Studie zu Arbeitssucht "Man ist kognitiv immer bei der Arbeit"
Sie arbeiten exzessiv und können in der Freizeit kaum abschalten: Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind einer Studie zufolge arbeitssüchtig. Die möglichen langfristigen Folgen sind vielfältig.
Großer Workload, später Feierabend - und selbst der nur mit schlechtem Gewissen. Arbeitssucht ist ein Problem für die eigene Gesundheit - und betrifft in Deutschland mittlerweile ein Zehntel der Erwerbstätigen. Zu diesem Ergebnis kam gerade eine gemeinsame Studie von Forscherinnen und Forschern des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig.
Beatrice van Berk, Mitautorin der Studie, verweist auf den Unterschied zwischen Arbeitssucht und dem sogenannten work engagement: Während das Verhalten von Arbeitssüchtigen exzessiv und zwanghaft sei, sie häufig ein schlechtes Gewissen hätten und sich in ihrer Freizeit nicht von der Arbeit trennen könnten, empfänden Arbeitsengagierte Leidenschaft und hätten Spaß.
Folgen: Müdigkeit, Erschöpfung - Burnout
Anzeichen für eine Arbeitssucht sei etwa die Unfähigkeit, abends oder im Urlaub abschalten zu können, weil man kognitiv noch immer bei der Arbeit sei, so van Berk. "Das ist ein Indiz dafür, dass man vielleicht ein Problem damit hat, sich von seiner Arbeit zu lösen. Und dieses Problem hängt mit gesundheitlichen Beschwerden zusammen."
So litten suchthaft Arbeitende deutlich häufiger als andere unter körperlichen oder psychosomatischen Beschwerden - etwa Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und körperlicher Erschöpfung. "Und das ist sehr problematisch, weil wir wissen aus anderen Studien, dass körperliche und emotionale Erschöpfung mit Burnout und Depressionen zusammenhängen", so van Berk.
Führungskräfte besonders betroffen
Besonders häufig betroffen sind der Studie zufolge Führungskräfte. Sie seien zu 12,4 Prozent arbeitssüchtig, andere Erwerbstätige nur zu 8,7 Prozent. Dabei sei suchthaftes Arbeiten "umso stärker ausgeprägt, je höher die Führungsebene ist".
Auch Erwerbstätige in Landwirtschaft und Gartenbau haben demnach ein höheres Risiko für suchthaftes Arbeiten, "weil in der Landwirtschaft Arbeit und Leben ja nicht so stark getrennt sind wie in anderen Berufsbereichen", so van Berk. "Und da mal den Kopf freizukriegen und nicht daran zu denken, dass es Tieren und Pflanzen gut geht und man einen guten Ertrag aus seiner Arbeit hat, ist vielleicht noch mal schwieriger als in anderen Berufsbereichen."
Laut Wissenschaftlerin van Berk ist bei dem Thema vor allem Prävention geboten: "Insbesondere in Bezug aufs exzessive Arbeiten sind Betriebskulturen wichtig, wo es in Ordnung ist, alle Urlaubstage zu nehmen, wo es in Ordnung ist, ab einer bestimmten Uhrzeit mal nicht mehr auf Emails zu antworten und wo es auch in Ordnung ist, sich mal einen Tag krankzumelden, wenn man krank ist, wenn man sich schlecht fühlt und wenn man Regenerationszeit braucht." Das sei nicht überall gegeben und das fördere suchthaftes Arbeiten.