Strategische Präsenz in Dschibuti Afrikas Häfen, Chinas Begehrlichkeiten
Nicht nur der Hamburger Hafen weckt Begehrlichkeiten in China - insbesondere in Afrika ist das Land an zentraler Verkehrsinfrastruktur interessiert. Das löst Sorgen in Europa und den USA aus.
Dschibuti ist ein kleiner Staat, mit nicht mal einer Million Menschen. Wirtschaftlich hat das Land wenig zu bieten: kaum Industrie, kaum Landwirtschaft - die Böden karg und sandig.
Und doch hat Dschibuti etwas, was jede größere Macht der Welt seit Jahren anzieht: eine begehrte Lage am "Bab al-Mandab", einer nur 27 Kilometer breiten Meerenge, die den Suezkanal letztlich mit dem Indischen Ozean verbindet. Für den globalen Welthandel ist diese Schifffahrtstraße lebenswichtig.
Die frühere Kolonialmacht Frankreich hat hier ihren größten Auslandsstützpunkt, die USA sind stark vertreten, sogar Japan und Italien haben sich hinter hohen Wällen aus Sand und Beton militärisch für länger eingerichtet.
Militärhafen mit 2000 Soldaten
Seit 2017 ist auch China dabei, mit einer besonders beindruckenden Garnison: einem Areal, das einen halben Quadratkilometer groß ist, umgeben von einer Art chinesischer Mauer mit beeindruckenden Zinnen, mit Platz für 2000 Soldaten. Der Militärhafen soll eine mehr als 300 Meter lange Pier haben, an der sogar ein Flugzeugträger anlegen könnte.
Nicht nur beim Militärhafen war China Geldgeber und Bauherr, vorangegangen waren die zivilen Hafenanlagen. "Die Franzosen waren vor den Chinesen da," erklärt Gouled Dougsieh, Logistikexperte an der Universität Dschibuti. "Aber die Chinesen kamen mit Geld. Deshalb sind alle neuen Hafenteile, die im Bau sind, von den Chinesen finanziert. Das ist eine Win-Win-Situation."
Logistikexperte Dougsieh meint, dass beide Länder von dem Engagement Chinas profitieren.
Chinesen übernehmen Hafen ganz
Inzwischen sind die Chinesen in Dschibuti nicht nur Hafenerbauer und Investoren, sondern auch Hafenbetreiber. Der Konkurrenz aus den Golfstaaten ist der Vertrag nicht verlängert worden, angeblich wegen schlechter Betriebsführung.
Welche Rolle dabei Zugeständnisse des mit straffer Hand regierenden Langzeitpräsidenten Ismail Omar Guelleh gegenüber den Chinesen gespielt haben, ist unklar. Tatsache ist, die Schuldenlast des Kleinstaates wächst rasch - und Hauptgläubiger ist die Großmacht in Fernost.
In Dschibuti baut China unter anderem auch ein Einkaufszentrum.
Bei all dem geht es längst nicht nur um Dschibuti. Der riesige Hafen ist praktisch die Lebensader des nach Bevölkerung zweitgrößten Landes Afrikas: Äthiopien. Die neue Bahnlinie vom Hafen bis in die äthiopische Hauptstadt haben - natürlich - auch chinesische Unternehmen gebaut.
Die Häfen sind der Schlüssel für den wirtschaftlichen und, womöglich immer stärker, auch militärischen Einfluss auf dem Kontinent. Nach Schätzungen beläuft sich der Handel zwischen China und Afrika jährlich auf etwa 250 Milliarden Euro - Tendenz steigend.
Kernstück der "Seidenstraße"
Afrika ist die größte regionale Komponente in Chinas "Seidenstraßen-Initiative", die Europa, Asien und Afrika stärker zusammenführen soll. Die Rede ist vom Aufbau von Infrastruktur, die aber natürlich wirtschaftlichen Erfolg bringen soll. 46 afrikanische Länder sind Chinas Ruf gefolgt und haben sich dem Plan angeschlossen.
Ein zentraler Punkt sind die Häfen: Nach Angaben des US Naval War College sind chinesische Banken und Firmen inzwischen an Finanzierung, Bau oder Betrieb von 61 Häfen in 30 afrikanischen Ländern beteiligt. Die USA fürchten, China könnte einige der Objekte militärisch nutzen. Etwa Hafenprojekte auf den Komoren, einer Inselgruppe vor Ostafrika - ebenso ein kleiner Staat, dessen Kreditfähigkeit schnell am Ende sein könnte. Und der damit womöglich anfällig wäre für weitere Begehrlichkeit.
Vom Hafen zur Militärbasis?
Besonders geschockt zeigte sich Washington vor einem Jahr über Informationen, nach denen die Chinesen ein laufendes Hafenprojekt im bei ihnen hochverschuldeten westafrikanischen Äquatorialguinea zur Militärbasis ausbauen könnten. Washington fürchtet Chinas Auftauchen im Atlantik - erstmal symbolisch.
China macht gerade das, was einst auch Großbritannien, die USA und Frankreich getan haben: eigene wirtschaftliche Interessen, Staatsangehörige und Firmen schützen, Chinas Politik absichern. Anders als Russland passiert das nicht lautstark durch Söldner, sondern so, dass Geschäfte nicht gestört werden.
Das Tempo, das Peking wirtschaftlich wie militärisch vorlegt, bleibt aber erstaunlich. Und die Bereitschaft darauf einzugehen auch. "Wenn Äquatorialguinea keinen Militärstützpunkt erlauben sollte, wird es womöglich irgendein anderer Staat sein"," meint Isaac Kardin vom Naval War College.
Das würde zwar die "Sicherheitsdynamik" in Afrika nicht gleich verändern - den Blick auf Chinas Langzeitstrategie und den Wettbewerb mit den USA aber schon.