Eine schlafende Frau, neben ihr liegt ein Mobiltelefon im Bett

Schlafgesundheit Wie Rauschen unseren Schlaf beeinflusst

Stand: 24.03.2024 08:18 Uhr

Fast die Hälfte aller Deutschen schläft schlecht. Das ist problematisch, denn Schlafstörungen können Auslöser für gesundheitliche Probleme sein. Doch ein Trend verspricht Besserung: Rauschen zum Einschlafen.

Von Emily Burkhart, SWR

Weißes, pinkes und braunes Rauschen haben in den letzten Jahren einen regelrechten Höhenflug in den sozialen Medien, bei Lifestyle-Influencern oder auch in Eltern-Ratgebern erlebt. Es kursieren verschiedenste Versprechen im Zusammenhang mit diesen Geräuschen. Sie sollen Tinnitus-Beschwerden lindern, die kognitive Leistungsfähigkeit steigern und sogar den Schlaf verbessern. Doch ist da etwas dran?

Dass Lärm nicht nur störend, sondern auch wohltuend sein kann, erscheint zunächst paradox. Das meint auch Schlafforscher Mathias Basner. "Als ich gehört habe, wie viele Leute sich so eine Geräuschquelle in das Schlafzimmer stellen, habe ich gesagt: Das macht doch keinen Sinn." Basner forscht speziell zu den Auswirkungen von Geräuschen und Lärm auf den Schlaf. Dabei hat er sich auch schon mit dem Rauschen auseinandergesetzt.

Was sind weißes, pinkes und braunes Rauschen?

Die Rauschtöne sind verschiedene Arten von Geräuschen, welche durch die Mischung unterschiedlicher Frequenzen entstehen. Jede dieser "Farben" repräsentiert eine spezifische Verteilung der Frequenzenergie im für den Menschen hörbaren Spektrum. Dieses reicht von 20 Hertz bis 20.000 Hertz. Das Ergebnis: Die drei Rauschspektren hören sich für den Menschen jeweils unterschiedlich an.

Weißes Rauschen ist für unser Gehör vergleichbar mit dem gleichmäßigen Rauschen eines Ventilators oder dem Geräusch, wenn bei einem Radio kein Sender eingestellt ist. Sein spezifischer Klang entsteht dadurch, dass es alle für den Menschen hörbaren Tonfrequenzen umfasst. Beim weißen Rauschen werden verschiedenste Töne aus dem gesamten hörbaren Spektrum in gleicher Lautstärke abgespielt. Daraus resultiert ein recht harsches Rauschen.

Beim rosa Rauschen sind die Töne etwas gedämpfter als beim weißen Rauschen. Dadurch ähnelt dieses Rauschen leichtem Regenfall oder dem Rascheln von Laubblättern. Rosa Rauschen enthält ebenfalls alle Frequenzen, die dem menschlichen Gehör zugänglich sind. Die niedrigen Frequenzen werden jedoch lauter abgespielt, was zu einem weicheren und ausgewogeneren Klang führt. Durch diesen gleichmäßigeren Klang wird es oft als angenehmer wahrgenommen.

Braunes Rauschen, auch als "Red Noise" oder "Brownian Noise" bekannt, verdankt seinen Namen nicht der Farbe Braun, sondern dem Wissenschaftler Robert Brown, der 1827 die unregelmäßige Wärmebewegung kleiner Teilchen entdeckte - die Brownsche Bewegung. Die Bezeichnung braunes Rauschen ist trotz dessen weit verbreitet, da auch andere Arten von Rauschen mit Farben bezeichnet werden.

Akustisch ähnelt braunes Rauschen einem Wasserfall oder starkem Regen, der auf ein Dach prasselt. Es wird vom menschlichen Gehör als das tiefste der drei Farbgeräusche wahrgenommen. Diese Tiefe entsteht durch die Verstärkung des Effekts, der bereits beim rosa Rauschen wirkt. Braunes Rauschen umfasst ebenfalls alle hörbaren Frequenzen, wobei die tiefen Frequenzen jedoch lauter und die hohen Frequenzen leiser abgespielt werden.

Warum soll das Rauschen den Schlaf verbessern?

Schlafforscher Basner verdeutlicht, dass es viele Theorien gibt, weshalb diese Geräusche dem Menschen beim Ein- und Durchschlafen helfen sollen.

Theorie 1: Das Rauschen überdeckt andere Geräusche

Der Theorie nach kann das Rauschen als Maskierungsgeräusch wirken. Basner erklärt, "dass man dadurch, dass man ein kontinuierliches Hintergrundgeräusch hat, einzelne Geräusche, zum Beispiel einen Lkw, der am Schlafzimmer vorbeifährt, gar nicht mehr hört." Der Schlafforscher vermutet, dass dies durchaus funktionieren kann.

Theorie 2: Das Rauschen formt Gewohnheiten

Nach dieser Theorie kann es eine konditionierende Wirkung haben, regelmäßig mit Rauschen auf den Ohren einzuschlafen. "Das geht dann auch in Richtung Schlafritual. Das heißt, wenn man ins Bett geht und das Rauschen einschaltet, ist das letzten Endes ein Signal für den Körper, dass es Zeit ist zu schlafen", so Basner. Um einen solchen Gewöhnungseffekt zu erreichen, muss man jedoch nicht zwingend ein Rauschen verwenden - jeden Abend einen Tee zu trinken tut es dann auch.

Theorie 3: Das Rauschen selbst lässt uns schlafen

Schließlich wird noch vermutet, dass weißes, pinkes und braunes Rauschen selbst schlaffördernd wirken. Das heißt: Man nimmt an, dass diese Breitbandgeräusche aufgrund der darin enthaltenen Frequenzen eine beruhigende Wirkung auf unser Gehirn haben. Doch daran zweifelt Schlafforscher Basner.

So wirkungsvoll ist das Rauschen

Die tatsächliche Wirkung des "Farb-Rauschens" ist umstritten. Einige Studien weisen eine Verbesserung des Schlafes nach, andere warnen vor negativen Folgen. Wissenschaftler Basner und sein Team haben insgesamt etwa 35 Studien zum Thema Rauschen für den Schlaf ausgewertet. "Nach dieser Literaturarbeit mussten wir letzten Endes schließen: Man kann eigentlich im Moment nicht sagen, ob es funktioniert, ob es nicht funktioniert, oder ob es vielleicht sogar schlecht ist."

Das Ergebnis ist also: Die Studienlage ist noch zu dünn. Einerseits wird das Rauschen an zu wenigen Menschen untersucht. Andererseits sind die Methoden noch zu ungenau.

Wissenschaftler raten zu Vorsicht

Besonders wer weißes, pinkes oder braunes Rauschen zum Schlafen benutzt, sollte aufpassen. Denn das Gehör muss sich genauso wie das Gehirn auch von seinen Anstrengungen erholen. "Hören ist ein aktiver Prozess, wo Stoffwechselprodukte anfallen, die langfristig auch das Gehör schädigen können. Eigentlich der beste Zeitraum für das Gehör diese Stoffwechselprodukte abzubauen und sozusagen aufzuräumen ist die Nacht", so Basner.

Der Schlafforscher legt daher nahe, eine Lautstärke zu finden, die für einen persönlich angenehm, aber nicht belastend ist. Hierbei gibt es keine empfohlene Lautstärke, einige Studien empfehlen jedoch für Kleinkinder eine Lautstärke von etwa 40 Dezibel. Zusätzlich empfiehlt Basner, einen Timer zu verwenden, der das Rauschen nach einer gewissen Zeit ausschaltet. So kann man den gewünschten positiven Effekt zum Einschlafen nutzen, vermeidet aber mögliche negative Konsequenzen.

Wer das Rauschen ausprobieren möchte, findet sowohl auf YouTube als auch auf einschlägigen Musik-Streamingdiensten wie Spotify Videos und Playlists mit den Titeln "White Noise", "Pink Noise" und "Brown Noise". Am Ende braucht es laut Schlafforscher Basner jedoch noch mehr Forschung, um herauszufinden, ob die Geräusche insgesamt gut oder schlecht sind.

Emily Burkhart, SWR, tagesschau, 24.03.2024 08:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. März 2024 um 05:00 Uhr.