Angeblicher Forschungserfolg Synthetischer Embryo aus menschlicher Stammzelle?
Ein Forscherteam will aus einer menschlichen Stammzelle eine embryoähnliche Struktur erzeugt haben. Bislang gibt es dazu keine offizielle Publikation. Die Forschung könnte ethische und rechtliche Fragen aufwerfen.
Vorträge über embryoähnliche Strukturen aus menschlichen Zellen sorgen in der Wissenschaftsgemeinde für Aufsehen. Eine Gruppe um Magdalena Zernicka-Goetz will sogenannte synthetische Embryos aus jeweils einer einzelnen Stammzelle entwickelt haben. Diese sollen menschlichen Embryonen, die sich nach der Verschmelzung von Spermium und Eizelle bilden, sehr ähnlich sein.
Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse bislang nicht seriös einzuschätzen sind, da noch keine Studie mit nachvollziehbaren Daten vorliegt.
Zernicka-Goetz, die an der Universität Cambridge und am California Institute of Technology forscht, hatte das Verfahren zur Herstellung der synthetischen Embryos im vergangenen Jahr bereits für Mäuse vorgestellt. Von lebensfähigem Nachwuchs ist man aber - wenn es denn überhaupt möglich ist - noch sehr weit entfernt, da sich die synthetischen Embryos bislang nicht besonders lange entwickeln.
"Sehr ähnliche Zelltypen wie bei echten Embryonen"
Bei den menschlichen embryoähnlichen Strukturen gebe es noch keine Körperteile oder Organe, sagte Malte Spielmann, Direktor des Instituts für Humangenetik des Uniklinikums Schleswig-Holstein, der Nachrichtenagentur dpa. Allerdings seien Zellen identifizierbar, die die Grundstrukturen für spezifische Körperbestandteile bilden wie die Embryonalhülle oder den Vorläufer des Rückenmarkkanals.
Spielmann hatte vor einigen Tagen einen Vortrag gesehen, bei dem Zernicka-Goetz Ergebnisse zu synthetischen Embryonen vorstellte. Die Organismen sollen acht Tage alt gewesen sein. "Die Zellen zeigten sehr ähnliche Signalwege und Zelltypen wie bei echten menschlichen Embryonen", sagte Spielmann. "Soweit ich weiß, ist dies das erste Mal, dass jemand menschliche Embryonen mit diesem Ansatz erzeugt", sagte der Wissenschaftler. "Daher halte ich es für einen Durchbruch oder zumindest sehr neu."
Andere Forscher äußerten sich zurückhaltender. "Es könnte ein wichtiger Schritt in der Wissenschaft sein, aber wir müssen erst den vollständigen Datensatz begutachten, bevor wir ein Urteil fällen können", sagte Alfonso Martinez Arias von der Pompeu-Fabra-Universität in Barcelona.
Rechtliche und ethische Fragen
Die britische Zeitung "Guardian" berichtete von einem weiteren Vortrag der Forscherin, bei dem sie mehr als 14 Tage alte Strukturen vorgestellt haben soll. Sollten sich die Ergebnisse als belastbar herausstellen, könnten die synthetischen Strukturen nach Ansicht von Forschenden einen Einblick in die Auswirkungen genetischer Störungen und die biologischen Ursachen von Fehlgeburten oder Unfruchtbarkeit geben, heißt es in dem Bericht.
Allerdings wirft die vorgestellte Forschung auch ernste ethische und rechtliche Fragen auf. Im Labor gezüchtete Embryonen könnten in vielen Ländern nicht unter die geltenden Rechtsvorschriften fallen. So ist es in einigen Ländern zwar erlaubt, an echten menschlichen Embryonen zu forschen, aber nicht über den 14. Entwicklungstag hinaus.
In Deutschland hingegen darf laut Spielmann an ihnen gar nicht geforscht werden. Auch synthetische Embryonen dürfte man seiner Meinung nach hierzulande nicht verwenden.