Frühlingsanfang Was hinter der Tagundnachtgleiche steckt
Zwölf Stunden hell, zwölf Stunden dunkel: Dem Namen nach sollten bei der Tagundnachtgleiche beide Zeiträume identisch lang sein. Aber ist das auch wirklich so?
In Deutschland und auf der gesamten Nordhalbkugel beginnt heute am späten Abend der Frühling - zumindest wenn es nach den Astronomen geht. Der Kalendertag, an dem die Sonne über den Äquator wandert, wird auch Tagundnachtgleiche genannt - Tag und Nacht sollen exakt gleich lang sein.
Aber ist das auch wirklich so? Um kurz vor 22:30 Uhr steht die Sonne für einen Moment genau senkrecht über dem Äquator. "Das Gleiche passiert auch zu Herbstbeginn", erklärt Astronom Uwe Wolter von der Sternwarte Hamburg. "An diesen beiden Zeitpunkten im Jahr, den Äquinoktien, überquert die Sonne genau auf dem Äquator den Zenit." Tag und Nacht sind dann überall auf der Welt etwa gleich lang - mit Ausnahme der beiden Pole.
Das kann man sich auch von dem Fachbegriff Äquinoktium aus dem Lateinischen ableiten: aequus bedeutet "gleich", nox heißt "Nacht". In der Theorie sollten Tag und Nacht zum Frühlingsbeginn also exakt zwölf Stunden lang sein. "Der Tag ist zu den Äquinoktien aber in Wirklichkeit überall auf der Welt ein bisschen länger als die Nacht", sagt Astronom Wolter.
Sonne wird "ein Stück nach oben gehoben"
Weil die Äquinoktien ohne Einbezug der Erdatmosphäre berechnet würden, fehle mit der Luft eine wichtige Komponente. "Das Sonnenlicht wird in der Atmosphäre gebrochen und die Sonne in der Nähe des Horizonts ein Stück nach oben gehoben", erklärt der Astronom.
Praktisch bedeutet das: Auf der Erde sehen die Menschen die Sonne am Morgen bereits am Himmel, obwohl sie noch unterhalb des Horizonts liegt. Am Abend scheint sie noch, obwohl sie eigentlich bereits hinter dem Horizont verschwunden ist. "Die Tageslänge würde zu den Äquinoktien ohne Atmosphäre fast sekundengenau zwölf Stunden betragen", sagt Wolter. "Aber wir wollen unsere Tageslänge natürlich unter Einbeziehung der Luft betrachten."
Helle Teil des Tages ein paar Minuten länger
Daneben gibt es noch einen weiteren Effekt: Bei den Berechnungen zur Tagundnachtgleiche bezieht man sich auf den Mittelpunkt der Sonne. "Aber der Mittelpunkt der Sonne erreicht den Horizont natürlich nicht genau zum Sonnenaufgang oder zum Sonnenuntergang", erklärt Wolter. Sieht man sich einen Sonnenaufgang an, erscheint zunächst der obere Rand der Sonne. Und auch beim Sonnenuntergang ist der oberste Rand der Sonne noch für einige Minuten länger sichtbar.
Blickt man auf die Zeiten für Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge, lässt sich das Ganze nachvollziehen. In Hamburg etwa ging die Sonne heute um 6:23 Uhr auf, um 18:32 Uhr geht sie wieder unter. In München begann der Tag um 6:17 Uhr, dunkel wird es um 18:25 Uhr. Und in Köln, wo es um 6:35 Uhr hell wurde, beginnt die Nacht um 18:44 Uhr. Der helle Teil des Tages ist also jeweils ein paar Minuten länger.