Medizinjahr 2024 Diese klinischen Studien werden wichtig
Neue Stammzelltherapie gegen Parkinson oder Künstliche Intelligenz in der Medizin - ein Überblick über die klinischen Studien, die in diesem Jahr bedeutend werden können.
Das erste zugelassene Medikament mit der Genschere CRISPR/Cas, die Diätspritzen zur Behandlung von Übergewicht oder neue Ansätze bei der Alzheimer-Therapie: Das Wissenschaftsjahr 2023 hatte viele Highlights. Welche Innovationen sind für 2024 zu erwarten? Das Fachmagazin Nature hat klinische Studien zusammengestellt, die 2024 wichtig werden.
Neue Stammzellentherapie für Parkinson-Erkrankte
Eine neue Stammzellentherapie könnte künftig die Behandlung der Parkinson-Krankheit verbessern. Dabei werden aus menschlichen Stammzellen Neuronen, also Nervenzellen, gezüchtet und dann in das Gehirn von Parkinson-Patienten transplantiert. Die transplantierten Nervenzellen sollen abgestorbene Zellen ersetzen und sind für die Produktion des Glückshormon Dopamin verantwortlich. Die Stammzellen stammen aus einem menschlichen Embryo und werden danach im Labor 16 Tage gezüchtet, bis Nervenzellen in einem sehr frühen Reifestadium entstehen.
Eine solche Stammzelltherapie wird derzeit erstmals bei der Behandlung von Parkinson getestet, um die richtige Dosis und mögliche Nebenwirkungen zu untersuchen. Die Probanden und Probandinnen der Studie sind nur mittelschwer erkrankt und dürften von dem neuen Ansatz besonders profitieren.
Bis Ende 2024 rechnet die beteiligte Universität Lund in Schweden zumindest mit vorläufigen Ergebnissen und hofft nach jahrelanger Forschung auf einen Durchbruch.
Neuer Ansatz für einen Impfstoff gegen HIV
Auch die Suche nach einem HIV- Impfstoff beschäftigt die Fachwelt schon lange: Seit 40 Jahren wird erfolglos nach einem Vakzin gegen HIV gesucht. Das liegt vor allem am Virus, das sich im Körper gut verstecken kann und sich hier ständig verändert. Bisher erzeugte Antikörper konnten eine Infektion nicht verhindern.
Ein neuer Vektorimpfstoff soll deshalb vor allem bestimmte T- Zellen des Immunsystems aktivieren. Ein abgeschwächtes Herpesvirus ist mit Teilen des HI-Virus ausgestattet und soll im besten Fall eine starke Immunantwort auslösen. Wie vielversprechend der Ansatz wirklich ist, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Der Impfstoff des US-Unternehmens Vir Biotechnology wird gerade in einer Phase-I-Studie getestet. Die Ergebnisse werden Ende 2024 erwartet. In weiteren Studien sollen Freiwillige über zehn Jahre beobachtet werden.
Trotz fehlenden Impfstoffs kann eine HIV-Infektion mittlerweile gut behandelt werden. Bei rechtzeitigem Behandlungsbeginn haben Patienten eine normale Lebenserwartung. Die Medikamente müssen allerdings ein Leben lang eingenommen werden - auch geht die weltweite Suche nach einem Impfstoff gegen HIV weiter.
Künstliche Intelligenz in der Notaufnahme
Ein weltweiter KI-Hype geht gerade durch fast alle Bereiche der Medizin. Doch wo kann KI wirklich unterstützen? Zum Beispiel in der Notaufnahme, meint ein niederländisches Forschungsteam. Ihr Plan: Künstliche Intelligenz soll in Notaufnahmen helfen, die Patienten und Patientinnen besser einschätzen zu können. Die KI berechnet für jeden Patienten das individuelle Sterberisiko und ist dabei wohl besser als Fachärzte - zumindest nach vorläufigen Daten. Die finalen Ergebnisse werden 2024 erwartet.
Es ist natürlich schwer vorherzusagen, wie Ärzte reagieren, wenn sie von einem KI-Modell hinterfragt werden, heißt es von den Studienautoren und sind dabei realistisch: Ärzte würden durch das KI-Modell zwar oft nicht ihre Meinung ändern, aber sie werden bei der Beurteilung von Notfallpatienten und -patientinnen vorsichtiger.
KI soll die Lungenkrebs-Diagnose beschleunigen
Künstliche Intelligenz soll in Zukunft auch bei der Diagnose helfen. Ein KI-Modell soll Lungenkrebs schon in Röntgenbildern frühzeitig erkennen. Das KI-Modell ist inzwischen so gut, dass es die Bilder der Lunge komplett selbstständig scannen kann. Das spart Ressourcen.
Der Arzt kann die Diagnose dann direkt mit einer teureren Computertomographie-Aufnahme absichern. Das ist billiger, der Arzt braucht weniger Zeit, und die Patienten und Patientinnen warten insgesamt deutlich kürzer auf ihre Diagnose. In einer Vorgängerstudie verkürzte sich die Zeit zur Diagnose von 63 auf 32 Tage.
Gerade bei Lungenkrebs zählt fast jeder Tag, eine frühe Diagnose ist besonders wichtig. Derzeit läuft in sechs britischen Krankenhäusern eine Studie mit 150.000 Patienten und Patientinnen. Das Forschungsteam der Universität Nottingham rechnet Ende 2024 mit Ergebnissen und hofft, dass KI in Zukunft die Lungenkrebs-Diagnose beschleunigen und verbessern kann.
Immuntherapie bei schwarzem Hautkrebs
Auch die Immuntherapie im Kampf gegen Krebs soll sich weiter verbessern. Viele Krebsarten können mittlerweile besser behandelt werden - vor allem durch neue Immuntherapien. Doch leider ist der Erfolg nicht immer von Dauer. Beispiel Schwarzer Hautkrebs: Mit einem Antikörper kann das Immunsystem gezielt stimuliert werden, zumindest mit kurzfristigem Erfolg. Doch wenige Jahre nach der Behandlung kehrt der Krebs bei vielen Patienten und Patientinnen zurück.
Aktuell wird gerade der Einsatz von zwei verschiedenen Antikörpern für eine neue Kombi-Therapie getestet. Statt nur eines Antikörpers werden für die Therapie mit Ipilimumab und Nivolumab zwei Antikörper eingesetzt. Derzeit läuft unter der Leitung des niederländischen Krebsinstituts die wichtige Phase-III-Studie zur neuen Kombi-Therapie. 2024 werden erste Ergebnisse erwartet. Das beteiligte Forschungsteam hofft, dass sich die Überlebensrate nach der Behandlung verbessert. Es sind oft kleine Fortschritte, die die Krebsbehandlung vor allem effizienter machen.
Neue Hoffnung im Kampf gegen Malaria
Effizienter und wirksamer soll auch die zweite zugelassene Impfung gegen Malaria sein: Nach 100 Jahren erfolgloser Impfstoffforschung gibt es seit 2023 zwei Impfstoffe gegen Malaria - ein erster Erfolg, mehr aber noch nicht. Der erste Malaria-Impfstoff Mosquirix verhindert nur 55 Prozent der schweren Erkrankungen, nach vier Jahren liegt die Wirksamkeit nur noch bei 30 Prozent. Die Zahlen für den zweiten Malaria- Impfstoff R21 scheinen besser zu sein. Durch bestimmte Nanopartikel soll das Immunsystem stärker aktiviert werden, und der Impfstoff soll länger wirken. Aber stimmt das?
Im Jahr 2024 soll eine neue Analyse zeigen, ob der neuere Malaria-Impfstoff länger und tatsächlich besser vor einer Infektion schützt. In einer aktuellen Phase-III-Studie wird der Malaria-Impfstoff gerade bei 48.000 Babys und Kleinkindern getestet. Sie erhalten nach zwölf Monaten eine Auffrischungsimpfung, die den Impfschutz langfristig verbessern soll. Erste Ergebnisse sind bereits auf einem Preprint-Server veröffentlicht worden.
Diese medizinischen Fortschritte werden für 2024 erwartet
Und natürlich warten noch viele Überraschungen in der Medizin: Neue mRNA-Impfstoffe werden weiter erprobt, die Genschere CRISPR/Cas wird für weitere Krankheiten getestet. Google arbeitet an einer neuen Version des KI-Tools AlphaFold. Die KI soll in Zukunft Wechselwirkungen zwischen Proteinen vorhersagen können. Das könnte die Entwicklung von neuen Medikamenten deutlich vereinfachen. Auch ein neuer KI-Supercomputer könnte ab 2024 die Medizin verändern. Forschungsteams möchten den Computer nutzen, um hochauflösende Simulationen des menschlichen Herzens oder des Gehirns zu erstellen.