Fragen und Antworten Was tun bei Behandlungsfehlern?
Egal ob Hüft-OP, Unterarm-Bruch, Krebs-Diagnose oder Zahnbehandlung: Immer wieder kommt es zu Behandlungsfehlern- 2132 Fälle gab es allein im Jahr 2015. Das geht aus einer Statistik hervor, die die Bundesärztekammer vorgestellt hat. Peter Mücke mit Fragen und Antworten zum Thema.
Wie viele Behandlungsfehler gibt es?
Jedes Jahr werden mehr als 20.000 Fälle bei Schlichtungsstellen und Krankenkassen gemeldet. Die Bundesregierung spricht vorsichtig von 40.000 bis 170.000 Behandlungsfehlern im Jahr. Laut AOK-Behandlungsreport 2014 unterlaufen Ärzten und medizinischem Personal rund 188.000 Fehler jährlich, an denen 18.800 Menschen sterben. Patientenschutzorganisationen gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Viele Fälle würden vertuscht. Patienten trauten sich häufig nicht, den Arzt und seine Behandlung in Frage zu stellen.
Was sind das für Fälle?
Spektakuläre Fälle, wie das falsche Bein, das amputiert wird, oder das vergessene OP-Besteck im Bauch, sind eher selten. Viel häufiger sind falsche Diagnosen oder Therapien, etwa, wenn eine Krebserkrankung nicht oder zu spät erkannt, eine Schulterverletzung falsch behandelt oder ein Medikament verordnet wird, das für Komplikationen sorgt. In diesen Bereichen, sagen Experten, ist auch die Dunkelziffer sehr hoch.
Wo treten besonders viele Behandlungsfehler auf?
Zwei Drittel der registrierten Fehler passieren im Krankenhaus, die meisten davon bei chirurgischen Eingriffen am Knie- und am Hüftgelenk. Diese Operationen gehören jedoch auch zu den häufigsten in Deutschland. Auch bei der Behandlung von Brüchen im Unterschenkel, im Sprunggelenk und im Unterarm gibt es überdurchschnittlich viele Behandlungsfehler.
Im ambulanten Bereich, also in der Arztpraxis, stehen falsche Diagnosen bei Brustkrebs ganz oben. Aber auch in der Zahnmedizin sind Behandlungsfehler häufiger als anderswo.
Was sind die Gründe?
Bei rund 1,3 Milliarden Arztbesuchen im Jahr und mehr als 52 Millionen Behandlungen im Krankenhaus sind Fehler nicht ausgeschlossen. Experten verweisen aber auch auf die Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern. 24-Stunden-Dienste, 60-Stunden-Wochen für Ärzte und der Personalmangel in Pflege führten zwangsläufig zu einer höheren Fehlerquote.
Welche Vorkehrungen und Kontrollmechanismen gibt es?
In den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Fehlerkultur in den deutschen Krankenhäusern einiges getan. In mehr als jeder zweiten Klinik gibt es inzwischen anonyme Meldesysteme, damit sich Fehler nicht wiederholen. Auch OP-Checklisten oder die Kennzeichnung von Operationsgebieten werden häufiger angewandt als früher.
Die Krankenkassen wollen darüber hinaus ein Zentralregister für Behandlungsfehler einrichten. Patientenschützer fordern, die Beweispflicht umzukehren. Bisher muss der Patient - außer in wenigen gravierenden Fällen - dem Arzt nachweisen, dass er einen Fehler gemacht hat, was schwierig sein kann.
Was kann der Patient tun?
Wer den Verdacht hat, bei der Behandlung könnte etwas schiefgegangen sein, der sollte sich eine Kopie der Patientenakte aushändigen lassen. Das Recht dazu hat er. Dann gleich den Rechtsweg zu suchen empfiehlt sich wegen der hohen Kosten nicht. Besser ist es, entweder seine Krankenkasse einzuschalten, die dann den Medizinischen Dienst mit einem Gutachten beauftragt. Das haben zuletzt rund 15.000 Patienten im Jahr gemacht. Bei gut einem Viertel der Fälle hat sich der Verdacht eines Behandlungsfehlers bestätigt.
Die andere Möglichkeit: Der Patient kann sich an die Gutachter-Kommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern wenden.
In beiden Fällen erkennt in der Regel die Versicherung des Arztes das Gutachten an und zahlt, wenn ein Fehler vorliegt, ein Schmerzensgeld.