Gedächtnisbildung Mit Rosenduft besser lernen
Wer mit Rosenduft lernt und auch nachts den Duft einatmet, kann besser lernen. Das hat ein Freiburger Forschungsteam in einem Experiment beobachtet. Warum aber lernt das Gehirn zusammen mit Düften besser?
Was gelangt in den menschlichen Langzeitspeicher und was nicht? Das Gehirn muss ständig filtern, Entscheidungen treffen. "Hier kommt der Duft ins Spiel", sagt Neurobiologe Jürgen Kornmeier vom Freiburger Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene.
In der im Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlichten Studie mussten die Studienteilnehmenden japanische Vokabeln lernen. Wer zusammen mit Rosenduft gelernt und auch nachts den Geruch eingeatmet hatte, war beim späteren Vokabeltest besser. Alle 165 Testpersonen erhielten Duft-Umschläge und lernten drei Tage lang insgesamt 40 Vokabeln. Nur die Hälfte der Studienteilnehmenden bekam tatsächlich Rosenduft. Bei der anderen Hälfte steckten nur Papierschnipsel im Umschlag. Der Vergleich zwischen beiden Gruppen zeigt: Wer mit dem Rosenduft gelernt hatte, konnte sich beim Vokabeltest im Schnitt an 8,5 Prozent mehr Vokabeln erinnern.
Warum das Gehirn mit Düften besser lernt
"Wenn wir etwas lernen, geht es auch immer um den Kontext", sagt Kornmeier dem SWR. Dabei können Düfte eine Rolle spielen. Die Vokabeln werden beim Lernen mit dem Geruch verknüpft. Dadurch soll das Gehirn das Gelernte besser abspeichern und beim Test auch abrufen können. Deswegen durften auch die Studienteilnehmenden beim späteren Vokabeltest den Rosenduft riechen. So soll das Gehirn die mit dem Duft verknüpften Informationen, in dem Fall die Vokabeln, schneller abrufen können.
Dass Düfte das Gehirn besonders stark aktivieren, haben Hirnscans und frühere Experimente mit Ratten gezeigt. Vor allem der Hippocampus im Gehirn, der Vermittler zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis, wird durch Düfte aktiviert. Gleichzeitig aufgenommene Informationen gelangen dann tiefer ins Langzeitgedächtnis, so die Theorie.
Duft im Schlaf verbessert Abspeichern
Was das Gehirn genau abspeichert, entscheidet sich auch im Schlaf. Frühere Experimente im Schlaflabor haben gezeigt, dass das Gehirn in der Tiefschlafphase zumindest einen Teil des Gelernten nachts neu ordnet und entscheidet, welche Informationen ins Langzeitgedächtnis wandern. Mit dem Duft sollen die Lerninhalte vom Tag also reaktiviert werden, wenn das Gehirn das Erlebte und Gelernte rekapituliert. "Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Lerninhalte im Konsolidierungsprozess mitgenommen werden", sagt Kornmeier.
Vor allem in der Tiefschlafphase findet das Abspeichern statt. Hat das Gehirn dann schon tagsüber Informationen mit dem gleichen Duft verknüpft, kann nachts schon allein der Duft beim Abspeichern ins Langzeitgedächtnis helfen, so die These. Demnach werden die gleichen Nervenzellen aktiviert, die schon im wachen Zustand beim Lernen gefeuert haben.
Alltagstauglicher Duft-Effekt
Bisher haben frühere Studien den Duft-Effekt nur im Schlaflabor beobachtet. Nur in der Tiefschlafphase ist der Duft präsentiert worden - aus Sorge, dass der Duft in den Traumphasen stören könnte. "Wir können den Duft aber die ganze Nacht präsentieren und er funktioniert trotzdem", sagt Neurobiologe Kornmeier. Damit sei der Duft-Effekt in dieser Form zum ersten Mal nicht nur im Labor, sondern zuhause beobachtet worden.
Das macht die Anwendung alltagstauglicher. Denn in der Freiburger Feldstudie haben die Testpersonen zuhause gelernt, nicht wie sonst häufig bei solchen Tests in einem künstlichen Setting, also in Räumen des Forschungsteams.
Duft hilft, das Lernmaximum zu erreichen
Klar ist: Der Duft kann nur unterstützen. Auf das eigentliche Lernen kann niemand verzichten. Aber der Duft hilft in Sachen Effizienz: So wirkt er vor allem dann, wenn nur wenig Zeit zum Lernen bleibt, vermutet Kornmeier: "Dann kann es sein, dass der Duft wie eine Art Booster wirkt". Düfte könnten helfen, das eigene Lernmaximum schneller zu erreichen.
Vor dem Vergessen schützt der Duft-Einsatz aber wahrscheinlich nicht. Nur beim ersten Vokabeltest einen Tag direkt nach der Lernphase konnte der Duft-Effekt eindeutig beobachtet werden. Schon eine Woche oder auch einen Monat später schwächte sich der Effekt deutlich ab. Die Testergebnisse der Duft-Gruppe waren nicht mehr signifikant besser als die der anderen.
Sie sind nicht nur das Symbol der Liebe, sondern können auch beim Lernen helfen: Rosen.
Wahrscheinlich hilft nicht nur Rosenduft
Warum eigentlich Rosenduft? Die meisten Studien haben mögliche Lerneffekte mit Rosenduft untersucht. "Das ist aber nur Zufall und liegt an der Ursprungsstudie", sagt Kornmeier. Die erste Studie zum Thema hatte mit Rosenduft experimentiert. Um die eigenen Ergebnisse mit dieser ersten Studie besser vergleichen zu können, haben auch die Folgestudien Rosenduft eingesetzt. "Aber ich bin der festen Überzeugung, dass andere Düfte auch funktionieren. Aber das muss natürlich gezeigt werden in zukünftigen Studien."
Der Duft von Lavendel, Orangen oder viele andere Gerüche könnten zumindest kurzfristig beim Lernen helfen. Noch sind die Forschungsteams aber erst dabei zu verstehen, wie das Gehirn Informationen im Gedächtnis abspeichert und nachts verarbeitet. Klar ist: Was gut riecht, könnte zumindest beim nächsten Vokabeltest oder bei der nächsten Prüfung helfen.