Kenias Wahlsieger Ruto am Ziel - nach langen Bestrebungen
Kenias umstrittener Wahlsieger Ruto gibt sich als einfacher Mann - Kritiker verweisen auf seinen großen Reichtum und werfen ihm vor, skrupellos nach der Macht gestrebt zu haben. Wohin will er Kenia steuern?
Ein Sohn armer Leute - so hatte sich William Ruto im Wahlkampf präsentiert. Sachlich ist das nicht falsch, hatte er sich doch von der väterlichen Kleinfarm zum erfolgreichen Geschäftsmann und schließlich zum Vizepräsidenten hoch geboxt. Inzwischen ist er aber auch einer der reichsten Männer Kenias.
Dass bei seinem Aufstieg alles mit rechten Dingen zuging, glaubt in Kenia niemand. Als Politiker hat er sich einen Namen als "harter Hund" gemacht, sogar als skrupellos wird er beschrieben. Seine Mitbewerber um die Präsidentschaft haben ihn als grenzenlos ambitioniert dargestellt, als einen Mann, der total darauf fixiert war, das Amt zu ergattern.
Ruto dagegen gibt sich selbst als jemand, der gegen das politische Establishment antritt, obwohl er längst Teil davon ist.
Denkbar knapper Sieger
Sein Gegenkandidat, Oppositionsführer Raila Odinga, unterlag mit 48,85 Prozent gegenüber 50,49 Prozent für Ruto nur knapp - das Ergebnis war allerdings schon innerhalb der Wahlkommission umstritten, mehrere Mitglieder bezeichneten die letzte Phase der Auszählung als undurchsichtig - und mittlerweile will Odinga die Wahl anfechten.
Ruto dagegen versprach noch am Wahlabend, "sein Land auf neue Höhen zu führen, es erfolgreich zu machen". Seine größte Herausforderung wird es sein, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen, die von ihrer politischen Führung nicht viel Gutes gewöhnt sind.
Selbst Rutos Anhänger glauben nicht, dass sich Grundlegendes für sie ändern wird. Der Schlüssel zum Erfolg seiner ersten Amtstage sind die auch in Kenia sprunghaft ansteigenden Lebenshaltungskosten, die er schnellstens in den Griff bekommen muss.
Retter in der wirtschaftlichen Not?
Der Bevölkerung hat Ruto vor allem versprochen, dass er etwas für die vielen Armen im Land tun wird. Kenias Wirtschaft ist durch die Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die Dürre im nördlichen Landesteil stark gebeutelt. Ruto hatte seinen Wahlkampf mit dem Sinnbild einer Schubkarre betrieben.
Mit seiner "Schubkarrenpolitik" möchte er einen Staat formen, mit dem er die Ökonomie der Kleinbauern, Straßenhändler und Gelegenheitsarbeiter in den Vordergrund rückt. Was revolutionär klingt, könnte Kenia aber um Jahrzehnte ins vorindustrielle Zeitalter zurückwerfen.
Den armen Leuten verspricht er, dass er den Karren aus dem Dreck ziehen will. Ob ihm das angesichts der hohen Staatsverschuldung gelingen wird, ist eine ganz andere Frage.
Angeklagter vorm Internationalen Strafgerichtshof
Fast vergessen scheint bei den Kenianern, dass Ruto vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt war - im Zusammenhang mit den politischen Unruhen in Kenia nach den Präsidentschaftswahlen 2007. Laut der Anklageschrift soll er damals zu Mord, Vertreibung und Verfolgung angestiftet haben - bei den Unruhen wurden mehr als 1100 Menschen getötet und mehr als eine halbe Million gewaltsam vertrieben.
Das Verfahren wurde zwar in Anwesenheit von Ruto in Den Haag 2013 eröffnet, drei Jahre später aber eingestellt, da ein faires Verfahren wegen politischer Einflussnahme nicht möglich sei. Nachgewiesenermaßen hatten mindestens 16 Zeugen aufgrund von Drohungen oder Bestechungen ihre Bereitschaft zur Aussage zurückgezogen.