Silvesternacht vor Tunesien Mehrere Boote mit Migranten gesunken
Im Jahr 2022 haben mehr Menschen als je zuvor versucht, von Tunesien aus über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Auch in der Silvesternacht - mehrere Boote sind gesunken. 108 Menschen wurden wieder an Land gebracht.
In der Silvesternacht sind vor der tunesischen Küste mehrere Boote mit Migranten an Bord gesunken. 108 Menschen seien aus Seenot gerettet worden, teilte die tunesische Nationalgarde mit. Unklar blieb, ob es Tote oder Verletzte gab.
Mehr als 18.000 Menschen erreichten 2022 nach Angaben des Tunesischen Forums für ökonomische und soziale Rechte (FTDES) von Tunesien aus die italienische Küste - so viele wie noch nie. 580 Menschen gelten demnach seit ihrer Überfahrt als vermisst.
Mehrere Tote in den vergangenen Tagen
Auch aus anderen Anrainerstaaten des Mittelmeers versuchen viele Menschen, nach Europa zu kommen. Am Samstag starben nach Angaben der libanesischen Armee zwei Menschen vor der Küste des Libanon. Etwa 200 Menschen konnten demnach gerettet werden. Es seien mehrheitlich Geflüchtete aus Syrien an Bord gewesen.
Die libysche Küstenwache teilte mit, ein Schiff mit fast 650 Migranten abgefangen und zurück zur Küste geschleppt zu haben. Dort seien vor allem Menschen aus Bangladesh, Syrien und Ägypten an Bord gewesen, so die Küstenwache.
Am Freitag starben marokkanischen Medien zufolge 13 Menschen, nachdem ein Boot mit Migranten im Mittelmeer untergegangen war. 25 weitere seien gerettet worden, acht würden vermisst.
Kritik an Libyen
Jedes Jahr versuchen Zehntausende Menschen, das Mittelmeer auf dem Weg nach Europa zu überqueren. Oft werden sie in Schiffe gedrängt, die kaum seetauglich sind. Die Fahrt gilt deshalb als lebensgefährlich. Unter den Migranten sind größtenteils Menschen aus Syrien, Bangladesch und mehrere afrikanischen Ländern.
Insbesondere Libyen steht immer wieder in der Kritik, weil das Land Migranten menschenunwürdig behandelt. Menschenrechtsorganisationen berichten von Menschenhändlern und staatlichen Internierungslagern. Den örtlichen Behörden und vom Staats beauftragten bewaffneten Gruppen wurden mehrmals Folter, Vergewaltigungen und andere Verstöße gegen die Menschenrechte vorgeworfen.
Die EU hat sich nicht immer aus der Seenotrettung herausgehalten. Als Reaktion auf mehrere gesunkene Schiffe mit Hunderten Toten vor der italienischen Insel Lampedusa gab es von Oktober 2013 bis Oktober 2014 die europäische Operation "Mare Nostrum". In italienischen und internationalen Gewässern wurden in diesem Rahmen etwa 150.000 Menschen aus Seenot gerettet.
Seit November 2014 wurde "Mare Nostrum" durch die Operation "Triton" der EU-Grenzschutzagentur Frontex abgelöst, die damit die EU-Außengrenzen absichern soll. Seit 2015 gibt es außerdem die Operation "Sophia", mit der die EU gegen Schleppernetzwerke vorgehen will. Seit dem Frühjahr 2019 werden im Rahmen dieser Operation allerdings keine Schiffe mehr eingesetzt.
Obwohl die Operation "Sophia" auch etwa 44.000 Menschen aus Seenot gerettet hat, kritisierten Menschenrechtsorganisationen immer wieder, dass der Kampf gegen Schleuser und sogenannte irreguläre Migration zu Lasten der Seenotrettung gingen. Auch der Fakt, dass die EU mit libyschen Behörden kooperiert, sorgt für Kritik.
Auch der Ärmelkanal wird überquert
Der britischen Regierung zufolge sind zudem mehr als 45.000 Menschen über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien gelangt. Auch das ist die bisherige Höchstzahl. Einen Rekord an Überfahrten gab es am 22. August, mit 1295 Migranten, die nach Großbritannien übersetzten.
Die britische Regierung will neue Gesetze verabschieden, um Migranten von der Überfahrt abzuhalten. Dafür soll zum Beispiel festgehalten werden, dass Menschen keinen Anspruch auf Asyl haben, die über den Ärmelkanal eingereist sind.
Die konservative Regierung stand in den vergangenen Monaten in der Kritik, weil sie Migranten nach Ruanda schicken wollen, damit dort ihr Asylantrag geprüft wird. Der High Court in London entschied jedoch Mitte Dezember, dass das Migrationsabkommen zwischen Großbritannien und Ruanda im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention sei. Jeder Einzelfall müsse aber genau geprüft werden.