Auf Autobahnen erlaubt Freie Fahrt für autonomes Fahren?
Seit Januar dürfen selbstfahrende Autos bis zu 130 km/h fahren - und damit auch auf der Autobahn. Doch bis autonome Autos in größerer Zahl unterwegs sein werden, dürfte es noch dauern. Woran liegt das?
Von Nele Rößler, NDR
Auf deutschen Autobahnen dürfen seit diesem Jahr selbstfahrende Autos unterwegs sein mit bis zu 130 km/h. Das ist gut doppelt so schnell, wie bisher erlaubt war. Doch gelten nach wie vor strenge Auflagen für Mensch und Maschine.
Viermal längerer Bremsweg
So muss ein Fahrer im Auto sein, dieser darf zwar nicht schlafen, aber zum Beispiel E-Mails auf dem Handy oder Zeitungsartikel lesen. Autonom fahrende Autos könnten auch schon ähnlich unterwegs sein wie von Menschen gesteuerte, inklusive Spurwechsel. Es gibt Prototypen, die das können, sagt Steven Peters, Professor für Maschinenbau an der Technischen Universität Darmstadt. Das heiße aber nicht, dass es technisch und wirtschaftlich für die Fahrzeughersteller bereits machbar sei.
Es brauche vor allem eine Sensorik, die sehr weit gucken kann. Denn jede Fehleinschätzung hat bei 120 km/h deutlich größere Auswirkungen als bei 60. Ein Grund ist, dass der Bremsweg bei 120 km/h etwa viermal so lang ist wie bei 60. "Wenn ich einen Spurwechsel machen will auf einer Autobahn, dann muss ich sehr, sehr weit nach hinten schauen können, um das sicher tun zu können. Ich muss sehr genau die Geschwindigkeit einschätzen können. Wahrscheinlich wird dieses System auch wieder nur bei bestem Wetter funktionieren."
Nutzfahrzeuge zuerst dran
Außerdem vermutet Peters, dass die Systeme erst einmal als Nutzfahrzeuge auf den Markt kommen werden. "Also schwere Lkw auf der Langstrecke. Vor allem in den USA, weil ich dort einfach sehr, sehr große Strecken habe."
Aber nicht nur in den USA, auch in Europa seien selbstfahrende Lkw für Spediteure interessant. Denn es herrscht Fahrermangel. "Das heißt, es ist wirtschaftlich sinnvoll zu automatisieren. Also sprich: Das System darf auch durchaus richtig was kosten."
Viele Daten benötigt
Selbstfahrende Autos in den Innenstädten werden wohl zuerst in China zu sehen sein, vermutet Peters. Denn besonders in der Stadt brauchen die Boardcomputer viele Daten, um Entscheidungen zu treffen - die seien in China vorhanden, weil an vielen Kreuzungen Kameras stehen. Außerdem sei die chinesische Regierung bereit, Geld in die Infrastruktur für autonome Autos zu investieren. In Deutschland werde das aber noch einige Jahre dauern.
Auch die Verkehrswissenschaftlerin Meike Jipp vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sieht das ähnlich: Eine Art Geister-Auto, wo kein Mensch mehr drin sitzt, oder ein Shuttle, das Menschen wie ein Roboter-Taxi von A nach B fährt - das werde noch eine Weile dauern. "Das wird nach und nach praktisch immer mehr System-Funktionalitäten geben, bis wir dann bei dieser Ausbaustufe angekommen sind."
Komplett autonom nicht vor 2030
Jipp ist mit Prognosen vorsichtig geworden, denn das Klären der technischen Fragen dauere oft länger als erwartet. Sie geht deshalb davon aus, dass das autonom fahrende Auto ohne Mensch hinter dem Steuer nicht vor 2030 in Deutschland zu sehen sein wird.