Die Homepage der Firma OpenAI präsentiert Chat GPT.

Zukunftsforschung So verändert KI die Arbeitswelt

Stand: 30.04.2023 08:07 Uhr

Künstliche Intelligenz verändert die Welt: Sie schreibt Referate, Werbetexte oder Programmcodes in Sekundenschnelle. Viele Menschen fürchten, KI könnte ihnen bald den Job wegnehmen. Ist das realistisch?

Die Künstliche Intelligenz hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht: ChatGPT und andere Anwendungen können in Sekundenschnelle Aufgaben erledigen, die wir mit dieser Effizienz und in dieser kurzen Zeit wohl nicht geschafft hätten. Werden in Zukunft viele Jobs wegfallen, weil Maschinen die Arbeit schneller erledigen können? Brauchen wir weiterhin Rechtsanwälte, Steuerfachangestellte, Journalisten, Automechaniker oder Metzger?

KI kann viele Arbeitsprozesse erleichtern

Im Interview mit dem SWR sieht der Ökonom Jens Südekum nicht die Gefahr einer drohenden Massenarbeitslosigkeit durch die weitere Verbreitung Künstlicher Intelligenz. Veränderungen werde es auf jeden Fall geben, denn die KI sei breit einsetzbar. Einige Berufsfelder seien tatsächlich durch Tätigkeiten geprägt, die durch Technologien ganz gut ersetzt werden können.

Zu diesen Tätigkeiten zählen nach Südekum "administrative Routinetätigkeiten, wie das Ausfüllen von Excel-Dateien, aber auch das Schreiben von Standardtexten, die sich immer stärker wiederholen, Recherchen und das Zusammenstellen von Informationen." Das seien alles Dinge, die KI in letzter Konsequenz effizienter erledigen könnte.

Aber das heiße nicht, so Südekum, dass die Menschen, die diese Tätigkeit momentan noch ausführen, deswegen arbeitslos werden. Eher, dass Beschäftigte künftig von lästigen Aufgaben entlastet werden und deshalb mehr Zeit für Tätigkeiten haben, die Menschen unverzichtbar machen.

Risiko-Index für bestimmte Berufsgruppen

Ein Team von Forschenden aus der Schweiz um den KI-Experten Dario Floreano hat untersucht, welche Berufe besonders durch die KI gefährdet sind. Maschinen besitzen heute schon Fingerfertigkeit und physische Stärke - aber überraschenderweise haben sie auch ein Problembewusstsein, denn sie erkennen, wenn etwas nicht nach Plan läuft.

Was den Apparaten fehlt, sind Originalität, Koordination oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Mit diesem Wissen haben die Forschenden für jeden Beruf einen Automatisierungs-Risiko-Index berechnet.

Beruf des Metzgers am stärksten gefährdet

Der Beruf des Metzgers hat demnach einen Automatisierungs-Risiko-Index von 78 Prozent. Das heißt: 78 Prozent der notwendigen Fähigkeiten bringen Roboter heute schon mit. Am anderen Ende des Spektrums sind Physiker. Ihr Risiko-Index liegt bei 43 Prozent. Maschinen beherrschen heute also schon fast die Hälfte der Fähigkeiten, die den mutmaßlich sichersten Beruf ausmachen.

Ingenieure, Chirurgen und Piloten relativ sicher

Jobs wie Ingenieure, Piloten, Fluglotsen und die meisten Ärzte-Berufe sind laut Risiko-Index sicher. Ausnahmen sind Fachärzte für Radiologie. Sie bewegen sich bereits im Mittelfeld, weil die KI Teile der Arbeit in der Diagnostik erledigen kann. Hier zeigt sich allerdings eine Schwäche der Studie: Die Datenbank listet 18 notwendige Fähigkeiten für Hausärzte auf - Einfühlungsvermögen ist nicht darunter.

Der Forscher Rafael Lalive sagt dazu im SWR, dass sie sich auf grundlegende körperliche und geistige Fähigkeiten konzentriert haben. Damit hätten sie nicht die komplette Realität des Berufes eingefangen, aber zumindest einen sehr großen Teil.

Models könnten Probleme bekommen

Im unteren Mittelfeld der Skala finden sich Barkeeper und persönliche Pflegekräfte. Nochmals deutlich unsicherer sind die Jobs von Kassierern, Tellerwäschern, Taxifahrern oder Models, die mittlerweile auch schon durch virtuelle Abbilder (Avatare) ersetzt werden können.

Forschende des Start-up-Unternehmens OpenAI (die Entwickler von Chat GPT) der University of Pennsylvania hingegen kommen teilweise zu anderen Prognosen als die Forschenden aus der Schweiz. Deren Studie zufolge sollten sich Menschen in diesen Berufen darauf einstellen, dass die KI zumindest einen Teil ihrer bisherigen Aufgaben übernehmen kann: Programmierer, Mathematiker, Buchhalter, Dolmetscher, Schriftsteller, Journalisten.

KI liefert auch halluzinierte, fehlerhafte Fakten

Obwohl die KI-Systeme derzeit bei ihren Antworten oft noch fehlerhafte Fakten "halluzinieren", liefern sie bei Aufgaben wie Übersetzung, Klassifizierung, kreativem Schreiben und Generierung von Computercodes auch jetzt schon beachtliche Ergebnisse. Gerade im Bereich des Journalismus sollte man allerdings die Tätigkeiten nicht komplett der KI überlassen, da sie kein Urteilsvermögen für Fakten hat.

Die US-Forscher gehen davon aus, dass die meisten Arbeitsplätze in irgendeiner Form durch die KI-Sprachmodelle verändert werden. Rund 80 Prozent der Arbeitnehmer in den USA seien in Berufen tätig, in denen mindestens eine Aufgabe durch generative KI schneller erledigt werden könne. Es gebe aber auch Berufe, in den die KI nur eine untergeordnete Rolle spielen wird. Dazu gehören zum Beispiel Köche, Kfz-Mechaniker und Jobs in der Forst- und Landwirtschaft.

KI entlastet von Alltagsaufgaben

Sogar Rechtsanwälte gehören nach Einschätzung Südekums zur Gruppe der gefährdeten Berufe, weil ein Teil dieser Tätigkeiten prinzipiell automatisierbar ist. "Heißt das jetzt, dass alle Rechtsanwälte arbeitslos werden? Nein, wahrscheinlich nicht. Das heißt aber, dass sich der Beruf wahrscheinlich ein bisschen wandeln könnte in Zukunft", so der Ökonom.

Wenn Rechtsanwälte die neuen technologischen Möglichkeiten clever nutzen, können sie sich nach Einschätzung von Südekum stärker auf wirklich kreative Dinge und die Zusammenarbeit mit den Mandanten konzentrieren. Dadurch könne am Ende etwas viel Besseres als Produkt herauskommen. Ähnliches gelte wohl auch für andere Berufsgruppen.

Viele Berufsfelder werden sich verändern

Der Ökonom weist darauf hin, dass ein Beruf typischerweise aus einem ganzen Bündel von Aufgaben zusammengesetzt sei. Davon seien einige gut ersetzbar, andere nicht. Wenn eine Technologie einen Teil der Aufgaben eines Berufs übernehme, könnten sich die Menschen auf den anderen Teil konzentrieren, der nicht so einfach automatisierbar sei. "Also alles, was in erster Linie mit menschlicher Interaktion zusammenhängt, mit Kommunikation, Kreativität, strategischer und längerfristiger Planung."

Dadurch steige im Prinzip auch die Produktivität in einem Job, weil man einfach ein viel besseres Gesamtpaket schnüren kann, zusammengesetzt aus Mensch und Maschine, so Südekum.

Wenn allerdings immer mehr Menschen Künstliche Intelligenz nutzen, könnte das zu einem echten Problem werden. Was bei der Diskussion nämlich nicht ausgeblendet werden sollte: Künstliche Intelligenz benötigt noch sehr viel Rechenleistung. Dafür sind riesige Serverparks mit Computern notwendig, die sehr viel Strom verbrauchen. So soll nach neuen Informationen der Betrieb von ChatGPT täglich Kosten von über 700.000 Dollar verursachen.


 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. April 2023 um 07:37 Uhr.