Fleischersatz Gut für Klima und Gesundheit?
Besonders für das Klima sind pflanzliche Alternativen zu Milch und Fleisch sinnvoll, so eine neue Studie. Gesund können sie dabei möglicherweise auch sein, sagen Forschende. Wenn man auf die Zusammensetzung achtet.
Lini Wollenberg wertet pflanzliche Alternativen als einen wichtigen Weg aus der Klimakrise. "Ich glaube, die meisten Menschen sind sich immer noch nicht bewusst, dass ein Drittel unserer weltweiten Emissionen durch Lebensmittel verursacht wird und dass unsere Lebensmittelauswahl direkte Auswirkungen auf das Klima hat", sagt sie. Gerade die Viehzucht sei dabei extrem klimaschädlich, insbesondere die Rinderhaltung.
Wollenberg ist Ernährungs- und Klimawissenschaftlerin der Non-Profit-Forschungsorganisation Alliance Biodiversity & CIAT und der Universität von Vermont. Und eine der Autorinnen und Autoren einer neuen Studie, die in der Zeitschrift "Nature Communications" (engl.) erschienen ist und untersucht hat, wie viel klimafreundlicher pflanzliche Alternativen sind.
Rund ein Drittel weniger Treibhausgase
Laut der Studie wäre der Effekt auf das Klima erheblich. Denn würden Menschen überall auf der Welt die Hälfte aller tierischen Produkte durch pflanzliche Alternativen ersetzen, könnten 31 Prozent der durch die Landwirtschaft produzierten Treibhausgase eingespart werden.
Weltweit könnten 31 Millionen Menschen weniger an Unterernährung leiden. Würden die Flächen, die dann nicht mehr für Viehzucht benötigt werden, wieder aufgeforstet, könnte das den Nutzen fürs Klima sogar verdoppeln, so die Studie. Verbunden mit anderen, positiven Effekten für die Ökosysteme und die Artenvielfalt. "Es zeigt, welche Wirkung man erzielen kann, wenn man eine solche Größenordnung erreicht", sagt Wollenberg.
Erwartung geringer
Derzeit sei Fleisch auf pflanzlicher Basis noch eine Neuheit und würde vor allem von Jugendlichen und in städtischen Gebieten konsumiert. "Man sieht, dass die Auswirkungen auf den Boden, die biologische Vielfalt und das Klima sowie auf das Wasser außerordentlich groß sind", so Wollenberg.
Dabei erwarten die Autorinnen und Autoren der Studie gar nicht, dass die Menschen die Hälfte der tierischen Produkte durch Ersatzprodukte austauschen werden. Sie gehen eher von 20 bis 25 Prozent aus. Ähnlich hoch ist derzeit in den USA und Europa der Anteil an pflanzlichen Milchalternativen. Je höher aber der tatsächliche Anteil an pflanzlichen Ersatzprodukten, umso höher auch die Auswirkungen auf das Klima.
Fleischersatzfirma an Studie beteiligt
Beim Blick auf die Studie ist zu bedenken, dass einige der Forschenden bei der Firma Impossible Foods angestellt sind. Die stellt in großem Stil Fleisch- und Milchersatzprodukte her. Die Firma soll allerdings lediglich Rezepturen für mögliche pflanzliche Alternativen bereitgestellt haben. Die Modelle zur Berechnung der Szenarien stammen vom International Institute for Applied Systems Analysis in Österreich, das in einer Pressemitteilung seine Unabhängigkeit betont.
Tuba Esatbeyoglu ist Ernährungswissenschaftlerin an der Leibniz-Universität Hannover und war nicht an der Studie beteiligt. Sie hält die Beteiligung von Impossible Foods auch für unproblematisch. Dafür gäbe es bei Fachzeitschriften den wissenschaftlichen Begutachtungsprozess. "Es ist ja nicht das erste Unternehmen, das bei wissenschaftlichen Publikationen mitwirkt", sagt sie. Die Artikel würden vor der Veröffentlichung von unabhängigen Forschenden geprüft. "Und deswegen würde ich da keine Bedenken haben. Da wird auf jeden Fall draufgeschaut", so Esatbeyoglu.
Ersatzprodukte könnten eventuell gesund sein
Unabhängig von dem genauen Einsparpotenzial kann eine Umstellung auf vegane Ersatzprodukte große Mengen Treibhausgase einsparen, das war auch schon aus vorherigen Studien bekannt. Neben der Klima- und Umweltfreundlichkeit und den Vorteilen fürs Tierwohl können solche Ersatzprodukte aber auch sehr gesund sein, so Esatbeyoglu. Viele haben einen hohen Proteinanteil. Höher, als wenn die unverarbeiteten Pflanzen gegessen würden. Dazu - anders als tierische Produkte - wenig Cholesterin und viele Ballaststoffe.
Allerdings hängt auch viel von der genauen Zusammensetzung der einzelnen Produkte ab. Basieren die Produkte zum Beispiel auf Rapsöl oder Olivenöl sei das gesünder, als wenn sie Kokosfett als Basis hätten. Denn Kokosfett hat mehr gesättigte Fettsäuren als Rapsöl, das reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist.
Teilweise ultrahoch verarbeitet
Zum Teil werden die Lebensmittel auch stark verarbeitet, also ultrahoch prozessiert. Stellenweise müssen sie stark erhitzt werden und verlieren dabei einen Teil ihres Nährstoffgehalts. Das ist nötig, um die fleischähnliche Textur nachzuahmen. Dabei kommen teilweise auch Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel oder Konservierungsstoffe zum Einsatz.
Wie stark verarbeitet die Produkte wirklich sind, variiert dabei aber sehr. Denn bei Kuhmilch und Fleisch gibt es Vorgaben oder natürliche Gegebenheiten, so dass sich die Zusammensetzung zwischen einzelnen Marken und Produkten stark ähnelt. Bei den Alternativen gibt es dort aber zum Teil enorme Unterschiede. Zudem ist noch nicht einmal definiert, was genau ein Ersatzprodukt ist.
Mit gesünderen Rezepturen und aufgrund ihrer guten Klima- und Umweltbilanz könnten Fleisch- und Milchprodukte auf pflanzlicher Basis in Zukunft aber einen Teil zur nachhaltigeren Lebensmittelproduktion beitragen.