Alternative Therapie Bioidentische Hormone in den Wechseljahren
Viele Frauen wollen in den Wechseljahren keine "klassischen" Hormone nehmen. Sogenannte bioidentische Hormone versprechen, eine sanfte Alternative zu sein.
Um ihre Beschwerden während der Wechseljahre zu mildern, können Frauen auf Hormonpräparate zurückgreifen. 2002 hatten die Ergebnisse einer großen Studie im Auftrag des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums gezeigt, dass Hormonpräparate das Risiko für Brustkrebs, Schlaganfälle und andere Erkrankungen erhöhen könnten. Aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen entschieden sich anschließend sehr viel weniger Frauen für eine Hormontherapie.
Bioidentische Hormone sind nicht neu
Bei der Suche nach harmloseren Therapien stößt man schnell auf "bioidentische Hormone". Dabei handelt es sich um Hormone, deren Struktur den Hormonen entspricht, die der weibliche Körper selbst bildet, erklärt Anneliese Schwenkhagen, Gynäkologin im Vorstand der deutschen Menopause Gesellschaft.
Der Begriff "bioidentisch" klinge zunächst so, als sei diese Form der Therapie besonders harmlos, aber im Grunde seien diese Hormone auch in vielen herkömmlichen Therapien enthalten, sagt Schwenkhagen. Schon seit den 1960er Jahren werden bioidentische Hormone eingesetzt, um Beschwerden der Hormonumstellung während der Wechseljahre zu behandeln. Das können Symptome wie Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen, aber auch Schlafstörungen und Gelenkschmerzen sein.
Synthetische und tierische Hormone
Bei herkömmlichen Hormonersatztherapie können auch Hormone enthalten sein, die unser Körper in dieser Form nicht produziert, wie synthetische Progestine oder Pferdehormone. Welche Hormone bei solch einer Therapie bioidentisch sind und welche nicht, wird nicht besonders hervorgehoben.
Einige Ärzte und Ärztinnen bieten eine bioidentische Individualtherapie an. Dabei verschreiben sie Hormone in bestimmten Dosierungen und Kombinationen, die auf die jeweilige Patientin zugeschnitten sein sollen. Diese Mischungen sind nicht regulär verkäuflich, sondern werden in bestimmten Apotheken hergestellt. Im Vergleich zur konventionellen Hormontherapie versprechen die Behandler weniger Risiken und Nebenwirkungen.
Wissenschaftliche Belege dafür, dass individuelle Hormonmischungen aus der Apotheke besser wirken als andere Hormontherapien, gibt es nicht. Vertreter der bioidentischen Hormontherapie berufen sich stattdessen häufig auf Erfahrungswerte.
Viele Frauen in den Wechseljahren haben Beschwerden wie zum Beispiel Hitzewallungen und Herzklopfen.
Oft gleiche Grundstoffe wie bei herkömmlichen Therapien
Bei der Herstellung in der Apotheke werden die gleichen Grundstoffe wie in der Pharmaindustrie benutzt. "Deshalb ist klar, dass wir am Ende über die gleichen Risiken reden müssen. Wenn da irgendwo steht, die Hormontherapie hat keine Risiken, sollte man vorsichtig sein", betont Schwenkhagen.
Die speziell zusammengemischten bioidentischen Hormone kosten um die 50 Euro im Monat und werden - im Gegensatz zu einer herkömmlichen Hormonersatztherapie - nicht von der Krankenkasse bezahlt. Hinzu kommen die Kosten regelmäßiger Blut- oder Speicheltests, die solche Therapien voraussetzen.
Doch solche Tests können nicht nur unzuverlässig sein, sondern sind Gynäkologin Schwenkhagen zufolge bei den meisten Frauen überflüssig: "So macht man moderne Hormonersatztherapien normalerweise nicht. Wir schauen uns die konkreten Beschwerden der Frau an und versuchen, eine Dosis zu finden, die die Beschwerden behandelt und nicht irgendwelche Blutwerte erzielt." Eine Ausnahme seien junge Frauen, die vorzeitig in die Wechseljahre kommen. In dem Fall brauche man mehr Hormone und müsse die Hormonspiegel durchaus messen, um in einen Zielbereich zu kommen, erklärt die Ärztin.
Auch bei der individuellen Dosierung eines Hormons gebe es eine Ausnahme, so Schwenkhagen weiter: Bei Testosteron, das Frauen in den Wechseljahren bei sexueller Lustlosigkeit helfen könne. Weil in diesem Fall kein Präparat verfügbar sei, müsse das in einer Apotheke angefertigt werden.
Hormontherapie kann Wechseljahre erleichtern
Mittlerweile wurden die Ergebnisse der großen US-Studie von 2002 relativiert. Mit einer längeren Hormongabe geht zwar ein leicht erhöhtes Risiko für Brustkrebs oder auch Blutgerinnsel in den Beinen einher. Doch insgesamt habe die Hormontherapie in den Wechseljahren ein günstiges Verhältnis von Nutzen zu Risiko, erklärt Dr. Schwenkhagen.
Bei ihrem Gynäkologen oder ihrer Gynäkologin können sich Frauen auf ihre Beschwerden zugeschnitten beraten lassen und Sorgen bezüglich möglicher Risiken ansprechen. Dann kann die Hormonersatztherapie für viele Frauen in den Wechseljahren eine große Erleichterung sein. Eine teure Individualtherapie müsse das aber nicht sein, sagt Schwenkhagen.