Sorge um nigrischen Präsidenten "Junta will ihn verhungern lassen"
Seit mehr als zwei Wochen hält die Junta in Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum und seine Familie gefangen - offenbar ohne ausreichend Nahrung, Strom oder medizinische Versorgung. Die UN und Human Rights Watch zeigten sich besorgt.
Zwei Wochen nach dem Militärputsch in Niger wächst die Sorge um den festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Nach Angaben eines Vertrauten befindet er sich in Lebensgefahr. "Sie bringen ihn um", sagte der nigrische Botschafter in den USA, Mamadou Kiari Liman-Tinguiri, in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Bazoum sitze mit seiner Familie im unbeleuchteten Keller des Präsidentenpalastes in Niamey.
Bazoum werde gemeinsam mit seiner Frau und seinem 20-jährigen Sohn seit Tagen festgehalten. "Der Plan des Kopfs der Junta ist es, ihn verhungern zu lassen", erklärte Liman-Tinguiri. "Das ist unmenschlich, und die Welt sollte das nicht hinnehmen. Das kann im Jahr 2023 nicht geduldet werden." Bazoum und seine Familie hätten wenig mehr als einen schrumpfenden Vorrat an rohem Reis, aber keine Möglichkeit, diesen zu kochen, so der Botschafter.
Human Rights Watch nach Gespräch mit Bazoum besorgt
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erklärte, sie habe in den vergangenen Tagen mit Bazoum persönlich und anderen ihm nahestehenden Personen gesprochen. Demnach habe er erklärt, die Bedingungen für seine Frau, den 20-jährigen Sohn und ihn selbst seien "unmenschlich und grausam".
Angehörige und Freunde, die Lebensmittel hätten vorbeibringen wollen, seien abgewiesen worden, hieß es. Die Junta habe zudem seinem Sohn, der ein Herzleiden habe, eine medizinische Behandlung verweigert.
Medienberichte über angedrohte Hinrichtung
Einer US-Diplomatin soll die Junta gedroht haben, Bazoum im Falle einer Militärintervention umzubringen, wie die "New York Times" auf Grundlage eines Berichts der US-Nachrichtenagentur AP berichtete. Die Drohung rief weltweit Empörung sowie weitere Aufrufe zu Bazoums Freilassung hervor.
US-Außenminister Antony Blinken sagte, er sei "besonders entsetzt" über die Weigerung der Junta, Bazoums Familie als Geste des guten Willens freizulassen. Botschafter Liman-Tinguiri sagte der AP, dass der Staatschef trotz aller Entbehrungen weiterhin guten Mutes sei. "Er ist ein Mann, der mental sehr stark ist. Er ist ein Mann des Glaubens."
UN: Möglicher Verstoß gegen Menschenrechte
Laut UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk könnten die Bedingungen, unter denen Bazoum festgehalten wird, einen Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen darstellen. Türk sprach von glaubwürdigen Berichten über eine "unmenschliche und erniedrigende Behandlung" des Präsidenten.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezeichnete die Festsetzung der Bazoum-Familie als "Geiselhaft" und forderte ihre Freilassung. Zudem begrüßte sie die Haltung der ECOWAS zum Staatsstreich in Niger. Das geschlossene Auftreten der Staatengemeinschaft und der Afrikanischen Union sei "ein klares Zeichen der Unterstützung für die Demokratie in Niger und darüber hinaus", erklärte Baerbock.
Sprecher der Junta dementiert Berichte
Der Aktivist Insa Garba Saidou, der die nun herrschenden Militärs in Niger bei deren Kommunikation unterstützt, dementierte Berichte, wonach es um den Präsidenten und dessen Familie nicht gut bestellt sei. Die Darstellungen seien falsch. Bazoum könne sich glücklich schätzen, nicht irgendwohin geschafft worden zu sein. "Er wurde in seinem Palast mit seinem Handy belassen. Jene, die das getan haben, haben nicht die Absicht, Bazoum zu schaden", sagte Saidou.
Seit dem 26. Juli wurde Bazoum nicht mehr öffentlich gesehen. An dem Tag hatten Militärs den demokratisch gewählten Präsidenten gestürzt und die Macht übernommen. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS forderte die Putschisten auf, Bazoum bis vergangenen Sonntagabend wieder einzusetzen, und ein militärisches Eingreifen angedroht. Die Frist verstrich, ohne dass es zunächst zu einem Militäreinsatz kam. Am Donnerstag verkündeten die selbst ernannten Machthaber die Bildung einer neuen Regierung, die am Freitag erstmals zusammenkam.