Mückenplage Was vor juckenden Stichen schützt
Dieses Jahr gibt es in Deutschland besonders viele Mücken. Warum das so ist und wie man sich vor juckenden Stichen schützen kann.
Mückensprays sind im Dauereinsatz, Biergärten bleiben leer und Mückenbekämpfer kommen nicht mehr hinterher. In diesem Sommer sind besonders in Süddeutschland außergewöhnlich viele Stechmücken unterwegs.
- Wieso gibt es dieses Jahr so viele Mücken?
- Warum werden manche Menschen besonders oft gestochen?
- Was hält Mücken fern?
- Worauf sollte man beim Kauf von Mückenschutzsprays achten?
- Welche vermeintliche Mückenschutz-Mittel helfen nicht?
- Was tun nach einem Stich?
- Warum jucken Mückenstiche überhaupt?
- Was muss man bei Kriebelmücken besonders beachten?
- Können Mücken hierzulande Krankheiten übertragen?
Wieso gibt es dieses Jahr so viele Mücken?
Für Mücken ist das derzeitige feucht-milde Wetter ideal. Mückenweibchen legen ihre Eier in Pfützen, Regentonnen, überschwemmten Wiesen und anderen stehenden Gewässern ab. Wegen des vergleichsweise warmen und nassen Frühjahrs begann die Mückensaison deshalb früher als sonst.
Der Arzt und Virologe Jonas Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg forscht zu Krankheitserregern, die von Mücken übertragen werden. Er ergänzt: "Die Starkregenereignisse der letzten Wochen - wir hatten ja auch die Überschwemmungsereignisse - die haben dazu geführt, dass eben die Überschwemmungsmücke massenhaft schlüpfen konnte. Gerade in Fluss und Seenähe - dort, wo auch stehende Wasserflächen entstehen. Und alleine, dass da Millionen von Tieren geschlüpft sind, führt eben zu einer starken Belastung."
Warum werden manche Menschen besonders oft gestochen?
Mücken werden von verschiedenen Ausdünstungen unseres Körpers angezogen: von Atemluft und von Schweiß. Je nach Zusammensetzung gibt es Unterschiede, wie attraktiv man auf die Tiere wirkt.
"Früher war es so, dass man zum Beispiel wochenlang die Socken nicht gewechselt hat und das als Stechmücken-Anlockstoff in den Stechmückenfallen verwendet hat. Heutzutage hat man natürlich industriell hergestellte Lockstoffe, aber früher hat man sich so geholfen und das zeigt schon, was eben Stechmücken auch anzieht", erzählt Schmidt-Chanasit. Eine gute Körperhygiene helfe: "Wir raten schon dazu, sich gerade im Sommer regelmäßig zu duschen."
Wer besonders verlockend riecht, lasse sich aber nicht verallgemeinern. Der Wissenschaftler betont, es komme auch auf die Mückenart an: "Mücke ist nicht gleich Mücke. Wir haben über 50 verschiedene Stechmückenarten in Deutschland."
In Deutschland gibt es etwa 50 verschiedene Arten von Stechmücken. Weil die Wetterbedingungen für sie günstig sind, gibt es gerade besonders viele.
Was hält Mücken fern?
Neben einer guten Körperhygiene kann man Mücken auch mechanisch fernhalten - zum Beispiel, indem man Fenster vergittert oder lange Kleidung trägt.
Diese könne man auch mit Insektiziden behandeln, sodass Stechmücken bei Kontakt sterben, sagt Schmidt-Chanasit: "Es gibt spezifische Sprays, die man auch kaufen kann in der Apotheke - die man entweder auf die Kleidung aufsprüht oder es gibt bestimmte Waschmittel, mit denen man dann quasi die Kleidung auch waschen kann."
Wer es weniger tödlich mag, kann auf klassische Mückensprays zurückgreifen, die man auf die Haut sprüht. "Das vernebelt den Stechmücken die Sinne, damit sie einen nicht mehr so finden."
Außerdem empfiehlt der Forscher sogenannte Biozidverdampfer, die Insektenschutzmittel in der Luft verteilen. Auch Räucherspiralen, die Insektizide abgeben, seien nachweislich wirksam. Allerdings sollte man solche Methoden nur im Freien oder bei guter Durchlüftung verwenden.
Für die Regentonne empfiehlt Schmidt-Chanasit Culinex-Tabletten. Diese enthalten Teile von Bakterien, die spezifisch gegen Mückenlarven wirken: "Dann können dort keine Stechmücken mehr brüten und das für mehrere Wochen. Also die sind sehr effektiv, und das ist letztendlich eine grüne, nachhaltige Methode, um Stechmücken im Umfeld des Hauses fernzuhalten." Die Tabletten gibt es beispielsweise in Gartencentern.
Worauf sollte man beim Kauf von Mückenschutzsprays achten?
Schmidt-Chanasit führt am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg Tests von Mückenschutzmitteln durch. Nachweislich wirksam seien Mittel mit DEET, Icaridin und Citriodiol - eine pflanzliche Alternative. Orientieren können sich Kundinnen und Kunden auch an entsprechenden Gütesiegeln, die Tropeninstitute vergeben.
Außerdem empfiehlt der Forscher, solche Sprays nicht im Ausland, sondern schon in Deutschland zu kaufen: "Bitte hier vor Ort mit den entsprechenden Repellentien eindecken, weil wir hier die Sicherheit haben, dass das überprüft ist." Ausländische Mittel enthielten keine wirksameren Stoffe - unter Umstände aber eine höhere Konzentration, die zum einen nicht sinnvoll sei und zu stärkeren Hautreaktionen führen könne.
Wer in die Tropen reist, sollte sich vorher von einem Reisemediziner beraten lassen.
Mücken saugen nicht nur Blut, sondern können auch Krankheiten übertragen.
Welche vermeintliche Mückenschutz-Mittel helfen nicht?
Ätherische Öle schützen laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest von 2017 kaum. Schmidt-Chanasit erläutert: "Es gibt ganz viele Öle, die vereinzelt schon für einen gewissen Zeitraum mal hilfreich sein können. Aber nicht alle, weil einfach die Formulierung nicht standardisiert sind und in den Produkten durchaus unterschiedliche Konzentrationen vorhanden sein können. Das ist ja gerade bei pflanzlichen Stoffen nicht so einfach."
Hausmittel wie Zitronenmelisse, Tomaten- oder Basilikumpflanzen vertreiben Mücken in der Regel ebenso nicht. Auch für Ultraschallgeräte, die Mücken akustisch vertreiben sollen, gibt es keine nachgewiesene Wirksamkeit.
Was tun nach einem Stich?
Knut Schäkel ist der leitende Oberarzt der Hautklinik an der Uni-Klinik Heidelberg. Er sagt, es sei vor allem wichtig, nicht am Stich zu kratzen: "Die Fingernägel, das ist alles nicht steril. Dann bringen wir die ganzen Bakterien auch in die Haut ein und dann kann es dazu kommen, dass es neben der lokalen Entzündung durch den Mückenstich auch noch zusätzlich zu einer Infektion kommt, lokal, die sich ausbreiten kann." Um das zu verhindern, könne es auch helfen, die Stelle zu desinfizieren.
Um den Juckreiz zu lindern, empfiehlt Schäkel, Mückenstiche zu kühlen. Das reduziere den Blutfluss und könne auch Schwellungen reduzieren. Außerdem hilfreich seien Hitzestifte, die man auf den Stich drückt und dann kurz heiß werden. Wie sie genau wirken, ist noch nicht genau geklärt. In Tests schneiden sie aber gut ab.
Auch Hausmittel wie Zwiebeln, Apfelessig oder der eigene Speichel können etwas Linderung schaffen. Sie wirken antibakteriell.
Bei größeren Schwellungen rät der Hautarzt zu Antihistaminika. Diese kann man als Gel auftragen oder als Tabletten nehmen. Laut Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest ist die therapeutische Wirksamkeit solcher Gele nicht ausreichend nachgewiesen. Sie dringen nach deren Einschätzung nicht schnell und tief genug in die Haut ein. Dass Gele bei Juckreiz trotzdem gut tun können, liege daran, dass sie auf der Haut verdunsten und dabei kühlen. Antihistaminika zum Einnehmen sind zum Beispiel Cetirizin und Loratadin.
Sollte die gestochene Person Fieber bekommen, sollte sie "immer sofort zum Arzt", sagt Virologe Schmidt-Chanasit. "Dann kann es eben auch erforderlich sein, dass ein Antibiotikum verschrieben werden muss, weil es zu einer bakteriellen Infektion gekommen ist."
Warum jucken Mückenstiche überhaupt?
Dass Stiche jucken, liegt am Speichel der Mücken. "Sie saugen Blut und setzen dabei Botenstoffe aus dem Speichel frei", erklärt Hautarzt Schäkel. "Dazu gehören Dinge, die die Gefäße erweitern, sodass sie besser saugen können, dass sie besser ans Blut kommen und dazu gehört auch Histamin." Und dieser Stoff führe bei uns Menschen zu Juckreiz und zu einer Quaddel. Deswegen helfen Antihistaminika gegen das Jucken.
Was muss man bei Kriebelmücken besonders beachten?
Das Besondere an Kriebelmücken: Sie kommen eher an fließenden Gewässern vor. Außerdem stechen sie nicht, sondern beißen - und trinken dann das Blut aus der Wunde. Das kann zu besonders großen und langanhaltenden Schwellungen führen. Auch Blutergüsse und eitrige Bläschen sind möglich. Wer mehrfach gebissen wurde, leidet eventuell sogar unter Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Übelkeit.
Der Biss einer Kriebelmücke kann besonders schmerzhaft sein.
Grundsätzlich schützen herkömmliche Mückenschutzmittel auch vor Kriebelmücken. "Es gibt jetzt keine anderen Maßnahmen, die man da ergreifen könnte, außer dass man sich versucht, vom Kriebelmücken-Habitat eher fernzuhalten.", sagt Schmidt-Chanasit.
Zur Behandlung großer Schwellungen empfielt Dermatologe Schäkel neben Antihistaminika auch Kortisonsalben, die man auf die Wunde auftragen kann: "Das ist dann 0,5% Hydrocortison, die gibt es so in der Apotheke. Und die stärkeren müsste man sich verschreiben lassen."
Können Mücken hierzulande Krankheiten übertragen?
Dass Mücken Krankheitserreger übertragen, ist in Deutschland bisher sehr selten. Seit den 1950er-Jahren gilt die Malaria hierzulande als ausgerottet. "Die Malaria-Mücke ist auch eine einheimische Art, aber heutzutage spielt die Malaria keine Rolle und wird auch keine große Rolle mehr spielen in Deutschland.", sagt Virologe Schmidt-Chanasit.
Das ursprünglich tropische West-Nil-Virus dagegen breitet sich wegen steigender Temperaturen seit ein paar Jahren aus. Es hat sich insbesondere in Ostdeutschland etabliert und bereits zu einem Todesfall geführt. Eine Impfung dagegen gibt es nicht. "Es gibt viele Impfstoffkandidaten, also es ist theoretisch natürlich möglich, einen Impfstoff zu entwickeln. Aber das wird sicherlich noch einige Jahre in Anspruch nehmen."
Währenddessen rechnet Schmidt-Chanasit damit, dass auch andere durch Mücken übertragbare Viren in Deutschland ankommen werden: "Wir gehen davon aus, dass jetzt in der Zukunft auf jeden Fall auch das Dengue-Virus, Chikungunya-Virus oder Zika-Virus bei uns übertragen wird." Das liege an der Ausbreitung der Tigermücke durch Globalisierung und Klimaerwärmung.
Zu großen, explosionsartigen Ausbrüchen werde es in Deutschland aber nicht kommen. Durch den Wechsel der Jahreszeiten sei das Übertragungsfenster für solche Viren hier vergleichsweise kurz. "Insofern sprechen wir von wenigen Einzelfällen oder kleineren Clustern, so wie wir es jetzt auch beim West-Nil-Virus gesehen haben."
Etwas anders könnte es künftig im süd-europäischen Ausland aussehen, wo schon mehr tropische Viren angekommen sind: "Beim Chikungunya-Virus gab es schon - in Anführungszeichen - größere Ausbrüche mit Hunderten von Infektionen in Italien 2007 und 2017."