Vereinte Nationen Weltweite Klimapläne reichen nicht aus
Die überarbeiteten nationalen Klimapläne vieler Ländern reichen nach UN-Angaben nicht aus, um den Klimawandel bedeutend zu verlangsamen. Die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre hat 2020 einen neuen Höchststand erreicht.
Vor der Klimakonferenz in Glasgow (COP26) reichen die Pläne zur Reduzierung von Treibhausgasen einem UN-Bericht zufolge noch lange nicht aus. Zwar hätten zahlreiche Länder ihre Pläne seit einem Bericht im September erneuert oder aufgebessert, der Trend gehe aber nach wie vor in die gleiche Richtung, sagte die Chefin des UN-Klimasekretariats Patricia Espinosa. "Wir sind noch nicht einmal in der Nähe, wo die Wissenschaft sagt, dass wir sein sollten", so Espinosa.
Zusammengenommen ergäben die vorgelegten Pläne aller 192 Teilnehmerstaaten bis 2030 einen Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen um etwa 16 Prozent im Vergleich zu 2010. Damit sei Experten zufolge ein globaler Temperaturanstieg um 2,7 Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts absehbar.
1,5-Grad-Ziel wackelt
In Paris hatten sich im Jahr 2015 mehr als 190 Staaten auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter zwei Grad - möglichst auf 1,5 Grad - zu begrenzen. Um das Ziel zu erreichen, müssten bis Ende dieses Jahrzehnts die Emissionen nach Angaben der Vereinten Nationen um 45 Prozent im Vergleich zu 2010 gesenkt werden.
Espinosa rief alle Teilnehmerstaaten auf, ihre Anstrengungen deutlich zu verstärken. "Die Temperatur-Ziele zu verfehlen, wird zu einer destabilisierten Welt und endlosem Leiden führen, besonders bei denjenigen, die am wenigsten zu den Treibhausgasemissionen in der Erdatmosphäre beigetragen haben", sagte sie.
Mehr Treibhausgas als je zuvor
Einem Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zufolge hat die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre im vergangenen Jahr gar neue Höchstwerte erreicht. Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr sei noch höher ausgefallen als die durchschnittliche Zunahme in den vergangenen zehn Jahren, hieß es. Die Erreichung der Klimaschutzziele des Pariser Abkommens sei angesichts dieser Entwicklung erheblich gefährdet, hieß es.
Die Corona-Pandemie hat dem WMO-Bericht zufolge keinen bedeutenden Emissionsrückgang zur Folge. Der Wirtschaftsabschwung durch die Krise habe lediglich vorübergehend die Neuemissionen reduziert, aber "keine erkennbaren Auswirkungen" auf die Menge und die Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre gehabt.
Bei der derzeitigen Geschwindigkeit des Anstiegs der Treibhausgaskonzentrationen werde der Temperaturanstieg am Ende des Jahrhunderts deutlich über den im Pariser Abkommen festgelegten Zielen liegen, erklärte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. "Wir sind noch weit vom Ziel entfernt."
WMO-Chef warnt: "Müssen Lebensweise überdenken"
"Viele Länder setzen sich jetzt Ziele für die Kohlenstoffneutralität, und es ist zu hoffen, dass die Verpflichtungen auf der COP26 drastisch zunehmen werden", erklärte Taalas mit Blick auf die Weltklimakonferenz in Glasgow. "Wir müssen die Industrie, den Energiesektor, den Verkehr und unsere gesamte Lebensweise neu überdenken."
Die Weltklimakonferenz gilt nun als entscheidend für die Festlegung internationaler Emissionsziele zur Verlangsamung der Erderwärmung. "Die notwendigen Umstellungen sind wirtschaftlich erschwinglich und technisch machbar", erklärte Taalas. "Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Industrieländer verfehlen Klima-Finanzierungsziel
Auch werden die Industriestaaten ihr Finanzziel zur Unterstützung ärmerer Länder im Kampf gegen den Klimawandel nach eigenen Angaben erst drei Jahre später erreichen als geplant. Das Versprechen sieht von 2020 bis 2025 pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar (86 Milliarden Euro) vor, die von reichen an ärmere Länder fließen sollen. "Wir werden noch nicht 2022 an diesem Ziel sein. Aber 2023 werden wir dieses Ziel erreichen oder sogar übersteigen", sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth bei einer Online-Pressekonferenz. Hintergrund des Ziels ist, dass ärmere Länder, die selbst am wenigsten zum menschengemachten Klimawandel beitragen, am stärksten davon betroffen sind.
Man sei zuversichtlich, der Summe von 100 Milliarden US-Dollar aus privaten und öffentlichen Quellen 2022 nahe zu kommen und sie 2023 erstmals zu erreichen, wie Vertreter von Deutschland, Kanada und Großbritannien gemeinsam mitteilten. In den beiden Jahren danach soll die Summe Prognosen zufolge über der Schwelle liegen und bis zu 117 Milliarden US-Dollar erreichen.