Opposition zu befürchten
Ruanda gibt sich gerne als Musterstaat. Großbritannien wollte Migranten dorthin abschieben. Doch Präsident Kagame herrscht mit eiserner Faust. Nun stellt er sich zur Wiederwahl - ohne echte Opposition.
Bei den letzten Wahlkampfauftritten jubelt die Menge und schwenkt Fähnchen, wenn Präsident Paul Kagame auf die Bühne kommt. Mit Sonnenbrille und Schirmmütze wirkt der Langzeit-Staatschef entspannt. Warum auch nicht? Bei den vergangenen Wahlen bekam er niemals weniger als 90 Prozent Zustimmung. Nun stellt er sich erneut zur Wahl. Zwei Gegenkandidaten gibt es zwar. Ihnen werden jedoch keinerlei Chancen eingeräumt.
Erst Rebellenchef, dann Langzeit-Präsident
Paul Kagame regiert in Ruanda, seit er 1994 mit seiner Rebellenarmee den Völkermord im Land beendete. Damals kamen innerhalb von 100 Tagen fast eine Million Menschen ums Leben. Seit dem Jahr 2000 ist er auch offiziell Präsident von Ruanda - einem Land, etwa so groß wie Hessen, mit 14 Millionen Einwohnern.
In den vergangenen 30 Jahren hat Kagame das Land wirtschaftlich nach vorne gebracht. Es gehört zwar immer noch zu den ärmsten der Welt, das Wirtschaftswachstum aber steht bei etwa sieben Prozent. Es gibt ein staatliches Gesundheitssystem, die Lebenserwartung gehört zu den höchsten in der Region. Und Ruanda gibt sich fortschrittlich: Fast zwei Drittel der Abgeordneten im Parlament sind Frauen - das Parlament wird nun ebenfalls neu gewählt.
Druck auf Oppositionelle
Aber Ruanda ist nur dann ein Musterstaat, wenn man die Menschenrechtslage und die politischen Repressionen nicht beachtet. Viele mögliche Gegenkandidaten sind bei dieser Wahl gar nicht zugelassen worden. Manche wurde aufgrund formaler Gründe nicht zugelassen. Andere sind verhaftet oder getötet worden oder unter ungeklärten Umständen verschwunden.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bescheinigt Ruanda eine "Kultur der Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen". Im Index der Pressefreiheit der Organisation "Reporter ohne Grenzen", landet Ruanda auf Platz 131 - von 180. Das schwedische Institut "Varieties of Democracy" bezeichnet Ruanda als "Wahlautokratie". Im "Freedom in the World"-Bericht bekommt Ruanda in der Kategorie "Politische Rechte" nur 8 von 40 Punkten - und damit das Urteil "not free".
Und erst in der vergangenen Woche stellte ein Bericht der UN fest, dass ruandische Soldaten im benachbarten Kongo aktiv Rebellengruppen unterstützen.
Ruanda als Lösung der Migrationskrise
Über Ruanda wurde in letzter Zeit viel gesprochen, denn: Großbritannien wollte Geflüchtete dorthin abschieben und dafür gut eine halbe Milliarde Euro zahlen.
Ruanda ist offen für Flüchtlinge, rund 130.000 Geflüchtete leben hier, meist aus benachbarten Ländern. Sie dürfen arbeiten und sich eine Existenz aufbauen. Die Realität ist jedoch anders: Die meisten leben jahrelang in den Camps von wenigen Euro im Monat. Die Arbeitslosigkeit in Ruanda liegt bei 15 Prozent.
Kritiker in Großbritannien waren schon länger skeptisch, ob Ruanda aufgrund seiner Menschenrechtslage tatsächlich ein sicherer Ort sei. Und so hat die neue britische Regierung den Deal inzwischen auch beerdigt.
Entwicklungshilfe für wirtschaftliches Wachstum
Nach dem Ende der britischen Abschiebepläne gab die Regierung von Paul Kagame ein Statement raus: Ruanda habe seinen Teil der Abmachung eingehalten. Damit war auch klar, dass die Gelder, die bereits geflossen sind - Schätzungen sprechen von 300 bis 400 Mio. Euro - nicht zurückgezahlt werden.
Denn in Erwartung Tausender Migranten wurden in Ruanda schon Unterkünfte gebaut - etwas das Hope Hostel: ein relativ luxuriöser Bau mit Blick auf die Hauptstadt Kigali, mit Hinweisschildern in Englisch, Betten und Willkommenspaketen mit Zahnbürsten, Shampoo und Zigaretten.
Das meiste Geld aus dem Ausland geht in den Gesamthaushalt. Das Land hat wenig eigene Rohstoffe und keinen Zugang zum Meer. Deshalb bringen Handel und private Investitionen nicht viel ein. Der Staat finanziert sich zu einem Drittel aus internationaler Hilfe.
So bietet Ruanda sich weiterhin als Partner für Abschiebemodelle an. Deutschland prüft ebenfalls das "Ruanda-Modell" - auch, wenn die Bundesregierung selber angedeutet hat, skeptisch zu sein.