Gelbbandkrankheit in Thailand Korallensterben im Taucherparadies
Immer mehr Korallen in Thailand weisen eine ungewöhnliche gelbe Verfärbung auf. Doch was wie ein schönes Farbspiel wirkt, ist eine der gefährlichsten Korallenkrankheiten der Welt. Und die Wissenschaft kennt kein Heilmittel.
Die Meereswissenschaftlerin Lalita Putchim taucht über ein Korallenriff. Einige Korallen haben eine gelbe Farbe. Sie macht Fotos, misst die Größe der Verfärbung mit einem Zollstock. Denn die Korallen sind infiziert - sie haben die Gelbbandkrankheit. Den meisten falle die Krankheit oft gar nicht auf. "Viele kennen das Problem der Korallenbleiche, aber eine gelbe Verfärbung halten die meisten einfach für die gelbe Farbe der Koralle."
Putchim untersucht regelmäßig die Korallen und vermisst, wie weit sich die Krankheit ausgebreitet hat.
Alle infizierten Korallen sterben
Putchim hat die verfärbten Korallen erstmals auf einem Routinetauchgang im Dezember 2021 gesichtet. Wie ein gelbes Band wandert die Infektion über das Korallengewebe, was ihr den Namen Yellow Band Disease, auf Deutsch Gelbbandkrankheit, verleiht. "Wir haben herausgefunden, dass alle Korallen, die sich infizieren, sterben", sagt Sarawut Siriwong, Dekan der Fakultät für maritime Technologien an der Burapha Universität in Thailand.
Die Gelbbandkrankheit zählt zu den sechs gefährlichsten Korallenkrankheiten weltweit. Mögliche Ursachen: steigende Meerestemperaturen im Zuge des Klimawandels, Überfischung und die Verschmutzung der Meere. Laut Siriwong zeigt sich die Erwärmung der Meere auch an der zunehmenden Häufigkeit von Korallenerkrankungen. Während die Korallenbleiche früher nur alle vier bis fünf Jahre auftrat, entdeckt man sie in Thailand nun bis zu zweimal jährlich. Der Experte hat aber auch Hoffnung: "Auf der anderen Seite glauben wir an die Fähigkeit der Korallen, sich dem anzupassen."
Verursacher sind Bakterien
Erreger der Infektion sind sogenannte Vibrio-Bakterien, die auch bei Menschen Krankheiten auslösen können. Vibrio-Bakterien, oft Vibrionen genannt, kommen weltweit in Süß- und Salzwasser vor. Es gibt mehr als hundert verschiedene Arten. Besonders bekannt ist das "Vibrio cholerae", das Bakterium, das die Durchfallerkrankung Cholera auslöst. Einmal mit den Vibrio-Bakterien infiziert, haben Korallen keinerlei Chance zu überleben. Die Infektion führt zur Verringerung ihrer Fruchtbarkeit und zum Absterben ihres Gewebes.
Weltweites Auftreten
Seit knapp drei Jahrzehnten ist Forschenden die Gelbbandkrankheit bekannt. Erstmals wurde in den 1990er-Jahren über infizierte Korallen in der Karibik berichtet. Die dort ansässige, hochansteckende Variante heißt Caribbean Yellow Band Disease und befällt riffbildende Korallenarten. In Thailand wurde die Gelbbandkrankheit zum ersten Mal in Chon Buri an der Küste des Golfs von Thailand festgestellt. Auch in Ländern wie Indonesien oder den Philippinen trat die Variante auf. Heute sind in Thailand 19 Riffe betroffen, 18 Riffe in Chon Buri sowie ein Riff in der Provinz Surat Thani.
Dekan Siriwong warnt allerdings vor Panik: "Weniger als fünf Prozent der Korallenriffe im Golf von Thailand sind von Korallenkrankheiten betroffen. Es ist aktuell also nur ein sehr kleines Problem." Trotz des noch kleinen Ausmaßes wird intensiv an der Gelbbandkrankheit geforscht. Denn Infektionskrankheiten zählen zu den Hauptursachen für den weltweiten Rückgang der Korallenbestände.
Auch der Klimawandel spielt eine Rolle
Korallen sind weltweit aber aufgrund unterschiedlichster Faktoren gefährdet. Deutlich wird das am Beispiel der Karibik: Dort sind seit den 1970er-Jahren die Hälfte aller riffbildenden Korallen gestorben. Korallen sind empfindliche Lebewesen. Sie können Stress empfinden und sind dann anfälliger für Krankheiten. Durch steigende Meerestemperaturen zum Beispiel, die durch die globale Erwärmung ausgelöst werden.
Neben dem Hitzestress gibt es auch weitere nicht-biologische Stressfaktoren wie ultraviolette Strahlung, Sedimente oder Schadstoffe. Aber auch biologische Einflüsse wie Bakterien, Pilze oder Viren lösen Krankheiten aus. Leidet die Koralle erst mal unter Stress, ist sie für andere Stressfaktoren und infektiöse Krankheiten anfällig. Dadurch könnten Korallenkrankheiten signifikant zum Verschwinden verbleibender Riffhabitate im nächsten Jahrzehnt beitragen.
Hoffnung auf Heilung?
Bis heute wurde noch kein Heilmittel gegen die Gelbbandkrankheit gefunden, obwohl sie seit über 30 Jahren bekannt ist. "Wir verstehen den Mechanismus der Verbindungen, die Kontaktaufnahme der Krankheit, noch nicht", erklärt Siriwong, der Spezialist ist für Korallenriffökologie und Meeresbiologie.
Die Bakterien der in Thailand entdeckten Variante haben zwar eine hohe genomische Ähnlichkeit zu den Bakterien in der Karibik, die Ausbruchsrate ist aber unterschiedlich: Während die Forschenden in Florida von nicht mehr als drei Zentimetern Wachstum pro Monat ausgingen, seien es in Thailand je nach Korallenart zwischen ein bis zehn Zentimetern im Monat, so Putchim.
Eine betroffene Koralle kann eine ganze Kolonie infizieren.
Forschung zu Prävention
Doch jeder Ausbruch bietet eine Chance auf neue Erkenntnisse. Auch in Thailand versuchen die Forschenden, Korallen mit verschiedenen Genotypen zu vermischen und dies in den Riffen zu erproben.
Im Jahr 2022 veröffentlichte Forschungsergebnisse zeigen, dass das Mixen von Genotypen die Krankheitsresistenz der Koralle "Acropora cervicornis", auch Kleinpolypige Steinkoralle genannt, fördern kann. Diese Korallenart wird häufig eingesetzt, um Riffe wiederherzustellen. So könnte den Korallen zumindest präventiv geholfen werden.
"Bitte nicht stören"
Da keine Heilungsmöglichkeiten bekannt sind, setzen die Wissenschaftler vor Ort auf das Schonen der Korallenriffe. Das Entfernen der Infektion wäre zu aufwendig und würde zu viel beschädigen. Denn die betroffenen Korallen sind zum Teil zwei bis drei Meter groß. Behörden und Universitäten arbeiten stattdessen daran, Besucher und Einheimische für das Thema zu sensibilisieren. "Wenn jeder die Krankheiten erkennt und wir früh in Kenntnis gesetzt werden, können wir damit umgehen", erklärt Putchim.
Dabei spielt auch Social Media eine wichtige Rolle. So nutzen die Helfer soziale Netzwerke, um infizierte Riffe zu beobachten und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Problem zu lenken. Laut Siriwong ist das wirksamste Mittel, die Korallenriffe möglichst zu schonen: "Geh hin und genieße es, sie einfach nur anzusehen. Aber was immer du tust, versuche, die Korallenriffe nicht weiter zu stören."