Forschung im Südatlantik Der rätselhafte Ruf der Buckelwale
Buckelwale gehören zu den am besten erforschten Walarten. Umso verblüffter waren Forscher nun, als sie knapp 1000 Kilometer vor der Küste Südafrikas einen ganz neuen Laut der Tiere aufzeichneten: den sogenannten "Schuss".
Meerestaucher kennen ihn, weil man ihn kilometerweit hören kann: den Gesang der Buckelwale. Viele Töne haben Forscher schon vor Jahrzehnten aufgezeichnet. Aber jetzt haben Wissenschaftler einen ganz neuen entdeckt, den sogenannten "Schuss". Es handelt sich um einen sehr kurzen Laut, der an ein Klopfgeräusch erinnert.
Forscher einer südafrikanischen und einer britischen Universität sowie Wissenschaftler der Organisationen Sea Search und Greenpeace haben diesen Ton am Tiefseeberg Vema aufgezeichnet. Er liegt knapp 1000 Kilometer nordwestlich von Kapstadt entfernt im Atlantischen Ozean. Der Berg ist vom Meeresboden aus gesehen 4600 Meter hoch, und sein Gipfel liegt gut 25 Meter unter der Wasseroberfläche.
Kirsten Thompson von der britschen Universität Exeter war eine der Wissenschaftlerinnen, die das Projekt leiteten. "Wir beschlossen, die Hydrophone an der Spitze des Tiefseeberges anzubringen", berichtet sie. "So kann man Daten sammeln, während die Crew anderweitig beschäftigt ist. Wir haben die Unterwasser-Mikrofone fest verankert. Ich hätte nie gedacht, dass wir einen neuen Ton von Buckelwalen hören würden. Sie gehören zu den meisterforschten Walarten, deshalb ist das jetzt wirklich interessant."
Zusammenhang mit Fressverhalten denkbar
Der bisher unbekannte Ruf eines Buckelwals ist erstmals aufgezeichnet worden. Jack Fearey ist einer der Wissenschaftler von Sea Search, einer Organisation aus Kapstadt, die Meeressäugetiere erforscht. Er war bei der Expedition mit an Bord und versucht zu deuten, was der neue Ton in Walsprache heißen könnte:
Am ehesten können wir vermuten, dass es ähnlich ist wie ein Geräusch, das 2015 in Australien aufgezeichnet wurde. Man nennt es Bläschen. Waltöne haben oft komische Bezeichnungen wie Brummen, Klopfen, Kribbeln oder Trillern. Das Geräusch in Australien wurde mit dem Fressverhalten in Verbindung gebracht. Die Südkaper Glattwale haben ein impulsives Geräusch, das ähnlich klingt, das hört man in der Paarungszeit, wenn sie aggressiv sind. Es gibt also mehrere Möglichkeiten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich einig, dass noch viel mehr Forschung auf hoher See nötig ist, weil es auch abgesehen von den Walen noch viele Rätsel zu lösen gibt.
Tiefseeberge als Rastplatz für Wale
Diese Forschungsreise wurde von der Umweltschutzorganisation Greenpeace organisiert, die sich für ein Netzwerk an Schutzgebieten auf hoher See einsetzt.
Deren Expeditionsleiter, Thilo Maack aus Hamburg, hatte sich unter anderem erhofft, dass er belegen kann, wie artenreich das Leben an einem Tiefseeberg ist: "Dass das aber dabei rauskommt, was jetzt herausgekommen ist, dass nämlich diese Tiefseeberge für viele Walarten, unter anderem Buckelwale, so ein Rastplatz, ein Stopover, sind, auf diesen fast 10.000 Seemeilen weiten Migrationsrouten von der westafrikanischen Küste bis in die Antarktis, das war so nicht bekannt. Das ist ein bisschen wie eine schöne Raststätte auf einer Reise, wo man gerne mal ranfährt und Mittag isst. So ist offensichtlich Vema - beziehungsweise die Tiefseeberge allgemein - für Wale auf den Migrationsrouten."
Wale scheinen auf ihrem langen Weg ein ausgeklügeltes System zu haben, nicht nur, was ihre Orientierung oder ihre Rastplätze angeht, sondern auch ihre Kommunikation. Buckelwale können eben mehr als nur singen.