Ein Mann aus Somalia arbeitet in einem Industrieunternehmen.

Bertelsmann-Studie Deutscher Arbeitsmarkt braucht mehr Zuwanderung

Stand: 26.11.2024 05:52 Uhr

Deutschland kann seinen Wohlstand einer Studie zufolge nur mit Zuwanderung erhalten. Ansonsten drohe dem Arbeitsmarkt ein massiver Einbruch. In den kommenden Jahren seien jährlich rund 288.000 Arbeitskräfte aus aller Welt nötig.

Der deutsche Arbeitsmarkt ist langfristig jedes Jahr auf Zuwanderer "in substanziellen Umfang" angewiesen - das ist das Fazit einer Analyse im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. "Um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken und den Wohlstand Deutschlands zu sichern, ist Zuwanderung von internationalen Arbeitskräften vor allem aus Drittstaaten von wachsender Bedeutung." Demnach sind bis 2040 jährlich rund 288.000 internationale Arbeitskräfte erforderlich, um ein ausreichendes Angebot zur Verfügung zu haben.

Der Studie zufolge wird die Zahl der Arbeitskräfte ohne zusätzliche Migrantinnen und Migranten bis 2040 von derzeit 46,4 Millionen auf 41,9 Millionen zurückgehen. Bis 2060 würde die Zahl der Arbeitskräfte ohne zusätzliche Einwanderer sogar um ein Viertel auf nur noch 35 Millionen zurückgehen.

Expertin: Arbeitsmarkt vor "große Herausforderungen"

"Der demographische Wandel, der mit dem Ausscheiden der Babyboomer in den kommenden Jahren den deutschen Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen stellt, erfordert auch Zuwanderung", sagte Migrationsexpertin Susanne Schultz von der Bertelsmann Stiftung. "Natürlich muss vorrangig das inländische Arbeitskräftepotenzial - sowohl von Einheimischen als auch von bereits Zugewanderten - entwickelt und die Arbeitsmarktbeteiligung erhöht werden." Aber der künftige Bedarf bis 2040 lasse sich allein damit nicht decken.

Das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz biete zwar neue Möglichkeiten für Arbeitskräfte, die sich für Deutschland interessierten. Diese würden aber ohne ausgeprägte Willkommenskultur in Behörden, Firmen und Kommunen sowie längerfristige Bleibeperspektiven nicht kommen, hieß es.

Bertelsmann Stiftung
Die Bertelsmann Stiftung wurde 1977 durch den Unternehmer Reinhard Mohn gegründet, den damaligen Chef des Medienkonzerns Bertelsmann. Nach Angaben des Konzerns halten Stiftungen, unter anderem die Bertelsmann Stiftung, heute etwas mehr als 80 Prozent der Aktien am Bertelsmann-Konzern, zu dem unter anderem die RTL Group, das Musikunternehmen BMG, die Verlagsgruppe Penguin Random House sowie Servicegeschäfte gehören.

Für ihre Studien sammelt und analysiert die Bertelsmann Stiftung Daten und gibt Handlungsempfehlungen an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger ab. Sie arbeitet operativ, das heißt sie unterstützt nicht die Arbeit Dritter, sondern investiert ausschließlich in selbst initiierte Projekte. Dabei dient sie nach eigenen Angaben dem Gemeinwohl und ist zu politischer Neutralität verpflichtet.

Regional unterschiedliche Auswirkungen

Die Bundesländer wären von ausbleibender Zuwanderung bis 2040 sehr unterschiedlich betroffen. Besonders stark wäre der Rückgang der Arbeitskräfte laut Studie in Thüringen, Sachsen-Anhalt und im Saarland mit deutlich über zehn Prozent. Weniger ausgeprägt mit Werten deutlich unter zehn Prozent sei der Bedarf in Hamburg, Berlin oder Brandenburg.

Wie hoch der Zuwanderungsbedarf für die Bundesländer ist, hängt auch von der Projektion der benötigten Arbeitskräfte bis 2040 ab. Da sich der Strukturwandel unterschiedlich auswirkt, werden vor allem die Länder mehr internationale Arbeitskräfte brauchen, in denen bis 2040 der strukturbedingte Aufbau von Arbeitskräften größer ist als der Abbau. Das gilt besonders für Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Berlin und Hamburg.

Die Studie wurde nach Angaben der Bertelsmann Stiftung vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und von der Hochschule Coburg erstellt. Grundlage für die Berechnungen ist demnach eine Projektion des Arbeitskräftebedarfs durch das IAB und das Bundesinstitut für Berufsbildung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. November 2024 um 09:22 Uhr.