Eingefärbte Mikroskopaufnahme von menschlichen Krebszellen

Krebsforschung Neue Therapien für unheilbare Tumore

Stand: 17.02.2023 15:26 Uhr

Viele Tumore sind noch immer unheilbar. Auf einem Kongress diskutieren Forschende neue Strategien zum Eliminieren von Tumorzellen. Im Fokus: Immuntherapien und Proteinkiller.

Von Barbara Petermann, HR

Eine Krebsdiagnose ist für viele Betroffene nach wie vor ein Todesurteil. In Kassel haben daher 250 Medizinerinnen und Biomediziner über neue Therapien für unheilbare Tumore beraten. Dazu gehören zum Beispiel Bauchspeicheldrüsentumore oder bösartige Hirntumore, die heute noch nicht gut zu behandeln sind.

Immuntherapien im Fokus

Laut Martin Eilers vom Biozentrum der Universität Würzburg, Vorsitzender des Kongresses, stehen dabei unter anderem Immuntherapien im Fokus. Denn diese würden bei vielen Tumoren sehr gut anschlagen: "Dabei wird zur Tumorbekämpfung das körpereigene Immunsystem aktiviert. Besonders bei Tumoren des blutbildenden Systems wie Leukämie oder Lymphomen funktioniert das schon sehr gut. Dagegen werden sogenannte Checkpoint-Hemmer eingesetzt."

Checkpoint-Hemmer sind künstliche Antikörper, die ganz gezielt eine Barriere durchbrechen, die die Krebszellen gegen das Immunsystem aufgebaut haben. So können Immunzellen die Tumorzellen wieder angreifen und beseitigen.

Wie funktioniert ein Immuncheckpoint?

Rezeptoren auf den Abwehrzellen im Blut können die Immunantwort dämpfen oder verstärken. Sie können so körpereigene Zellen vor dem Angriff des Immunsystems schützen. Krebszellen machen sich diesen Schutz zu Nutze, um sich ungestört vermehren zu können.

Molekulares Versteckspiel beenden

Es gibt aber Tumore und Metastasen, die sich im Körper vor dem Immunsystem verstecken. Da greifen solche Immuntherapien nicht. Dieses molekulare Versteckspiel wollen die Forschenden besser verstehen, um dann Wege zu finden, die Tumore für das Immunsystem wieder sichtbar zu machen.

Tumorzellen werden aufgefressen

Eine weitere Spur, die die Forschenden verfolgen, sind neue vielversprechende Wirkstoffe, mit einer ganz besonderen Funktion, sogenannte PROTACs: "Dabei geht es nicht um Hemmung oder darum, die Funktion zu beeinflussen. Es geht wirklich um Auffressen", erklärt Eilers. Diese Proteinkiller sind als neue Wunderwaffe gegen Krebs in der klinischen Erprobung.

Sie funktionieren so: Tumorerkrankungen werden von veränderten Eiweißmolekülen angetrieben. Alle bisherigen Medikamente versuchen, diese Eiweißmoleküle zu hemmen. Die PROTACs wirken gut bei Prostata- oder Brustkrebs. Sie markieren die schädlichen Eiweiße und die Zelle bekommt das Signal, sie zu zerstören. Eilers hofft, dass man besonders bei Kindheitstumoren wie Neuroblastomen, die für bisherige Medikamente nicht angreifbar sind, mit diesen PROTACs weiterkommt.

Auch Immuntherapien mit sogenannten CAR-T-Zellen werden auf dem Kongress diskutiert. Das sind Zellen des Patienten, die gentechnisch verändert werden, um Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören. Das Besondere: Sie vermehren sich im Körper der Kranken und bleiben dort auch nach dem Verschwinden der Tumorzellen. Tritt der Tumor wieder auf, können sie nochmal aktiv werden.

Noch Jahre bis zur Marktreife von Medikamenten

Auf dem AEK-Kongress werden viele neue Medikamentenklassen vorgestellt und diskutiert. Von individualisierten Impfstrategien über die verschiedenen Immuntherapien bis zu den Proteinkillern.

Die neuen Ansätze der Grundlagenforschung machen viel Hoffnung. Trotzdem brauchen die Wirkstoffe noch viele Jahre, bis sie als Medikamente auf den Markt kommen können.